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Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone

Titel: Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone
Autoren: Mark Brandis
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wiegte mißbilligend den Kopf.
    „Schiffstyp?"
    „SCOUT."
    „Nie gehört. Woher gekommen?"
    „Cosmopol."
    „Wie schreibt sich das?"
    Ich buchstabierte es ihm, und er trug es ein. Danach legte er den Kopf schräg und musterte uns lange und eindringlich, als hätte er noch nie zweibeinige Wesen gesehen. Irgendwann entschloß er sich, den Mund noch einmal aufzumachen.
    „Warten Sie hier. Der Quarantänewagen wird Sie abholen."
    Ruth kam mir mit dem Protest zuvor.
    „Was heißt das: Der Quarantänewagen wird uns abholen?"
    Mit Leuten zu diskutieren, die in ihrem Element sind, ist von vornherein vergebens.
    „Das heißt genau das!" sagte der Stationsmeister nur.
    Doktor Saul, der uns mit dem Quarantänewagen abholte, war eine würdevolle Erscheinung von der Art, wie ich mir die biblischen Patriarchen vorstelle. Und gleich diesen war er von einer sehr direkten, ungekünstelten Herzlichkeit. Alles in allem war er das genaue Gegenteil des mürrischen Dienstautomaten im Kontrollbunker.
    Nach den unvermeidlichen Begrüßungsfragen, die er im Klinikum, wohin er uns gefahren hatte, an uns stellen mußte , wurde das Gespräch privater.
    „Ich fürchte", bemerkte Doktor Saul, „Ihr Eindruck von uns Astriden hat vorhin etlichen Schaden genommen. Aber urteilen Sie, wenn ich Sie bitten darf, nicht zu hart. Der Stationsmeister ist, seitdem dieser Stern erschienen ist, völlig durcheinander. Auf einmal gehen die Uhren wieder, und er fühlt sich unter Zeitdruck gesetzt. Die Zeit, bildet er sich ein, ist sein Feind. Und er flüchtet sich vor ihr in seine Träume."
    Die Zeit! Immer wieder die Zeit. Hatte nicht selbst der Großmeister vor der Zeit gewarnt? Und zugleich hatte er mir seine Uhr als Wegweiser mit auf die ungewisse Reise gegeben. Was überhaupt war das: die Zeit? Wodurch entstand sie? Und was war ihre Aufgabe? Wem und wozu diente sie?
    In meinem Kopf ging es zu wie in einem aufgescheuchten Ameisenhaufen. Ich überließ es Ruth, das Gespräch in Gang zu halten, und trat ans Fenster. Von dort aus überblickte man das Rampengelände mit unserer abgestellten SCOUT. Gleich dahinter lag eine Siedlung. Die Bauweise entsprach derjenigen, die ich von Cosmopol kannte.
    In der großen Leere, die sich über all dem wölbte, glomm ein einsames Licht.
    „Halten Sie Zwiesprache mit dem Stern, Brandis?" Die Stimme des Arztes verriet Verständnis für meine Gemütslage. „Sein Erscheinen hat eine Menge Aufregung verursacht. Die Leute gerieten fast in Panik."
    „Würden Sie mir das erklären, Doc?" Plötzlich gierte ich nach handfesten Informationen, nach verwendbaren Tatsachen.
    „Das werden Sie nur verstehen, junger Freund, wenn Sie die ganze Geschichte von Astropol erfahren haben." Die blaßblauen Augen des Patriarchen mit dem weißen Kittel forschten mich aus. „Wollen Sie sie wirklich hören?"
    „Wir sitzen sowieso fest", sagte ich. „Also dann, Doc, schießen Sie los!"
    Wir erfuhren die Geschichte von Astropol bei einer Flasche Wein, die Doktor Saul plötzlich herbeizauberte - ganz so, als befänden wir uns bei ihm nicht in Quarantäne, sondern wären zu Gast. Bis zu einem gewissen Grad hätte, was wir von ihm zu hören bekamen, ebenso gut die in Vergessenheit geratene Geschichte von Cosmopol sein können. Aber einiges war anders, und das lag an der Unterschiedlichkeit der Experimente.
    „Das Bindeglied zwischen euch Kosmonen und uns Astriden", hob Doktor Saul gemächlich an, „besteht in unserer gemeinsamen Herkunft. Denn bevor wir zu dem wurden, was wir heute sind, waren wir alle gewöhnliche sterbliche Menschen, und unser Heimatplanet war die Erde."
    Der Patriarch erzählte. Ruth hatte den Block auf den Knien und machte sich Notizen. Und ich wagte kaum zu atmen, um mir nur ja kein Wort entgehen zu lassen.
    „Aber dann, als es auf dem Planeten Erde eng geworden war, beschlossen dessen Bewohner die Eroberung des Universums. Doch hierbei waren ihnen natürliche Grenzen gesetzt durch ihre Sterblichkeit. Und so stellten sich ihre Wissenschaftler die ehrgeizige Aufgabe, einen Stamm von Raumfahrern heranzuziehen, der langlebig genug sein sollte für die Bewältigung der astronomischen Entfernungen. Man versuchte es zu gleicher Zeit auf zwei verschiedenen Wegen, wobei jedem dieser Wege eine ganze Philosophie zugrunde lag."
    Die blaßblauen Augen studierten uns.
    „Das eine Modell müßte euch bekannt sein, es ist das eure. Man gab ihm den Namen Cosmopol. Herzstück dieses Modells war eine gentechnische Fabrik, die
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