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Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone

Titel: Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone
Autoren: Mark Brandis
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in meinem Fachgebiet die Erde belegt war mit der Farbe Blau. Der blaue Planet. Keiner konnte mir erklären, warum und wieso."
    Seitdem hielten wir Ausschau nach der Farbe Blau.
    Ein ganzes Spektrum an Farben zog vorüber: Gelb, Rot, Kupfer, Braun in allen Schattierungen, auch Schwarz. Blau war nicht dabei.
    Einmal, bei einer Annäherung, gerieten wir in ernsthafte Schwierigkeiten. Wir hielten auf einen Himmelskörper zu, der sich sowohl durch Größe als auch Leuchtkraft stark von seiner Umgebung abhob. Aus der Aura, die ihn umgab, lösten sich in unregelmäßigen Abständen ganze Flammenbündel und zogen durch den Raum, bis sie erloschen oder außer Sicht gerieten. Ich fühlte mich erinnert an die Geburt jenes Sterns, dem Doktor Saul den Namen Janus gegeben hatte. Als die Leuchtkraft unerträglich wurde, verdunkelten wir die Scheiben - aber das änderte nichts an dem Umstand, daß die Temperatur im Schiff stetig stieg, bis Ruth mich vor die unerbittliche Wahl stellte:
    „Mark, wir sollten uns entscheiden, ob wir im eigenen Saft gesotten werden sollen oder abdrehen."
    „Das ist leichter gesagt als getan", gab ich zurück. „Das Miststück hält uns fest wie der Krake sein Opfer."
    Als es mir dann nach zähem Kampf und unter Aufbietung aller mir zur Verfügung stehenden technischen und navigatorischen Mittel gelang, die SCOUT aus der Gefahrenzone zu ziehen, war ich ungeachtet der rapide gefallenen Temperatur nach wie vor in Schweiß gebadet.
    Danach muß ich wohl ziemlich lange geschlafen haben. In der Zeit-losigkeit hatte es dafür kein Maß gegeben, und an das Leben in der Zeit mußte ich mich erst noch gewöhnen. Ruth weckte mich. Sie rüttelte mich so lange, bis ich die Augen aufschlug.
    „Was zum Teufel ist denn los? Laß mich schlafen!"
    Ruth rüttelte mich weiter.
    „Blau, Mark! Blau!"
    Ich stürzte ins Cockpit. Und dort gingen mir die Augen über. Der Planet, an dem wir um ein Haar vorbeigeflogen wären, lag auf dem schwarzen Samt des Universums als ein funkelnder blauer Edelstein. Ruths Stimme vibrierte vor Aufregung.
    „Erst habe ich gedacht, ich träume. Dann bin ich losgerannt, um dich zu wecken."
    Tränen des Glücks schimmerten in ihren Augen, als sie feststellte:
    „Der blaue Planet, Mark! Mark, wir haben die Erde gefunden."
    Ich schluckte, bevor ich hervorbrachte. „Und eben noch hätte ich wetten mögen, wir finden sie nie."
    Die SCOUT befand sich im Landeanflug. Ich saß hinter dem Pult. Ruth schob mir die Folie mit ihrer Berechnung zu, damit ich die Werte für eine automatische Landung in den Computer eingeben sollte, aber ich hatte für ihre Zahlen weder eine Hand noch einen Blick frei. Der Anblick, der sich uns bot, war überwältigend.
    Von Horizont zu Horizont wölbte sich im kristallkaren Licht einer großen Sonne eine Fläche aus flüssigem Saphir, und während diese näher und näher rückte, begann sich mitten darin ein weißer Schaumkranz zu bilden, der eine grüne Insel mit abwechslungsreicher Bebauung umschloß .
    Etwas Unbegreifliches ging in mir vor. Ich spürte, wie aus irgendwelchen geheimnisvollen Tiefen meines Wesens ein dämmerndes Wiedererkennen stieg. Ein vages Erinnern. Und dieses Erinnern beherrschte meine Handgriffe, als ich die SCOUT ohne alle Computerhilfe, als hätte ich das schon tausendmal geübt, auf ein weißes Landekreuz einschwenken ließ.
    Auf einmal hatte ich das Bedürfnis, mich mitzuteilen. „Seltsam", sagte ich, „mir ist, als ob ich das alles bereits kenne. Sicher bilde ich mir das nur ein, aber trotzdem... Und noch etwas. Aber das behalte ich wohl besser für mich."
    Ruth legte ihre Hand auf meinen Arm.
    „Sag es, Mark. Bitte!"
    „Auch das ist nur ein Gefühl, jenseits aller Vernunft, ähnlich dem anderen. Ruth, mir ist, als hätte es uns hier schon einmal gegeben, als hätten wir hier schon einmal gelebt - zusammen, du und ich."
    Ihre Blicke streichelten mein Gesicht.
    „So wird es gewesen sein, Mark", gab sie zurück, und kein Schatten eines Zweifels war da. „Ich empfinde das Gleiche. Also, setz auf!"
    Auf einmal zögerte ich. Waren wir uns der Tragweite einer Landung bewußt ? Hatten wir uns klar gemacht, was wir damit aufgaben -unwiderruflich? Noch lag es in meiner Hand, die Berührung mit der Zeit abzubrechen und die SCOUT dorthin zurückzuführen, wo die kreisenden Zeiger keine Macht über uns besaßen.
    Auf der Rampe war Bewegung zu erkennen. Der Platz wurde für den Neuankömmling geräumt. Ruth ließ plötzlich das Glas sinken.
    „Wie
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