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Kopfgeldjagd

Kopfgeldjagd

Titel: Kopfgeldjagd
Autoren: Florian Homm
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verspeisen. Sein Gehalt besserte er auf, indem er sich sensible Informationen beschaffte und sie zum Vorteil seines persönlichen Anlageportfolios nutzte. Er arbeitet seit mehreren Jahren für mich, von denen ich die letzten beiden mehr mit ihm in der Luft als mit meinen Kindern am Boden verbracht habe. Wolfis Flugkünste machen Baron von Richthofen alle Ehre. Er hat mich durch isländische Schnee- und afrikanische Sandstürme geflogen. Er ist in Frankreich in Maisfeldern und in Mali auf Kiespisten gelandet. Er ist ein Schürzenjäger und ein dreister, eingebildeter Hurensohn, aber dabei zuverlässig, kompetent und vertrauenswürdig.
    Ich wählte die Nummer von Adam Kravitz in Miami. Adam ist mein Freund und seit mehr als einem Jahrzehnt mein Anwalt. Er ist hochintelligent, liebt es, zu argumentieren, und kennt sich in Geschichte aus. Außerdem ist er fähig und loyal – zwei maßgebliche Eigenschaften, die alle diejenigen besitzen, die eng mit mir zusammenarbeiten. »Adam, ist mein Rücktritt im PR Newswire? Ist die Pressemeldung raus?« Als ich seine Stimme hörte, merkte ich, dass er hellwach war – in Miami war es zu dem Zeitpunkt halb eins in der Nacht. Wie üblich sagte er mir, ich solle mich entspannen. »Florian, warst du je mit meiner Arbeit unzufrieden?« Ich wollte ihm nicht die Genugtuung meiner Zufriedenheit verschaffen und beließ es bei einem »Danke«. Dann bat ich Wolfi, loszufliegen.
    Die Pressemitteilung, die Adam verfasst hatte, gab meinen Rücktritt als Chief Investment Officer und größter Anteilseigner meines Hedgefonds Absolute Capital Management Holding Plc. aufgrund unüberbrückbarer Differenzen mit der Unternehmensführung bekannt. Die an der Londoner Börse notierte Gesellschaft mit rund einem Dutzend Niederlassungen auf vier Kontinenten verwaltete mehr als drei Milliarden Dollar an Kundengeldern schwerreicher Privatpersonen, Family Offices und Institutionen.
    Die Nachricht meines plötzlichen Abgangs war an diesem Tag die meistgelesene Wirtschaftsnachricht von Bloomberg weltweit. Sie schlug bei ACMH wie eine Bombe ein. Am selben Tag brach der Aktienkurs um 88 Prozent ein. Ich hatte mein Mobiltelefon an diesem frühen Morgen in das Hafenbecken von Palma geworfen und mich von diesem mediterranen Paradies verabschiedet. Von nun an würde mich mit Ausnahme von Giorgio niemand mehr auffinden. Selbst Adam wusste nie, wo ich mich gerade aufhielt. Ich zog mich ganz ins Privatleben zurück – weit weg von der ganzen unerträglichen Meute. Mein Endziel war Cartagena de Indias in Kolumbien, wo mein verdienter zweiter Ruhestand beginnen würde.
    *
    Das Manager Magazin hatte mich kurz zuvor in die Rangliste der 300 reichsten Menschen Deutschlands aufgenommen und mein Nettovermögen auf rund eine halbe Milliarde Dollar beziffert. Damit lag es gar nicht so falsch. Ich besaß Schlösser, Paläste, Landgüter, Luxusapartments und reiste mit Privatjets, einer Jacht mit vier Schlafzimmern, einem Schnellboot, einem Rolls-Royce-Cabriolet und einem individuell ausgestatteten, aufgemotzten Mercedes-Cabriolet der S-Klasse. Ich besaß eine herausragende Gemäldesammlung alter Meister; mein Bargeld- und Wertpapiervermögen betrug mehrere Hundert Millionen Dollar. Ich war sogar Besitzer eines rund 900 Quadratmeter großen Nachtklubs auf Palmas Meerpromenade – des Paseo Marítimo . Ich war ein Babymagnat.
    Seit dem Jahr 2004 war ich zudem ein akkreditierter Diplomat Liberias bei der UNESCO in Paris. Ich hatte Kontakt mit Politikern wie Schimon Peres und Guido Westerwelle, mit internationalen Magnaten wie Se ñ or Rico und mit Stars und Prominenten wie Michael Douglas und Boris Becker. Außerdem war ich Deutschlands bekanntester Finanzinvestor und erschien zur besten Sendezeit im Fernsehen und in großen Zeitungen und Zeitschriften.
    Ich galt aufgrund meiner Erfolgsbilanz als unorthodoxer Einzelgänger und wurde wegen meiner aggressiven Leerverkäufe als »Der Plattmacher« bezeichnet. Ein deutscher Industrieller, dessen Unternehmen ich attackierte, nannte mich den »Antichristen der Finanzen« und der Chairman eines großen Nahrungsmittelkonzerns bezeichnete mich als »Nazi aus dem Norden, der für die Juden in New York arbeitet«. Umgekehrt bezeichnete mich ein englischer Journalist als Robin Hood, nachdem ich zwei Millionen Euro gestiftet hatte, um wichtige Mitarbeiter von ACMH zu halten. Einige Monate zuvor hatte ich schlappe 33 Millionen Euro an Wertpapieren in die Fonds gesteckt, um während einer
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