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Kopfgeldjagd

Kopfgeldjagd

Titel: Kopfgeldjagd
Autoren: Florian Homm
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unterstützt von Beweisen ans Licht der Öffentlichkeit kommen, könnten Köpfe rollen. Daher kann es durchaus sein, dass mich einige Leute liebend gern von der Bildfläche verschwinden sehen würden – im übertragenen oder im buchstäblichen Sinne. Es ist absolut möglich, dass es bei dieser Jagd nicht nur um Geld geht, sondern auch darum, mich aus dem Weg zu schaffen. Die Liste meiner Feinde ist lang. Ich kann mich natürlich täuschen, aber es gibt einige Menschen, die mich gerne als alleinigen Bösewicht verteufeln würden, während sie gleichzeitig dafür sorgen, dass ich so lange von der Bildfläche verschwinde, bis alle relevanten Verjährungsfristen abgelaufen sind oder ich sicher unter der Erde bin. Würde ich meinen Feinden das Leben zur Hölle machen? Gewiss, und das habe ich auch schon mehrmals getan. Heute würde ich das Ganze eher abschütteln, hinter mir lassen und mich auf positive Ziele konzentrieren, aber ich kann diese Menschenjäger, ihre Kunden, ihre dreisten Lügen und ihre erheblichen Ressourcen nicht ignorieren.
    Dieses Thema macht mich aus zwei Gründen traurig, und nicht, weil mein Leben völlig verrückt und unberechenbar geworden ist. Erstens könnte diese Summe das Leben einer Million Menschen, die an heilbaren Krankheiten leiden, dramatisch verbessern. Warum das Geld verschwenden, indem man einen Mann jagt, der keines hat? Der andere Grund ist, dass ich einer von ihnen war. Ich war fast genauso gnadenlos wie die, die jetzt hinter mir her sind. Ich habe zwar nie einen Mord in Auftrag gegeben, aber ich war dreimal kurz davor – zweimal, als mein Leben und das Wohlergeben meiner Familie bedroht waren. Glücklicherweise habe ich diesen Schritt nie getan. Ich bin kein Sensenmann und auch nicht der Herr, der das letzte Urteil spricht.
    Ich habe viele Dinge für Geld getan, die ich heute entweder höchst verwerflich oder amüsant finde. Ich habe in meinem Leben genug Schmerz, direkten Schaden und Kollateralschäden verursacht. Es ist höchste Zeit, dass ich mich fruchtbareren Dingen widme. Bis vor Kurzem konnte ich meinen Feinden nicht vergeben. Glücklicherweise habe ich Fortschritte gemacht. In den letzten Monaten habe ich gelernt, dass es eine erstaunliche spirituelle Befriedigung bietet, den eigenen Feinden zu verzeihen und für sie zu beten. Ich habe jedoch so viele Feinde, dass ich kaum weiß, wo ich anfangen soll. Die Schönheit des Verzeihens besteht darin, dass man sich selbst von nutzloser emotionaler Last befreit. Und gleichzeitig sendet man damit eine Botschaft des Mitgefühls, des Friedens und der Liebe aus. Warum sollte man seinen Feinden also nicht verzeihen? Ich habe Menschen aufgesucht, die ich verletzt habe, und sie um Vergebung gebeten. Ich muss auch selber meinem alten Ich vergeben. Den alten Florian mag ich nicht. Wenn ich ihn heute treffen würde, würde ich ihn eine verlorene, fehlgeleitete Seele nennen. Und ich erkenne, dass ich nur ein Mensch bin. Und es liegt in der Natur des Menschen, Fehler zu machen. Ich habe mehr Fehler gemacht als die meisten.
    Seit ich in Harvard mein Studium begann, hatte ich mich drei Jahrzehnte lang immer weiter von den wirklich wichtigen Dingen im Leben entfernt und mich auf weltliche Dinge wie Macht und Reichtum konzentriert. Meine vergebliche Suche nach dauerhafter innerer Ruhe in der materiellen Welt ließ mich eine Beziehung mit einer ehemaligen Stripperin eingehen, hat mich in die Unterwelt, zu fragwürdigen Finanzpraktiken und zwielichtigen Geschäftspartnern und zur Vernachlässigung meiner Kinder geführt und ein tiefes Gefühl der inneren Leere ausgelöst. Mit dem Ergebnis, dass ich immer seelenloser wurde und meine Verwirrung und die idiotische Faszination von materiellen Besitzständen immer weiter zunahmen.
    Heute lache ich herzlich, wenn ich riesige Jachten, 2.000-Quadratmeter-Villen, Privatjets und ihre wichtigtuerischen Besitzer sehe. Neulich habe ich mich mithilfe eines geradezu legendären Tricks in ein Superluxus-Resort gemogelt und die üppigen, verschwenderischen Einrichtungen kostenlos genutzt. Ich brauche diese Ausstaffierung nicht mehr, schätze sie aber noch gelegentlich. Ohne sie bin ich jedoch vollkommen zufrieden. Das heißt nicht, dass ich »die guten Dinge« des Lebens nicht genieße, aber ich habe die Welt des nicht zu übersehenden Materialismus und Konsumismus hinter mir gelassen. Ich bin endlich kein Sklave des Mammon mehr. Geld ist mir immer noch wichtig. Wenn es einem nicht wichtig ist, wird man es nie
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