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Kommt ein Löwe geflogen

Kommt ein Löwe geflogen

Titel: Kommt ein Löwe geflogen
Autoren: Max Kruse
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— von allen, die kein Auge von dem Krokodil ließen, unbemerkt — den Brief zusammengefaltet, in seine Jackentasche gesteckt und dafür ein leeres weißes Blatt Papier in den Umschlag gemogelt. Diesen gab er Totokatapi zurück.

    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte er. »Ein Kaufhaus ist viel wert. Sozusagen ein Vermögen. In einem Kaufhaus ist man sein eigener Herr — ein König zwischen allen Herrlichkeiten der Erde. Und was nun den gegenwärtigen Fall angeht, so kann der Herr Minister ja das Kaufhaus ruhig erst einmal erben, es sozusagen in Empfang nehmen und sich dann überlegen, was er damit machen will. Er kann es behalten, wenn er es gesehen hat und es ihm gefällt. Er kann es an jemand anderen für viel Geld verkaufen, er kann einen Direktor anstellen und trotzdem hier Minister bleiben. Er kann es schließlich noch an irgend jemanden, den er gerne hat, verschenken. Oder an den Tierschutzverein. All das und noch viel mehr kann er damit machen. Er muß es nur erst einmal haben.«
    »Wir danken Ihnen!« sagte der Sultan, und weil er keine Lust mehr hatte, mit Mister Knister und seinem Krokodil zu sprechen, drehte er ihnen den Rücken zu und fragte Dok: »Was habt ihr nun vor? Bleibt ihr bei mir, oder fliegt ihr gleich wieder nach Irgendwo zurück?«
    »Wir bleiben ein paar Tage hier, wenn es Ihnen genehm ist, und dann fliegen wir zu Onkel Guckaus auf die Leuchtturminsel und erst dann nach Hause.«
    »Wunderbar!« sagte der Sultan und klatschte in die Hände — was soviel heißen sollte wie: Die Audienz ist nun aber wirklich beendet.
    Mister Knister verbeugte sich wieder und kickte sein Krokodil unter den Bauch. Das kugelte mit den Augen — so daß man fast befürchten mußte, sie würden ihm davonrollen — und knurrte unwillig hinten in der Kehle.
    Dann verließen beide den Saal, und die Flügeltüren schlossen sich hinter ihnen.
    »Mir haben dieser Mister Knister und sein Krokodil gar nicht gefallen«, meinte Totokatapi. »Aber was er gesagt hat, war nicht dumm.«
    Da rief der Sultan vergnügt: »Ich habe eine Idee! Wir sehen uns das Kaufhaus einmal an. Wenn Dok, Kim und Pips und Wu und Schipp jetzt erst zu Onkel Guckaus auf die Leuchtturminsel fliegen wollen, dann ordnen wir inzwischen alle Angelegenheiten in Sultanien und nehmen danach Urlaub. Ich habe schon lange Lust, einmal meinen fliegenden Teppich auszuprobieren. In einer Woche fliege ich auf ihm nach Irgendwo. Und das Kamel, Totokatapi und Löwe fliegen mit mir. In der kleinen Stadt Irgendwo treffen wir uns alle wieder...«
    »Ihr könnt bei mir wohnen!« sagte Dok.
    »Hurra!« rief Pips. »Aber kommt nicht zu schnell, damit wir recht lange bei Onkel Guckaus bleiben können.«

Ein finsterer Plan

    Mister Knister ging mit seinem Krokodil durch die engen Straßen der Stadt langsam auf das Grand-Hotel Sultanien zu. Dort wohnte er.

    Als er in der Halle des Hotels anlangte, überquerte er mit dem Krokodil den weichen Orientteppich mit den braunroten Blumenmustern und blieb an der Ecke der Treppe stehen, dort, wo sich auch der Lift befand, und kickte das Krokodil mit seiner Schuhspitze.
    »Na«, sagte er, »willst du nun lieber die Treppe raufkriechen oder dich im Aufzug zusammenrollen?«
    Das Krokodil schaute mit seinen Glubschaugen seufzend auf die Treppenstufen und knarrte aus seinem Maulkorb hervor: »Ich habe es gründlich satt, daß du mich immer kickst. Eines nicht allzu fernen Tages werde ich mich darauf besinnen, daß ich ein Krokodil bin und kein Waschlappen.«
    Mister Knister lachte.
    Der Hotelboy Sahib öffnete die Fahrstuhltür, und das Krokodil stieg ein, und da es länger war als der Fahrstuhl breit, mußte es sich in einem Bogen an drei Wänden entlang kauern. Es lag nun so wie ein U von oben betrachtet: Seine Schnauze schaute genau wie seine Schwanzspitze dorthin, wo die Tür war. Und in den verbleibenden Innenraum stellten sich Mister Knister und Sahib, während der Fahrstuhl rüttelnd emporstieg.
    Oben angekommen, riß Sahib die alten quietschenden Gittertüren auf. Mister Knister stieg aus — das Krokodil rührte sich nicht.
    »Na, was ist, willst du im Fahrstuhl übernachten?« fragte Mister Knister.
    »Ich überlege nur, ob ich zuerst mit dem Kopf oder zuerst mit der Schwanzspitze aussteige. Beide sind gleich weit von der Tür entfernt. Aber ich werde wohl doch lieber mit meinem Kopf zuerst aussteigen, ich bin es gewohnter.«
    Es stieg umständlich aus. Seine kleinen Füße patschten auf den Marmorplatten des Flures hinter
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