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Komm wieder zurück: Roman

Komm wieder zurück: Roman

Titel: Komm wieder zurück: Roman
Autoren: Deborah Reed
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Du hast also davon gehört?«
    »Nein. Das war nur geraten.«
    »Jedenfalls stand es diese Woche in allen Zeitungen und war auch in den Nachrichten. Das Gesicht des Mannes war übel zugerichtet.« Mit finsterem Blick wedelt sie mit der Hand vor ihrem Gesicht herum. »Die mussten Zahnarztunterlagen suchen, um festzustellen, wer das überhaupt war. Wie im Kino. Liest du immer noch keine Zeitung?«
    Annie zieht eine Braue hoch. Man hat ihr erzählt, dass ihr Vater auch so ein Gesicht machte, und sie bedauert, sich nicht daran zu erinnern.
    »Was ist mit dem Internet?«
    »Hab ich nicht.«
    »Warum hast du den Computer nicht ersetzt, mit dem er abgehauen ist?«
    »Er ist mit einer Frau abgehauen.«
    Die Mutter lächelt nicht einmal.
    »Das war
sein
Computer«, sagt Annie.
    Ihre Mutter schnauft. »Du brauchst Kontakt zur Außenwelt.«
    Annies Gesicht verkrampft sich. Sie denkt an all die Jahre, die ihre Mutter mit zugezogenen Vorhängen im Wohnzimmer verbracht hat mit der alten auf Wiederholung eingestellten Marvin-Gaye-Platte ihres Vaters und als einzigem Ruhepol das Knistern, bevor es von Neuem losging. Dabei blätterte sie lustlos in alten Heften von
Life
und
Good Housekeeping
, backte imaginäre Kuchen, schmückte imaginäre Fenster, feierte imaginäre Feste, in die garantiert ihr längst verstorbener Ehemann einbezogen war.
    »Ich habe eine Zeitung im Wagen«, sagt ihre Mutter.
    »Prima.« Annie stellt sich den zerschmetterten Schädel des Mannes auf der Titelseite vor. Welliges kastanienbraunes Haar, das an den Seiten eines blutigen Gesichts klebt. Ein braunes Auge wie von einem toten Reh. Doch es ist nicht das Gesicht eines Dänen, das sie sich sich vorstellt. Es ist Owens.
    Stöhnend reibt sie sich die Augen. Ihr ganzer Körper fühlt sich schwer, erschöpft an, unfähig, noch einen Moment länger zu sitzen.
    »Die Todesstrafe ist schon im Gespräch«, sagt ihre Mutter.
    Eine Welle von Übelkeit spült über Annie hinweg. Ihre Zahnschmerzen. »Okay. Das ist jetzt alles, was ich zu wissen ertragen kann.«
    »Um dich geht es gar nicht.«
    »Ich muss ins Haus. Es tut mir leid.« Ganz benommen steht sie auf und denkt an eine Pampelmuse auf der Arbeitsplatte.
    »Annie. Du könntest es dir leisten, einen guten Anwalt für ihn zu engagieren. Jetzt hat er eine Pflichtverteidigerin, und sie wollen ihn nicht mal gegen Kaution auf freien Fuß setzen. Der Richter glaubt, es besteht Fluchtgefahr, weil seine Freundin Dänin ist.«
    »Mal sehen, was ich tun kann«, sagt Annie, doch sie weiß nicht, was das heißt oder ob sie nur versucht, ihre Mutter zum Aufbruch zu bewegen. Sie will, dass sie geht.
    Annie geht zur Tür. Sie lässt ihre Hand auf dem Riegel ruhen und dreht sich um. »Ich weiß wirklich nicht, wie ich das sagen soll, aber … Ist es dir überhaupt schon mal in den Sinn gekommen, dass er vielleicht, nur vielleicht, der wahrscheinlichste Verdächtige ist?«
    Ihre Mutter steht auf. Sie ist größer als Annie, selbst ohne die Absätze. »Du kennst ihn schon dein ganzes Leben lang. Zu so was ist er doch gar nicht fähig.«
    »Es hätte ein Unfall sein können. Vielleicht hat er getrunken. Vielleicht hatten sie Streit.«
    »Sie brauchten Zahnarztunterlagen, um festzustellen, wer der Mann war.«
    Annie zittert vor Kälte. »Ich muss reingehen.«
    »Hat das immer noch damit zu tun, dass Calder dir nichts von Owens Affäre erzählt hat?«
    »Was?«
    »Du wirfst ihm das immer noch vor.«
    »Das ist lächerlich.«
    »Calder sitzt im
Gefängnis
, unter
Mordverdacht
, Annie. Und als ob das noch nicht alles wäre, weißt du, was er gesagt hat? ›Sag Annie, dass ich sie sehen muss. Ich will ihr sagen, dass ich Owen gefunden habe.‹«
    Annie lässt die Hand vom Riegel fallen.
    Ihre Mutter starrt auf eine Art, die keinen Zweifel daran lässt, dass sie etwas Bestimmtes denkt, während sie sich zwingt, etwas anderes zu sagen. »Er wohnt in Destin.«
    Destin. Was gibts denn in Destin?
Destin
wäre ihr nie in den Sinn gekommen. Wie viele Kilometer weiter nördlich ist das? Sechshundert? Achthundert?
    »Es gibt noch mehr.«
    »Was?«
    »Calder will es dir selbst sagen.«
    »
Was denn
?« Annie kann nicht verhindern, dass dies sehr dringend klingt.
    Die Mutter zögert. »Calder hat gesagt, er hat die Nummer von irgendeiner Kusine bekommen und hat dann Owens Tanteerreicht. Die hat gesagt, sie hätte von ihrer Nichte erfahren, dass er dort wohnt.«
    »Und?«
    Plötzlich weiß sie, was kommt. Weiß es, als ob es schon gesagt worden
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