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Koks und Karneval

Koks und Karneval

Titel: Koks und Karneval
Autoren: Thomas Ziegler
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hin und her wippte, aber ein Schelm, der darin eine Karnevalsmaske sah, und Petrus war kein Schelm.
    Er ließ das leere Kölschglas fallen.
    Bernie Barnovic!
    »Weg da!« brüllte er. »Aus dem Weg! Macht Platz!«
    Er stieß einen Clown zur Seite, brach durch eine Gruppe schunkelnder Pappnasen, rannte einen Scheich über den Haufen und war mit einem Sprung auf der Straße, gerade als Bernie um die Ecke kam.
    »Hab’ ich dich, du Laus!« knirschte Petrus.
    Er packte ihn am Hals und drückte zu. Bernie gurgelte und verlor vor Schreck fast die Antennenkappe. Petrus lachte triumphierend, würgte gnadenlos weiter und schüttelte sein Opfer dabei wie eine Puppe hin und her.
    »Jetzt ist Zahltag, Barnovic! Entweder rückst du die Kohle raus, oder ich schieb’ dir deine verdammte Antenne in deinen verdammten Arsch! Hast du mich verstanden? Ob du mich verstanden hast, habe ich dich gefragt!«
    Bernie Barnovic röchelte nur und lief blau an. Er strampelte verzweifelt, doch Petrus hielt ihn unerbittlich im Würgegriff.
    »Öm Joddes welle!« mischte sich ein kölscher Jeck mit bimmelnder Schellenkappe ein. Beschwichtigend legte er Petrus eine Hand auf die Schulter. »Wat maachst do denn met …«
    Petrus schmetterte ihm die Faust ins Gesicht. Der Jeck stolperte bimmelnd rückwärts, prallte mit dem Hinterkopf gegen die Kneipentür und gab nach einem letzten Bimmeln Ruhe. Bernie nutzte die Gelegenheit und stieß Petrus das Knie zwischen die Beine.
    Der Schmerz brachte Petrus von allen Mordplänen ab. Er ließ Bernie los und krümmte sich stöhnend zusammen. Bernie schoß an ihm vorbei und den Ubierring hinunter Richtung Chlodwigplatz. Seine Mantelschöße flatterten; es war, als zöge er einen grünen Kondensstreifen hinter sich her. Petrus hatte noch nie einen Menschen so schnell rennen sehen.
    »Barnovic!« heulte er. »Bleib stehen, du Mistkerl! Bleib stehen, oder ich bringe dich um!«
    Aber Bernie blieb nicht stehen. Er wurde sogar noch schneller. Seine Füße schienen kaum mehr den Boden zu berühren. Er flog förmlich am Café Litz vorbei, als hätten sich seine Mantelschöße in Flügel verwandelt. Petrus biß die Zähne zusammen, ignorierte den Schmerz zwischen seinen Beinen und nahm die Verfolgung auf.
    »… ja, ja, ein Pferd auf’m Flur …«
    Zu spät bemerkte er die singende Pappnase, die auf allen vieren aus dem Rinnstein gekrochen kam. Der Aufprall riß ihn von den Beinen. Petrus überschlug sich, hilflos mit den Armen rudernd, einen erstickten Schrei auf den Lippen, und knallte mit dem Kopf auf das harte Pflaster.
    Sekundenlang war er bewußtlos.
    Als er wieder zu sich kam, fehlte sowohl von Bernie Barnovic als auch der mörderischen Pappnase jede Spur.
    »Au jau«, sagte eine vertraute Stimme hinter ihm. »Wenn das nicht mein alter Freund und Kinderschreck Petrus ist! Na, einen kleinen Flug mit der Titanic Airlines gemacht?«
    Petrus stöhnte.
    Die Dunkelheit vor seinen Augen lichtete sich. Er sah zwei hochhackige Lackschuhe, feste, wohlgeformte Beine in feinen Netzstrümpfen, die in einen schwarzen Bodystocking übergingen, sanft gerundete Hüften, verführerisch volle, nur von zarter Spitze verhüllte Brüste und ein grell geschminktes Gesicht mit einer schätzungsweise zwanzig Zentimeter langen Pappnase.
    »Diese Nase kenne ich doch!« krächzte er. »Nina Infernale! Wieder einmal aus der Klapsmühle entwischt?«
    Ächzend richtete er sich auf und bemerkte erst jetzt das schwangere Gespenst an Ninas Seite. Welche Irre das auch immer sein mochte, die sich ein Laken über den Kopf gezogen, Löcher für die Augen hineingeschnitten, ein breites Grinsen aufgemalt und sich den Bauch mit einem Kissen oder sonstwas gepolstert hatte – sie hatte verteufelt hübsche Beine.
    »Interesse an einem superguten Geschäft?« fragte Nina.
    »Wieso?« knurrte Petrus und wischte ohne jeden Erfolg über die häßlichen Schmutzflecken an seinem schicken weißen Anzug. »Habt ihr einen Kaugummiautomaten überfallen und wollt nun die heiße Ware loswerden?«
    »Scheiße«, sagte das grinsende Gespenst, »der Penner will uns verarschen. Hauen wir ab, Nina. Unser Koks können wir überall verkaufen.«
    »Koks?« wiederholte Petrus gierig. »Hat dieses Gespenst eben was von Koks gesagt?«
    »Meine Kusine Susi vom Land.« Nina wackelte bestätigend mit der monströsen Pappnase. »Sie hat tatsächlich was von Koks gesagt. Superstoff. Beste Qualität. Frisch importiert. Sofort lieferbar. Zum Discountpreis. Hundert Gramm, ein Pfund,
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