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Kokoschanskys Freitag

Kokoschanskys Freitag

Titel: Kokoschanskys Freitag
Autoren: Günther Zäuner
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Hausdurchsuchungen in seiner Privatwohnung, in der Wohnung seiner Eltern und bei seinem Bruder Fikret ergaben. Doch die Suppe ist zu wässri g und zu dünn, es liegen keinerlei stichhaltige Beweise vor. Wie nicht anders zu erwarten, verbrennt sich kein Staatsanwalt die Finger und unterschreibt einen Haftbefehl.
    Plötzlich lichteten sich die Nebel und oft ist es ein Fehler zu kompliziert zu denken. Das Einfache liegt zum Greifen nahe, wird aber übersehen, weil das eigene Gehirn manchmal viel zu umständlich reagiert, das Wesentliche nicht bemerkt. Oft hilft dann nur Kommissar Zufall aus der Patsche.
    Nachdem sein unmittelbarer Feind Alfred Greter aus dem Verkehr gezogen worden ist, kann Kokoschansky wieder ungehindert auf eigene Faust re cherchieren. Er ist überzeugt, dass es eine Verbindung zwischen Erden berger und Erkan Kaytan gegeben haben muss. Davon unterrichtet Kokoschansky auch Schuberth und schafft es, ihn von seiner These zu überzeugen, dass Erkan einem Ehrenmord zum Opfer fiel.
    In der Familie Kaytan gibt es auch eine Tochter namens Günay, dreiund­zwanzig Jahre alt, bereits in Wien geboren, absolut westlich orientiert, sie will mit dem Islam nichts zu tun haben. Sehr zum Missfallen ihres Vaters und ihrer Brüder. Obwohl die Tochter bei den Eltern ausgezogen ist, in Wien eine eigene Wohnung besitzt und als Kosmetikerin arbeitet, wird sie ständig kontrolliert, vor allem von Fikret und als Erkan noch lebte auch von ihm .
    Aufgrund der massiven Berichterstattung, die auch Kokoschanskys Ge sicht zumindest für eine Weile weltweit populär macht, ist es für den Journalisten vorübergehend sehr schwierig, sich undercover zu bewegen. Trotzdem ist es ihm gelungen mit Günay in Kontakt zu treten und sie heimlich in einem abgeschiedenen Café zu treffen.
    Die junge Frau wirkt eingeschüchtert und verängstigt. Kein Wunder, wenn in regelmäßigen Abständen ihr Handy klingelt und entweder ihr Vater oder Fikret wissen will, was sie gerade macht, ob sie mit einem Mann zusammen ist und so weiter.
    „Verstehen Sie jetzt, Herr Kokoschansky, weshalb ich ständig unter Strom stehe? Ich habe keine ruhige Minute.“ Die hübsche Türkin ist sehr modisch gekleidet, verweigert das Kopftuch und trägt ihr rabenschwarzes, schulter­langes Haar offen. „Ich habe lange gezögert, ob ich mich überhaupt mit Ihnen treffen soll. Ich weiß, dass Sie auch bei meinen Eltern waren und Sie h aben selbst gesehen, was los ist. Mit meinem Vater ist nicht zu reden und meine Mutter hat zu kuschen, obwohl ich weiß, dass sie auf meiner Seite s teht, aber niemals die Chance bekommen wird auszubrechen. Fikret ist ein verblendeter Idiot, so wie es auch Erkan war.“
    In der Tat, Kokoschansky versuchte mit den Eltern ins Gespräch zu kom men, doch sobald die Rede auf Erkan kam, wurde er sofort hinauskompliment iert, nahezu hinausgeworfen. Fikret hatte sogar dem Journalisten unterschwellig gedroht.
    „Was meinen Sie konkret mit verblendet, Frau Kaytan?“
    „Wissen Sie, gegen den Islam habe ich grundsätzlich nichts, ebenso wenig wie ich gegen das Christen- und Judentum, Hinduismus und andere Religionen etwas habe. Ich verwehre mich nur gegen jegliche Verpolitisierung der Religionen. Islam und Islamismus haben überhaupt nichts miteinander zu tun. Mit meinen Brüdern oder dem Vater darüber zu diskutieren, war immer sinnlos. Eine Frau gehört hinter den Herd, muss ständig bereit sein, ihre Beine breit zu machen, die Kinder hüten und großziehen. Ansonsten bleibt sie ein rechtloses Wesen. Punkt, aus, Ende. Nach Erkans tragischem Tod wurde natürlich sofort unsere Familie von der Polizei einvernommen. Mein Vater und Fikret stellten sich dumm, meine Mutter weiß sowieso nicht, was tatsächlich abläuft.“
    „Und was ist das?“
    „Herr Kokoschansky, können Sie mir und für meine Mutter garantieren, dass wir vor unserer Familie sicher sind, an einem geschützten Ort mit neuer Identität irgendwo in Frieden weiterleben können?“
    „Das kann ich“, versichert Kokoschansky, weil er sich auf Schuberth verlassen kann, der alles in die Wege leiten wird, damit diese Frauen ins Zeugenschutzprogramm kommen, sofern ihre Aussagen tatsächlich verwertbar sind und zum Erfolg führen.
    „Sie werden sich schon gewundert haben, weshalb ich nicht in Wein­ krämpfe verfalle, hysterisch plärre, weil mein Bruder tot ist. Es ist hart, aber ich stehe dazu. Dadurch habe ich einen Peiniger weniger. Ich habe es satt, ständig kontrolliert und überwacht zu
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