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Kokoschanskys Freitag

Kokoschanskys Freitag

Titel: Kokoschanskys Freitag
Autoren: Günther Zäuner
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egal, ob Frauen, Kinder, Jugendliche, Männer, Alte. Von den Galerien der Staatsoper und des Burgtheaters wollte man Sprengsätze ins Publikum werfen. Alle Angriffe kannten nur ein einziges Ziel, das Land zu destabilisieren, die Bevöl­ kerung zu demoralisieren, gleichsam die Regierung sturmreif bis zur end ­gültigen Übernahme durch Eigruber zu schießen. Unterstützung hätte er durch verschiedene neonazistische Gruppen in Ungarn, Kroatien, Serbien, Griechenland und aus dem deutschen rechten Untergrund, vorwiegend aus dem Großraum Dresden, Chemnitz, Leipzig und Zwickau bekommen, wie aus Auswertungen der PCs und Laptops, die auf dem Anwesen sichergestellt werden konnten, hervorgegangen ist.
    Trotzdem konnten nie sämtliche Geheimnisse um Eigruber restlos ge klärt werden. Zu seinem Namensvetter August Eigruber, dem ehemaligen, hingerichteten Gauleiter des Dritten Reiches, gab es keinerlei verwandtschaft­ lichen Bande, es war wirklich nur eine Namensgleichheit.
    Xaver Eigruber, ein gebürtiger Deutscher, wurde in einem kleinen Nest in der Eifel als Einzelkind wohlhabender Eltern geboren. Sein Vater besaß dort eine große Landwirtschaft, galt als reichster Bauer in der Gegend, doch wa r der Reichtum nicht selbst erarbeitet sondern durch den Großvater begründet worden. Obwohl im Zweiten Weltkrieg besetzt und enteignet, bekam die Familie nach und nach ihre Besitztümer zurück, da die Familien­mitglieder nie offiziell als Nazis in Erscheinung getreten waren und sich nichts zuschulden kommen ließen. Vielmehr hofierten sie heimlich der Nazi­ide ologie und Hitler, was sie noch viel gefährlicher machte.
    Eigrubers Vater konnte Deutschlands Niederlage nie verwinden, der Sohn geriet nach ihm. Als einziges Kind erbte er im Laufe der Zeit sämtliche Besitzungen in Deutschland, verkaufte sie und konnte sich so beträchtlichen Reichtum sichern. Er wusste, dass er mit seiner politischen Einstellung in Deutschland kaum Chancen hatte. Daher brach er alle Zelte ab, kam vor einigen Jahren nach Österreich, suchte lange nach einem geeigneten Ort für seine finsteren Pläne, wurde schließlich in Suttenbrunn fündig und siedelte sich dort an, indem er dieses alte Gehöft kaufte und revitalisierte. Von seinem ersten Tag an umgab er sich in diesem Ort mit dem Nimbus des Geheimnisvollen, Unnahbaren, legte großen Wert auf Abschottung. Durch geh eime finanzielle Zuwendungen an den örtlichen Gemeinderat und an den Bürgermeister sowie über dunkle Kanäle geflossene beträchtliche Spenden an die regierende Landespartei, erkaufte sich Eigruber seine persönliche Narrenfreiheit. Obwohl einige wussten, dass auf seinem Gutshof nicht alles mit rechten Dingen zugeht, waren sie auf beiden Augen blind, unterstützten ihn sogar indirekt bei seinem großen Vorhaben. Angst und Druck waren die besten Mittel, jemanden zur Räson zu bringen, der seinen Unmut über dies en geheimnisvollen Mann lauter kundtat, weil beispielsweise Baugeneh mi­gungen, auf die andere Wochen und Monate warten mussten, für ihn mit einem Anruf erledigt waren. Viele in der Umgebung erfuhren erst jetzt seinen richtigen Namen durch die Medien, hörten erstmalig von seiner Or ganisation Eins-acht-neunzehn-acht. Vieles wird nie geklärt werden können, einen Großteil seiner Geheimnisse nahm er mit ins Grab.
    Sein engster Vasallenkreis blieb stumm wie Angehörige der Camorra . Man ließ sich lieber zu hohen Haftstrafen verurteilen, bevor man redete. Es waren die Männer, die mit Eigruber in der Stube versammelt waren, als die Gruppe aufflog. Selbst Ritzler gab nur das zu, was man ihm beweisen konnte.
    Der Führer selbst war niemals verheiratet, hatte keine Nachkommen und keiner konnte sagen, ob er jemals mit einer Frau zusammen war. Vielleicht war das inszenierte Würfelspiel nur dazu bestimmt, vor seinen Leuten seine Männlichkeit unter Beweis zu stellen. Die Gerüchte wollen bis heute nich t verstummen, dass Xaver Eigruber nur Handlanger war und selbst von mächt igen Rechten aus dem Ausland gesteuert wurde.
    Trotzdem gelang es den Ermittlern Teilerfolge zu verbuchen, nachdem die Geldflüsse durch Kontenrecherchen bei verschiedenen Banken zu einem großen Teil rekonstruiert werden konnten. Ein Großteil von Eigrubers Ver mögen war in Liechtensteiner und Schweizer Banken gebunkert, auch über verschiedene Offshore-Banken in der Karibik waren beträchtliche Summe n geflossen. Eigruber konnte dieses Konstrukt jahrelang unbehelligt aufrecht­erhalten, da er nie mit den
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