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Kokoschanskys Freitag

Kokoschanskys Freitag

Titel: Kokoschanskys Freitag
Autoren: Günther Zäuner
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Wohnortes, denen er blind vertrauen konnte. Keine Polizisten, dafür durchtrainierte Hobbysportler, ein paar Sportschützen und zwei Jäger aus der Umgebung, die ebenfalls zu seinem Freundeskreis zählen.
    Instinktiv ahnte er, dass auch Kokoschansky die Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen und etwas unternehmen wird. Das Zusammentreffen beider Gruppen, Kokoschansky mit seinen Schwarzen und Lanskys Leute , auf dem Gutshof war durch den Zeitdruck beinahe vorprogrammiert. Lanskys ursprünglicher Plan war, diesen geheimnisvollen Führer zu stellen und danach auszuliefern. Wenn er jetzt darüber nachdenkt, dankt er heute dem Herrgott, dass es so gekommen ist, wie es letztendlich abgelaufen war. Mit seinen Leuten wäre es ihm sicher gelungen, Xaver Eigruber und seine Vasallen zu Fall zu bringen. Doch Lansky wusste nichts von den beiden gefangenen Frauen und dem Kind. Er hatte keine Ahnung, ob er mit seinen Männern wirklich alle Burschen ausschalten konnte, die sich Eigruber als Leibwäch ter hielt. Wie er erst später erfuhr, hatten seine Leute Franziskas Bewacher nicht entdeckt, und das hätte fatale Folgen für alle nach sich ziehen können . Darum versteht Lansky auch seine Frau, die ihn sofort von ihrem Kurort aus anrief, nachdem sie die ersten Berichte im Fernsehen sah, und fragte, ob er noch ganz dicht sei. Er müsse sich auf einiges gefasst machen, sobald sie wieder zu Hause sei.
    Eigruber suchte sich seine Leute gezielt aus, die er für die Drecksarbeit brauchte. Jugendliche und junge Erwachsene, vorwiegend arbeitslos oder Schul­abbrecher aus kaputten Familien ohne Perspektiven, die nach einem Guru suchten, zu dem sie aufschauen konnten, und die er leicht nach seine n Regeln, seiner verblendeten Ideologie manipulieren und indoktrinieren konnte. Der Führer ließ diese Burschen vorwiegend im rechten Hooliganlager der Fußballszene rekrutieren und viele, die ihm auf dem Leim gingen, hatten zum ersten Mal wieder eine Aufgabe, bei der sie gefordert wurden.
    Es gab keine Spur von jenen fünfundzwanzig Leuten, die sich angeblich auf dem Gutshof aufhielten, als Kokoschansky mit seinen Schwarzen eingedrungen war. Offensichtlich eine glatte Lüge, mit der jener Junge seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen versuchte, den Kokoschansky und Rocco in die Mangel genommen hatten.
    Die Polizei entdeckte auf dem Gutshof ein versperrtes Zimmer, das selbst die engsten Vertrauten Eigrubers nie von innen gesehen hatten. Es war sein persönliches Walhalla, eine Andachtsstätte für sein großes, geliebtes Vorbild. Hitlerbüsten, Hakenkreuzfahnen, sämtliche bekannte Insignien des Nationalsozialismus und eine reichhaltige Bibliothek mit einschlägiger Literatur von Mein Kampf über Publikationen bekannter, größtenteils auch mehrfach verurteilter, prominenter österreichischer Neonazis bis hin zum englischen Gaskammernleugner David Irving. Mindestens einmal am Tag zog sich Eigruber dorthin zurück, legte eine nachgeschneiderte Naziuniform an, hörte Hitlers Reden zu martialischer Marschmusik, imitierte sein Vorbild vor einem großen Spiegel, studierte seine eigenen Reden für den Tag X ein oder sang lautstark alte Landserlieder.
    Eigruber verhielt sich ebenso feige wie sein großes Vorbild und entzog sich durch Selbstmord der Verantwortung, indem er sich in der Untersuchungshaft beim Mittagsessen kurzerhand die Gabel in den Hals stieß und dabei die Schlagader zerfetzte. Trotz Videoüberwachung seiner Zelle ging alles so schnell, dass er binnen Minuten verblutete.
    In seinem Walhalla-Zimmer fanden die Beamten einen versteckten Tresor, dessen Inhalt den Ermittlern kalte Schauer über die Rücken laufen ließ . Minutiöse Pläne für den den neunten November.
    Tatsächlich wären zwei der Jungs seiner Leibgarde bereit gewesen für ihren Führer zu sterben, wie sie bei der Vernehmung aussagten, nachdem ihnen die radikalen Islamisten mit ihrem Bombenanschlag in der Wiener U-Bahn zuvorgekommen waren und ihnen gewissermaßen die Show ge stohlen hatten. Am neunten November wollten sie mit zwei Lieferwagen, die mit Sprengstoff voll gepackt waren, zeitgleich in die Hofburg und in das Parlament rasen und sich in die Luft sprengen. Zwei weitere „Kämpfer“, wie sie Eigruber bezeichnete, sollten mit Handgranaten die Synagoge in der Seitenstettengasse angreifen. Nach diesem Auftakt am neunten November waren für jeden Tag weitere Attentate geplant. Aus fahrenden Autos auf Passanten schießen, jeden treffen, der ihnen vor die Läufe kam,
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