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Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee
Autoren: Horst Eckert
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wartete auf ihren Ball. Auch ein älteres Semester machte lange Ohren – die zweite Aufsicht, womöglich der Fachleiter Deutsch, Katjas Lieblingsfeind.
    »Ich verstecke mich nicht«, flüsterte sie. »Ich wohne nur vorübergehend bei einer Kollegin.«
    »Und bis wann gedenkst du, Klarheit über unsere Beziehung zu bekommen?«
    »Willst du mir ein Ultimatum stellen? Das ist das falsche Zeichen, wenn du mein Herz gewinnen willst.«
    »Weißt du was, Katja? Ich will überhaupt nichts mehr von dir. Du brauchst nicht mehr zurückzukommen.«
    Der Gong tönte. Die Kids spazierten nur zögerlich zurück zum Unterricht. Einige gafften weiter.
    Reuter sagte: »Ich gebe dir bis Sonntagabend Zeit, deine Sachen aus der Wohnung zu räumen. Das ist mein Ultimatum.«
    Katja musterte ihn. »Schade, dass es so kommen musste«, antwortete sie schließlich.
    »Ja, schade.«
    Reuter kickte den Jungs ihren Fußball zu und ging.
     
    Auf der Fahrt nach Schiefbahn fühlte er sich erleichtert.
    Als er vor dem Haus der Kochs aus dem Micra stieg, sah er sich unwillkürlich um. Kein schwarzer Lexus weit und breit. Die Stiftung für deutsch-russischen Kulturaustausch hatte sich offenbar neuen Aufgaben zugewandt.
    Reuter klingelte an der Haustür. Marion öffnete. Sie hatte sich freigenommen, wie er wusste. Die Witwe des Kollegen blinzelte ins Tageslicht, als sei sie gerade erst aufgestanden.
    Er fürchtete, dass sie ihn zur Begrüßung umarmen würde, und streckte ihr sofort die Leinentasche hin. »Du hast etwas bei mir liegen lassen.«
    »Komm rein.«
    Sie setzten sich ins Wohnzimmer. Er packte die Tasche auf den Tisch und blickte in den Garten. Irgendwo neben den Rosenstöcken hatte Michael das Geld vergraben. Der Erlös aus dem Kunstraub hatte den Kollegen zum Mörder an Robby Marthau gemacht und zum Geiselnehmer, der weitere Tode in Kauf nahm.
    Reuter wollte nicht darüber nachdenken, was das Geld aus ihm selbst gemacht hatte.
    Marion zog die Plastiktüte aus der Stofftasche.
    »Deine Hälfte«, erklärte Reuter.
    »Das geht nicht.«
    »Wieso?«
    »Gehört das nicht in eure Asservatenkammer?«
    »Keiner außer uns beiden weiß davon.«
    Marion griff in die Tüte. »Fühlt sich gut an.«
    »Hör zu, bring es nicht zur Bank. Zeig es niemandem. Gönn dir was Schönes, aber gib es nicht auf einmal aus.«
    Sie nickte.
    Er stand auf und ging.
     
    Mittwoch, 23. Mai, Blitz, Titelseite unten:
     
    HENRIKE ANDERMATT:
ZULETZT LIEF IHRE MÖRDERIN AMOK!
    Drama aus enttäuschter Liebe: Juli W. (22), Freundin des am Freitag ermordeten Türstehers Robert Marthau und Mutter ihres gemeinsamen Babys, erfuhr nach der brutalen Tat, dass der Mann, den sie abgöttisch liebte, eine Affäre mit der leichtlebigen Henrike Andermatt hatte. Ein Schock, der sie schier um den Verstand brachte. »Um ihr einen Denkzettel zu verpassen«, so ein Polizeisprecher, habe Juli W. der Politikertochter die Droge Liquid Ecstasy verabreicht, an der Henrike Andermatt am Samstagabend starb. Jetzt erstickte sie auch ihr Baby und nahm selbst eine hohe Dosis der Todesdroge. Die Fahnder konnten sie in letzter Sekunde retten. Für Sohn Justin (2 Monate) kam jede Hilfe zu spät.
     
    Mittwoch, 23. Mai, Morgenpost, Lokales:
     
    OB KROLL: LEGE FÜR KARPOW HAND INS FEUER
    Im Rathaus kursieren Gerüchte; die Opposition glaubte bereits, darauf ein Süppchen kochen zu können. Doch Oberbürgermeister Dagobert Kroll liest seinen Gegnern die Leviten: »Für meinen Freund Vitali Karpow lege ich die Hand ins Feuer.«
    Hintergrund sind Spekulationen über die Herkunft des Milliardenvermögens des künftigen HCC-Bauherrn. Die Rede ist von Geschäftsbeziehungen des Ölmagnaten zum sogenannten Turin-Clan, dem Waffen-und Drogenhandel nachgesagt wird. Das Hafen-Congress-Centrum diene als Geldwaschanlage, so das kolportierte Szenario.
    »Absurde Verleumdungen«, stellt OB Kroll klar, »in die Welt gesetzt von böswilligen Neidern, denen meine Erfolge und das blühende Wachstum dieser Stadt ein Dorn im Auge sind.« Dagobert Kroll, als streitbar bekannt, geht zum Gegenangriff über. Er hat Anzeige gegen unbekannt erstattet und fordert die Polizei auf, die Ehrabschneider dingfest zu machen.
     
    Mittwoch, 23. Mai, Blitz, Titelseite, Aufmacher:
     
    AFFÄRE ANDERMATT: NEUE VORWÜRFE!
    Jetzt trifft es den zum künftigen Innenminister Nordrhein-Westfalens erkorenen Konrad Andermatt knüppelhart. Neue Enthüllungen werfen die Frage auf: Hat der FDP-Rechtsaußen seine Tochter Henrike als Baby gekauft?
    Heike W.
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