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Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee
Autoren: Horst Eckert
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berichtete Reuter, was Becker ihm am Telefon über die neue Spur erzählt hatte. Der Wagen war zwar kein Mercedes Sprinter, hatte aber ein Peace-Zeichen auf der Front, das man mit dem Daimler-Logo verwechseln konnte. Das rechte Rücklicht war defekt. Außerdem hatte der Halter zwei Kumpels zu Besuch gehabt, mit denen er Touren unternommen hatte. Am Sonntagmorgen sei der Besuch abgereist – laut Angaben des Nachbarn in aller Frühe und in Katerstimmung.
    Da ist ein netter Anwohner scharf auf die Belohnung, dachte Scholz.
    Reuter war ganz außer Rand und Band. »Der Halter wohnt in einem Kaff, das zu Dormagen gehört. Kollegen der Kreispolizeibehörde Neuss haben das Wohnmobil sichergestellt. Der Verdächtige wird gerade in die Festung gebracht. Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es zur Vernehmung.«
    »Aber werde nicht wieder handgreiflich«, antwortete Scholz.
    Das Auto stand noch da, mit dem Werbefritzen Frontzeck an Bord.
    »Willst du fahren?«, fragte Reuter.
    »Auf keinen Fall«, wehrte Scholz ab. »Mein Bedarf ist gedeckt.«
    Er stieg hinten ein und kurbelte das Fenster herunter. Er wollte den Geruch aus der Nase bekommen, der in Winters Wohnung geherrscht hatte. Außerdem war ihm noch immer schwindlig und er litt unter Atemnot – sicher nur vorübergehend.
    »Wie war’s?«, wollte Frontzeck wissen.
    »Das geht dich nichts an«, beschied Scholz. Er ließ sich den Fahrtwind um die Ohren blasen. Als sie den Düsseldorfer Norden erreichten, ging es ihm besser. Er beugte sich nach vorn und drückte Frontzecks Schulter. »Wohin hast du Lena gebracht, als ihr aus Duisburg zurückkamt?«
    »Ich habe sie an der Kö abgesetzt. Ich musste noch kurz in die Agentur und dann rasch nach Hause.«
    »Wann war das?«
    »Etwa achtzehn Uhr.«
    Zwei Stunden später war Henrike Andermatt tot gewesen.
    »Wo wollte sie hin?«
    »Das habe ich sie nicht gefragt.«
    »Habt ihr es getrieben?«
    »Ihre Fragen wiederholen sich.«
    »Alkohol, Drogen, Liquid Ecstasy? «
    »Hören Sie, wir sind so rasch wie möglich zurückgefahren. Sie war nicht in der Stimmung zu reden. Ich hab sie abgesetzt, das war’s.«
    »Nicht gerade das, was du dir erhofft hattest, was?«
    Der junge Kerl wandte sich an Reuter. »Warum duzt mich Ihr Kollege die ganze Zeit?«
    Scholz sah den Blick des Kollegen im Rückspiegel. Ein vertrauliches Zwinkern.
    »Der Typ ist so«, antwortete Reuter. »Den werden wir nicht mehr ändern, fürchte ich.«
     
    Sie hatten den Werbegrafiker an der Königsallee abgesetzt und waren auf dem Weg zur Festung, als der rasselnde Klingelton seines Mobiltelefons Scholz aus den Gedanken riss.
    Bettinas Stimme: »Hast du Freitagabend schon etwas vor?«
    »Wieso?«
    »Ich dachte mir, es wäre schön, mal wieder zu dritt zu sein. Ich weiß nicht, warum, aber du hast einen stabilisierenden Einfluss auf Florian.«
    »Ist etwas mit ihm?«
    »Tessa, seine Freundin – es scheint nicht so gut zu laufen. Mit mir redet er nicht darüber. Vielleicht braucht er ein Männergespräch. Ich dachte, ich koch uns was Nettes. Am Freitag um halb acht, was hältst du davon?«
    Scholz sagte zu. Er war guter Stimmung und beschwerte sich nicht, als Reuter die Neusser Straße entlangraste.
    Der junge Kollege fragte: »Was meinst du, Norbert: Wann hat Henrike erfahren, dass diese Frau ihre Mutter ist und nicht Carola Andermatt?«
    Scholz überlegte. »Vielleicht bei dem großen Krach im April, als die Andermatts durch den Schmähartikel von Sven Mielke erfahren haben, was das Mädel so alles trieb. Keine Ahnung.«
    Sie erreichten die Einfahrt zum Präsidium. Scholz gab per Funk der Wache im Erdgeschoss Bescheid und das Tor schwang auf. Bevor Reuter den Wagen auf den Hof rollen ließ, stieg Scholz aus.
    »Was hast du vor?«, fragte Reuter.
    »Ich brauch noch etwas frische Luft. Komme gleich nach.«
    Scholz wartete, bis der Omega verschwunden war und sich das Tor geschlossen hatte.
    Dann ließ er sich auf die Knie nieder und kroch unter das Gestrüpp, das längs der Mauer wucherte. Er tastete im Dreck. Sein Gesicht streifte Dornen. Vermutlich bot er mit seinem Hintern, der aus den Sträuchern ragte, keinen allzu würdevollen Anblick. Er konnte nur hoffen, dass niemand ihn sah.
    Irgendwo musste sein Ehering doch hingekullert sein, als er ihn in der Nacht zum Samstag aus dem Autofenster geworfen hatte.
    Etwas Goldenes blinkte. Der Ring war bis an den Stamm der Staude gekullert. Scholz bekam ihn zu fassen.
    Er richtete sich auf und klopfte den Dreck von den Knien. In
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