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Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Titel: Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde
Autoren: Martin Wehrle
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bestand in einem Link zu einer Hilfssoftware. Das erschien mir so, als würde mir ein Friseur seine Schere in die Hand drücken. Ich, der Laie, sollte es selber richten!
    Was blieb mir übrig? Ich führte den Download durch, ließ das Programm durchlaufen, war über Stunden in meiner Arbeit behindert – doch das Laufwerk blieb verschollen.
    Meine nächste Mail wurde deutlicher: »Ich haben für einen funktionstüchtigen Computer bezahlt, aber einen funktionsuntüchtigen erhalten. Ich brauche jetzt die Hilfe eines Fachmanns!«
    Eine halbe Stunde später klingelte das Telefon. Am anderen Ende war ein Informatiker der Computerfirma. Er sagte: »Ich möchte mich auf Ihrem PC gerne mal umschauen, ob ich das Laufwerk nicht doch finde.«
    Ich freute mich: »Wann können Sie bei mir vorbeikommen?«
    »Sofort«, sagt er.
    »Aber Sie sitzen doch bei Stuttgart und ich bei Hamburg!«
    »Kein Problem, ich kann mich auf Ihren PC einloggen. Das geht ganz einfach.«
    Nun nannte er mir die Homepage www.teamviewer.com. Ich wählte mich dort ein, gab ihm eine Sitzungsnummer durch – und schon wanderte der Curser wie von Geisterhand über meine Bildschirmoberfläche und durchsuchte den Computer.
    »Ist es in Ordnung, dass ich ein Hilfsprogramm runterlade?«, fragt die Geisterhand durchs Telefon.
    »Kein Problem«, sagte ich.
    Er führte den Download durch. Aber wo war das Programm gelandet? Ehe ich Piep sagen konnte, öffnete er den Ordner »Meine Downloads« und sah sich nach dem Programm um. Alles andere, was dort lag – meine privaten Downloads – sah er natürlich auch. Auf die Idee, mich vorher um Erlaubnis zu fragen, war er nicht gekommen. Er spazierte einfach durch die privaten Räume meines Computers, als wären sie sein Wohnzimmer.
    Ergebnis der Fernuntersuchung: »Ihr Computer muss einen manuellen Fehler haben. Da muss ein neues Laufwerk rein.«
    »Heißt das, Sie schicken mir einen Monteur vorbei?«, fragte ich hoffnungsvoll.
    »Nein, nur ein Laufwerk. Das können Sie selber einbauen, das ist ganz einfach.«
    Ich geriet in Panik: »Ehrlich gesagt: Ich habe zwei linke Hände.«
    »Keine Sorge«, beruhigte er mich, »das haben Hunderte von Kunden schon vor Ihnen geschafft.«
    Ich horchte auf: War mein Problem gar kein Einzelfall? Hatten Hunderte von Kunden mit demselben Mangel zu kämpfen? Und war es schon deshalb erforderlich, die Kunden als ungelernte Monteure zu missbrauchen?
    Zwei Tage später drückte mir der Briefträger ein Päckchen mit meinem DVD-Laufwerk in die Hand. Auf der Rechnung stand, dass sie nach Einsendung des alten Laufwerks storniert würde. Eine Versandarbeit wurde mir also auch noch aufgehalst.
    Mit einem schlechten Gefühl im Bauch und einem Schraubenzieher in der Hand begann ich meinen chirurgischen Eingriff. Ich robbte unter meinen Schreibtisch und trennte den PC-Tower von allen Anschlüssen: Strom, Tastatur, Maus, Bildschirm und Drucker. Dann schraubte ich das äußere Gehäuse ab. Ein bunt gemischter Kabelsalat grinste mich an. Ich zog an den Steckern. Sie ließen sich nicht lösen. Die Schrauben des Laufwerks waren angezogen wie von Herkules. Mein Schraubenzieher rutschte mehrfach ab. Meine Stirn wurde nass wie beim Dauerlauf. Verdammt, worauf hatte ich mich da bloß eingelassen!
    Eine gute halbe Stunde (und ungezählte Flüche) später hatte ich das Laufwerk gewechselt und den Bauch des Computers wieder geschlossen. Gespannt fuhr ich den PC hoch. Das DVD-Laufwerk wurde tatsächlich angezeigt. Für drei Tage. Dann hakte der Computer beim Hochfahren abermals. Und das DVD-Laufwerk war erneut ins Nichts emigriert.
    Neuer Hilferuf, neuer Rückruf. Teamviewer, Geisterhand, Ferndiagnose: »Wieder ein manueller Fehler. Ich schicke Ihnen noch mal ein Laufwerk. Beim zweiten Mal klappt das sicher.«
    Mein Hals schwoll an: »Nein, ich möchte nicht dieselbe Reparatur noch einmal machen. Da soll jetzt ein Profi aus Ihrem Hause ran!«
    »Wir können Ihnen keinen Monteur schicken«, kam als Antwort.
    »Aber Sie könnten einen Fachmann vor Ort beauftragen!«
    Seine Stimme bekam einen förmlichen Klang: »Geht nicht. Wir reparieren immer selbst.«
    »Also doch Sie – und nicht ich !«
    »Ja, ja, aber dann müssen Sie den Computer einsenden. Unsere Werkstatt ist im Moment voll. Manchmal dauert das zwei, drei Wochen, bis das Gerät wieder bei Ihnen ist. Können Sie das Gerät so lange entbehren?«
    Das war eine Erpressung. Und sie wirkte. Zwei Tage später ging ich wieder als Monteur ans Werk. Diesmal dauerte es
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