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Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Titel: Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde
Autoren: Martin Wehrle
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Technologieberatung Hahn-Consulting zu dem Ergebnis: Jedes der 800 untersuchten deutschen Unternehmen verliert im Jahr durch schlechte Produktinformationen rund 120 000 Euro. 6
    Und der Kunde verliert die Nerven, wenn er zwar – wie ich neulich – einen Gasmelder fürs Sommerhäuschen gekauft hat, aufgrund der Anleitung aber nicht in der Lage ist, diesen auch zu installieren. Woran kranken Anleitungen? Vier gravierende Schwächen fallen auf:
    Fachchinesisch
    Der Verfasser der Anleitung, ein Technikexperte, tut so, als wäre der Kunde ein Angehöriger desselben Stammes. Also spricht er ihn in der Stammessprache an: Fachchinesisch. Zum Beispiel heißt es in einem Handbuch über einen Dimmer: »Zur Einhaltung des Berührungsschutzes an der Fassung muss der Phasenleiter auf den Mittelkontakt gelegt werden.« Bis der Laie verstanden hat, was gemeint ist, kann ihn schon ein 220-Volt-Schlag getroffen haben. Dann gehen die Lichter aus – auch ohne Dimmer.
    Bilderarm
    Die meisten Anleitungen beschreiben mit Wörtern, deren Skala von »umständlich« bis »unverständlich« reicht, exakt das, was der Kunde auf einen Blick erfassen könnte – wäre die Anleitung mit genügend Illustrationen versehen. Doch mit Abbildungen geizen die Hersteller (mit wenigen Ausnahmen, wie Ikea). Lieber verunstalten sie ihre Bedienungsanleitungen zu Bleiwüsten. Und geben ihren Kunden Texträtsel auf. Hintergedanke: Zeichnungen brauchen Platz (Kosten fürs Papier!) und wollen angefertigt sein (Kosten für den Zeichner) – beides spart man sich lieber.
    Chaotisch
    Viele Anleitungen sind eine wilde Mischung aus Warnhinweisen, Werbebotschaften und bunt verstreuten Anwendungstipps. Wer ein Stichwortverzeichnis sucht, eine Auflistung möglicher Fehlerquellen, eine Liste der Ersatzteile oder gar eine Service-Telefonnummer für Problemfälle, der könnte auch in der Kanalisation nach Gold schürfen.
    Unemphatisch
    Wenn dem Nutzer eines Feuerlöschers auf einer beiliegenden Anleitung die Nutzung des Gerätes in mehreren Schritten erklärt wird, so setzt das voraus,
dass der Nutzer, wenn es brennt, die Anleitung gerade zur Hand hat;
dass er das Lesen dieser Anleitung für wichtiger als das Lö schen hält;
dass es nicht die Anleitung ist, die gerade in Flammen aufgeht.
    Offenbar gelingt es den Herstellern nicht, sich in die Situation ihres Kunden zu versetzen.
    Fazit: Die Bedienungsanleitung wird oft als Pflaster missbraucht, um unheilbare Mängel des Produktes zu überdecken. Und dieses Pflaster ist auch noch schlampig gefertigt, es haftet nicht. Als Kunde sehe ich die nackte Wahrheit dann, wenn ich ein Gerät in Betrieb nehmen will.
    Von Tankstellen und Trotteln
    Manchmal frage ich mich, ob Feiertage wie Ostern oder Weihnachten nicht doch nur eine Erfindung der Mineralölindustrie sind. Was an den Tankstellen des Landes vor diesen Reisetagen passiert, ist eine Preistreiberei mit Kalkül, eine öffentlich ausgeschilderte Kundenverdummung.
    Wie kommt der Benzinpreis an der Tankstelle zustande? Die Zahlenblätter der Preisanzeige rotieren nach Gesetzen, an denen der gesunde Menschenverstand ebenso verzweifelt wie die Kontrolleure des Kartellamtes. Ein Beispiel: Heute Vormittag lag der Benzinpreis an unserer Tankstelle noch bei 1,54 Euro. Als ich mittags vorbeikam, war er auf 1,56 Euro geklettert. Am Abend wies die Anzeige stolze 1,58 Euro aus. Zwei Preisanstiege im Laufe eines einzigen Tages – wie ist das möglich?
    Eigentlich sollte man meinen: Eine Tankstelle füllt ihre Vorratsspeicher. Dieses Benzin wird zu einem bestimmten Preis erworben, der sich nicht mehr verändert, bis die Speicher geleert sind. Nach dieser Logik sollten alle Preiserhöhungen der Märkte erst die nächste Benzinlieferung betreffen.
    Ich frage an Tankstellen nach, wie der Preis zustande kommt. Fünf Anläufe führen zu keinem Ergebnis, das Personal ist von rührender Ahnungslosigkeit. Erst an einer kleinen Dorftankstelle stoße ich auf einen auskunftsfreudigen Pächter. Er sagt: »Die Preisanstiege haben nichts mit unserem Einkaufspreis zu tun. Das geben uns die Zentralen einfach vor.«
    »Das heißt, Sie haben keinen Entscheidungsspielraum?«
    »Nur einen winzigen: Wir können die Preise der Tankstellen in unserer Umgebung anschauen. Das Motto lautet: nicht teurer sein.«
    Nun will ich wissen, wer das große Geschäft macht: »Was verdienen Sie eigentlich an einem Liter?«
    Er schaut mich an wie ein geprügelter Dackel: »Ach, fragen Sie nicht – etwa einen Cent. In
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