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Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Titel: Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde
Autoren: Martin Wehrle
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verlangt ein Handwerker fürs Türöffnen 50 Prozent mehr Stundenlohn als andere Handwerker im Durchschnitt – macht 101 Euro. Und wer in Baden-Württemberg nach 22 Uhr einen Schlüsseldienst anruft, muss um 70 Prozent tiefer in die Tasche greifen als für andere Handwerker inklusive Nachtzuschlag – macht 134 Euro.
    Fazit: Schlüsseldienste öffnen nicht nur Türen, sondern vor allem die Portemonnaies ihrer Kunden!
    Die Anleitung des Grauens
    Wenn ich Horrorgeschichten lesen will, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder greife ich zu Stephen King oder zu einer Gebrauchsanleitung. Ob ich eine Kamera in Betrieb nehme, einen Schuhschrank zusammenbaue, eine Software installiere oder einen Anrufbeantworter in Gang bringen will: Ohne Handbuch geht nichts. Und mit oft auch nicht!
    Die Produkte sind so konstruiert, dass sie sich nicht mehr selbst erklären (wie ich es mir als Kunde wünschte!). Deshalb wird ihnen eine Krücke beigegeben: die Bedienungsanleitung. Sie soll den Geburtsfehler, die mangelnde Nutzerfreundlichkeit, wortreich wettmachen. Ich muss einen Crashkurs durchlaufen, um das Produkt nutzungsfähig zu machen.
    Die Anleitungen sind oft Irrlichter. Zwar wissen die Hersteller, dass die Betriebsanleitung als Teil des Produktes gilt und dass ein Kunde, wenn sie ihren Zweck nicht erfüllt, sein Geld zurückfordern, den Kaufpreis mindern oder das Gerät umtauschen kann. Aber die Hersteller wissen auch: Der durchschnittliche Kunde weiß all das nicht – schließlich ist er kein Jurist. Man könnte meinen, das Wort »Anleiten« stamme von »Leiden«!
    Nehmen wir zum Beispiel einen Kinderwagen aus der bayerischen Fabrik Hartan. Die Gebrauchsanleitung verabreicht dem Kunden nutzlose Eigenwerbung wie Babybrei: »Damit sich Ihr Baby sicher und geborgen fühlt, haben Sie sich für ein hochwertiges Produkt aus dem Hause Hartan entschieden.«
    Aber wenn es an die Montage geht, könnte der Kunde vor Verzweiflung wie ein hungriges Baby schreien. Wie man das Oberteil des Kinderwagens abnimmt und als Tasche trägt, beschreibt der Hersteller so:
    »Klappen Sie den Tragbügel 24 nach hinten. Dann ziehen Sie die beiden Kunststoffösen 23 innen im Wagen einfach nach oben und rasten die seitlichen Aluminiumstreben in die Kunststoffhalter am Boden. Zum Öffnen klappen Sie den Tragbügel 24 nach oben, bis er einrastet, und drücken nun den Boden der Tragetasche nach unten.«
    Was mit »Tragbügel 24« oder den »beiden Kunststoffösen 23« gemeint ist, bleibt dem Kunden ein Rätsel. Es sei denn, er kommt auf die glorreiche Idee, in der Anleitung vorzublättern, zur einzigen schematischen Zeichnung des Kinderwagens. Diese Illustration sieht aus, als habe ein ganzer Indianerstamm seine Köcher geleert: 25 Pfeile verweisen auf technische Einzelteile wie »Fußstützenverlängerung«, »Schutzbügelverstellung« und »Teleskopschieber«. Nur wer ständig zwischen der Illustration, die den Text erklärt, und dem Text, der die Illustration erläutert, hin und her springt, hat eine minimale Chance, die Tücken der Technik zu überwinden und sein Kind doch noch in der Tasche zu tragen.
    Viele Anleitungen sind lieblos aufs Papier geschludert. Da wimmelt es von Begriffen, die der Laie nicht versteht, von Handlungsschritten, die er nicht nachvollziehen kann, und sogar von Übersetzungsfehlern, die keinem Schüler unterlaufen würden. Offenbar werden die Übersetzungen nicht von Menschen erstellt und die Anleitungen nicht von Testern am Produkt überprüft. Man jagt die Fremdsprache einfach durch eine Übersetzungsmaschine. Und fertig.
    Hier ein paar Klassiker für schlampig übersetzte Bedienungsanleitungen der letzten Jahrzehnte:
Anleitung einer Digitaluhr: »Zeiger auswählbar durch das Eigentümers Operation. – Drückt auf den Knopf Set um die gespalte Zeit zu fassen, wenn sie Stille läuft innerlich.«
Handbuch eines kleinen Radios: »Setzen sie das stereo Kopfphon in Kopfphon Wagenwinde ein, die Macht ist an, sonst ist die Macht ab.«
Aufbauanleitung für einen Garderobenständer: »Befestigen Sie Teil F an Teil E. Versammeln Sie alle drei Beine. Befestigen Sie versammelte Beine an C-3 Unterpfahl. Verbrauchen Sie zwei Höh len bei ES und eine Höhle bei FS.«
Luftmatratze mit Schaumkern: »Wenn das Wetter kalt ist, wird die Puff Unterlage sich langsam puffen.« 5
    Während die Firmen meinen, durch leicht erstellte Anleitungen Geld zu sparen, zahlen sie in Wirklichkeit drauf. Schon vor Jahren kam eine Studie der Obertshausener
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