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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt
Autoren: Heinz G. Konsalik
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niemand konnte sie erkennen.
    »Ich weise alle Schuld von mir!« rief Reichert erregt. »Erpreßt hat sie uns! ›Wenn ihr mich einsperrt‹, hat sie geschrien, ›nutzt das gar nichts! Ich komme heraus! Und wenn ihr mir die Kleider wegnehmt – ich laufe auch nackt zu ihm!‹ – Soll man es darauf ankommen lassen? Sie tut es wirklich!« Reichert hob beide Arme über seinen Kopf. »Ich schwöre, ich habe mich bis zuletzt dagegen gewehrt. Auch Wanda! Aber Sophie hat uns gezwungen …«
    »Wo ist Leo?« fragte Sophie und warf den Mantel ab. Bevor Knopfer etwas erwidern konnte, rannte sie schon die Treppe hinauf und stürzte in das Schlafzimmer.
    Kochlowsky lag bleich im Bett und schüttelte sich vor Kälte. Husten ließ ihn sich aufbäumen, als würde er zerrissen. Als Dr. Portenski erfahren hatte, daß Kochlowsky früher, in seiner Jugend, lungenkrank gewesen war, hatte er Knopfer zur Seite genommen und gesagt: »Man sollte vorsorglich den Sargtischler benachrichtigen.«
    Die Menschen auf Pleß waren immer starken Gemütes.
    »Wie schön, daß dir nichts passiert ist«, sagte Leo und lächelte verkrampft. »Wenn ich hier noch Verwalter wäre, würde ich den Teich im Frühjahr zuschütten lassen! So ein Mistteich!«
    »Wir waren unvorsichtig, Leo, das ist alles! Es war allein unsere Schuld. Sieh einmal ein, daß auch du Schuld haben kannst …«
    »Ich habe die Eisdecke vorher geprüft …«
    »Aber nicht gründlich genug. Und ich habe dir – wie eine brave Frau – vertraut. Nur so war es, der Mistteich ist unschuldig.«
    »O Sophie …«
    Kochlowsky streckte sich aus. Sie bedauert mich nicht, sie schimpft. Wie schön das ist! Sie fühlt sich als meine Frau.
    Unten im Wohnzimmer stärkte sich Reichert mit Glühwein, den Franz Knopfer literweise für Kochlowsky kochte. Er schrak zusammen, als Sophie plötzlich von oben herunterkam, den Pelzmantel weghängte und ihre Fellstiefelchen auszog.
    »Du kannst nach Hause fahren, Jakob«, sagte sie ruhig. »Ich bleibe hier.«
    »Nur über meine Leiche!« rief Reichert voll Entsetzen.
    »Dann brauchen wir einen Sarg. Herr Knopfer, rufen Sie den Tischler …«
    »Sie hat schon ganz den Kochlowsky-Ton!« stöhnte Reichert. »Was soll ich tun? Was soll ich bloß tun?«
    »Nach Hause fahren!« beharrte Sophie. »Sag Wanda, ich bin morgen pünktlich in der Küche. Herr Knopfer wird mich hinbringen.«
    »Natürlich«, stotterte der arme Knopfer. »Selbstverständlich … pünktlich …«
    Ohne eine Antwort Reicherts abzuwarten, ging sie wieder nach oben und schloß die Tür.
    »Das ist die Katastrophe«, sagte Reichert erstickt. »Knopfer, das ist die Katastrophe, die wir alle seit zwei Jahren befürchtet haben …«
    Kochlowsky lag in seinem Bett und bebte. Der Schüttelfrost ging nicht weg, trotz Wadenwickel und Wechselwickel, trotz Federbetten und Decken. In den zwei Tagen war sein Gesicht verfallen und hohlwangig geworden.
    »Weißt du, was der Kuhdoktor sagt«, keuchte er zwischen seinen Anfällen. »Er müßte mir ein Schaf ins Bett legen … Animalische Wärme … Kühe im Sturm … Für so einen Blödsinn muß man studieren …«
    »Ich habe auch davon gehört, als Kind«, sagte Sophie sanft. »Meine Mutter sagte immer: ›Ihr seid alle immer gesund geworden, wenn ich euch an meine Brust drückte.‹ Es ist etwas Wahres dran …«
    Sie verließ das Zimmer, ging hinunter und fand Franz Knopfer allein vor seinem Glühwein sitzen. Reichert war gegangen.
    »Ich sorge heute allein für Leo«, sagte sie. »Legen Sie sich schlafen, Herr Knopfer. Es waren harte Tage für Sie …«
    »Aber Sie können doch nicht …«, stotterte Knopfer.
    »Ich kann! Wenn ich Hilfe brauche, rufe ich.«
    Sie kehrte zurück ins Schlafzimmer, verriegelte die Tür und streifte den dicken Wollrock ab. Ihm folgten das Mieder und die lange, an den Waden zusammengebundene Unterhose. Kochlowsky starrte Sophie an und schluckte wie ein Ertrinkender.
    »Was machst du denn da?« fragte er. Sein Atem röchelte beim Sprechen.
    »Dr. Portenski braucht dir kein Schaf ins Bett zu legen.« Sie streifte das letzte Wäschestück von ihrem zierlichen und doch fraulichen Körper, hob das Federbett hoch und legte sich an Leos Seite. »Dafür bin ich da … Gleich wirst du nicht mehr frieren, Leo.«
    Am siebenten Tag saß Kochlowsky wieder unten am Tisch, aß Gänsebraten, den Wanda geschickt hatte, trank Bier, rauchte eine Zigarre und beschimpfte den armen Knopfer.
    »Ein Wunder!« sagte Dr. Portenski aus voller Brust.
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