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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Fürstin Pleß bestimmt. »Ich weiß von der Schaumburg-Lippe, daß dies deine Spezialität war …«
    Noch nie ist eine Linsensuppe so vorbereitet worden wie die für den Fürsten Bismarck. Stundenlang wurden die Linsen einzeln verlesen und dann eingeweicht. Bauchspeck und Schinkenspeck, Mettwürstchen und Rauchwurst wurden geschnitten, Porree und zarter Sellerie. Aus bestem Suppenfleisch wurde die Grundbouillon gekocht, gewürzt mit Lorbeer, Pfefferkörnern und Wacholderbeeren.
    Am Abend nach der Jagd wurde dann die Linsensuppe in einer großen silbernen Terrine serviert. Bismarck, Fürst Pleß und der Graf von Wilczek, ein Nachbar des Fürsten, aßen die Suppe allein. Die anderen Gäste kämpften sich durch die vielen verschiedenen Gänge eines festlichen Menüs. Es bewahrheitete sich wieder einmal, daß die Küche von Pleß die beste in ganz Preußen war. Drei deutsche Kaiser hatten sie genossen, und jeder hatte gesagt: »Pleß, wenn es möglich wäre, ich würde Ihre ganze Küche nach Berlin mitnehmen!«
    Bismarck aß drei tiefe Teller Linsensuppe, mit glücklichem, gerötetem Gesicht, dann streckte er die Beine unter dem Tisch weit von sich, drückte den breiten Rücken gegen die hohe Stuhllehne und legte seine Hand auf die der Fürstin Pleß.
    »Meine Beste«, sagte er mit satter Stimme. »Leider geht nichts mehr hinein. Wer hat die Suppe gekocht? Das war die herrlichste Linsensuppe meines Lebens!«
    »Unser Nichtchen Sophie hat sie gekocht«, erwiderte die Fürstin wie damals beim König von Bayern.
    »Sie haben eine Nichte in der Küche? Meine Liebe, die müssen Sie mir vorstellen.«
    In der Küche hatte man Derartiges erwartet. Anders als beim König von Bayern hatte man Sophie darauf vorbereitet. Sie trug ihr Sonntagskleid, darüber eine schöne Spitzenschürze. Auf den weißblonden Haaren thronte ein Spitzenhäubchen wie eine Krone. Wanda selbst hatte die Haare onduliert, mit einer Brennschere und einem Kamm aus Fischbein. Nun sah Sophie mehr denn je wie eine lebendige Puppe aus. Wanda stand verzückt hinter ihr und war nahe daran, vor so viel Liebreiz zu weinen.
    Der Leiblakai kam herein und winkte mit einer großartigen Gebärde. »Mamsell Rinne zum Fürsten …«
    Dann stand Sophie vor dem großen Bismarck, machte ihren Knicks, und all die Grafen und Barone, die Offiziere und die hohen Damen sahen sie an und lächelten. Bismarck streichelte ihr die Wange und sagte laut:
    »Bis heute habe ich nicht gewußt, daß auch eine Linsensuppe königlich sein kann. Verraten Sie mir, was Sie da alles hineingetan haben. Diese Suppe muß man mir auf Friedrichsruh nachkochen!«
    »Ich werde die Zutaten aufschreiben, wenn es Ihnen recht ist, Durchlaucht«, antwortete Sophie und wagte nicht, Bismarck anzusehen. »Es sind zu viele, um sie im Kopf zu behalten.«
    Die Tafelgesellschaft lachte, und Sophie wurde rot. Was habe ich jetzt falsch gemacht, dachte sie. Auch Bismarck lachte laut und legte den Arm um Sophies Schulter.
    »So ist es recht!« dröhnte er. »Auch ein Reichskanzler hat nur eine beschränkte Aufnahmefähigkeit! Den Russen stillzuhalten ist keine Kunst, aber solch eine Linsensuppe zu kochen ist eine wahre Großtat! Nur eine Frage: Der säuerliche Geschmack kam doch nicht vom Essig?«
    »Nein, Durchlaucht.« Sophie wagte es, den Kopf zu heben. Bismarcks berühmte herrische Augen strahlten sie an. »Es war Sherry in der Suppe und zur Abrundung französischer Cognac …«
    »Das ist es! Cognac in den Linsen! Meine Herrschaften, die Franzosen sind doch zu etwas gut!«
    Es war ein typischer Bismarck-Witz, alle lachten schallend. Bismarck gab Sophie einen Kuß auf die Stirn und sagte in die allgemeine Fröhlichkeit hinein: »Auf diesem Rezept bestehe ich! Ich fahre nicht von Pleß ab, ohne Ihr Billet zu haben, Nichtchen …«
    »Welch ein Triumph!« schluchzte Wanda später in der Küche, und alle gratulierten Sophie, auch wenn der Neid in vielen Augen stand. »Bismarck hat sie geküßt! Er will ihr Rezept. Königlich nennt er die Suppe! Das, ihr Mädchen, ist ein Augenblick, wo man fühlt, daß eine Köchin über allen Herrschenden steht! Was wären sie ohne uns?«
    Zwei Tage später wußte Leo Kochlowsky in Lubkowitz, was sich auf Pleß mit Bismarck zugetragen hatte. Sofort setzte er sich hin und schrieb an Sophie:
    »Meine Liebste, ich bin voll Eifersucht auf Bismarck! Linsensuppe ist auch mein Leibgericht. Ich will, daß eine solche Linsensuppe nur noch für mich gekocht wird – von meiner Frau Sophie. Wir
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