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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Leo Kochlowsky, vom Walzertakt und vom Schwung ein paar Meter weggetragen, war mit wilden Sprüngen zurückgekommen.
    »Bleib ganz still, Sophie!« schrie er. »Keine Panik. Nicht strampeln, es reißt sonst noch mehr ein. Sophie …«
    Er versuchte, sie zu fassen, an ihre ausgestreckten Arme heranzukommen, aber die Eisdecke unter ihm bröckelte, öffnete sich einfach wie ein Maul, das nach ihm schnappte. Er stürzte nach hinten, glitt über das Eis und versank neben Sophie im Wasser.
    »Uns kann nichts geschehen«, keuchte er. »Der Teich ist nicht tiefer, als ich groß bin, ich halte dich fest, wir kommen heraus … Sophie, halt dich an mir fest.«
    Sie klammerte sich an seinen Rücken, legte den Kopf an seine Schulter, und er spürte ihr Zittern. Mit den Fäusten hieb er auf das Eis ein, seine Füße hatten Grund, er konnte stehen, aber es gab keine Möglichkeit, sich aus dem Wasser emporzuziehen. Immer und immer wieder hieb Leo mit beiden Fäusten und Ellenbogen auf das Eis ein, bis es wieder so stark wurde, daß seine Faust zurückfederte. Hier hob er Sophie auf die noch feste Decke, kroch dann selbst auf das Eis und nahm Sophie auf seine Arme.
    Der neue Verwalter von Gut III, der etwas träge Franz Knopfer, glaubte an ein Gespenst, als es an seine Tür klopfte, er öffnete und ein triefender Mann mit einer ebenso nassen Frau ins Haus stürzte und brüllte: »Einen Arzt! Sofort einen Arzt!« Das Gespenst rannte zielsicher die Treppe hinauf zum Schlafzimmer, trat die Tür auf und brüllte weiter: »Decken! Heißes Wasser! Handtücher! Beweg dich, du dicke Sau!«
    Erst da begriff Franz Knopfer, daß Leo Kochlowsky zurückgekommen war.
    Binnen einer Stunde war Dr. Portenski – wer sonst? – im Haus. Sophie lag ausgezogen zwischen Handtüchern und Decken und wurde von Leo frottiert. Den ersten Tee mit viel Rum hatte sie schon getrunken, und Franz Knopfer hängte immer neue Tücher über den Ofen, um sie anzuwärmen und dann nach oben zu bringen.
    »Doktor«, stammelte Leo, als Portenski bei Sophie den Puls fühlte und ihr Herz abhörte. »Doktor, ich habe alles getan, was man tun konnte … Wird sie überleben?«
    »Unter einer Bedingung: daß Sie sofort mit dem dusseligen Massieren aufhören. Unter den Decken herrscht ja eine Tropentemperatur. Und daß Sie ihr keinen Tee mit Rum mehr geben. Das kleine Fräulein wird sonst an Alkoholvergiftung sterben …« Portenski sah Kochlowsky an. »Und Sie?«
    »Was ich?«
    »Sie stecken ja noch immer in Ihren nassen Klamotten …«
    »Ich hatte keine Zeit, an mich zu denken.«
    »Aber jetzt! Jetzt bin ich da! Herunter mit den Sachen und ins Bett! Flehen Sie Gott an, daß Sie keine Lungenentzündung bekommen! Jeder Hammel ist klüger als Sie!«
    »Wie schön, Sie wieder zu hören, Sie Trichinenjongleur«, sagte Leo müde. »Wie habe ich Pleß vermißt …«
    Während man Sophie, in Decken gehüllt, zurück ins Schloß brachte, auch wenn sie sich dagegen zur Wehr setzte, blieb Kochlowsky in seinem alten Verwalterhaus. Franz Knopfer pumpte ihn mit Rum voll und ertrug tapfer seine wüsten Reden.
    Am Morgen begann Leo zu husten, gegen Mittag stellte sich hohes Fieber ein, und Dr. Portenski nickte verbittert.
    »Da haben wir es!« sagte er rauh. Leo wurde von einem Schüttelfrost hin und her geworfen. Sein Kopf glühte, aber er klapperte mit den Zähnen. »Nun zeigen Sie mal, daß Sie eine Bullennatur haben, sonst sehe ich wenig Hoffnung …«
    »Wie geht es Sophie?«
    »Gut! Sie liegt noch im Bett, Kollege Senkmann betreut sie, aber man hört, daß sie morgen wieder auf den Beinen ist. Die Fürstin soll sogar an ihrem Bett sitzen.«
    »Dann weiß sie, daß ich hier bin?«
    »Jetzt ja. Nur das Flehen von Sophie hat verhindert, daß man nicht die Polizei geschickt und Sie verhaftet hat!«
    »Ich muß gesund werden, Doktor«, sagte Kochlowsky mit mühsam fester Stimme. »Hören Sie, so schnell wie möglich gesund! Ich will Sophie mitnehmen …«
    »Gesund! Haben Sie mal Kühe im Sturm gesehen? Die drängen sich zusammen und bilden ein Knäuel. Animalische Wärme, die hilft! Mein Gott, ich kann Ihnen doch kein Schaf ins Bett legen! Sie bekommen Fiebermittel, Codein, kalte Wickel … Den Rest muß ihr Körper selbst schaffen. Vielleicht sieht in hundert Jahren alles anders und besser aus mit der Medizin, aber jetzt leben wir im Jahre 1889!«
    Am übernächsten Tag brachte Reichert unter großem Gezeter Sophie zum Verwalterhaus hinüber. Sie hatte sich in einen dicken Pelz gewickelt,
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