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Knochenerbe

Knochenerbe

Titel: Knochenerbe
Autoren: Charlaine Harris
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Mein Mann zog los, um Windeln für das Kind zu kaufen“, fasste sie die Geschichte kurz für Aubrey zusammen. „Er ist nie wiedergekommen.“ Aubrey nickte verständnisvoll – vielleicht, um sein Mitgefühl zum Ausdruck zu bringen, vielleicht aber auch, weil ihm einige appetitliche Begebenheiten aus der Folklore unserer Stadt bereits zu Ohren gekommen waren. „Als die Polizei damals sein Auto am Bahnhof fand“, fuhr Carey fort, „wusste ich, dass er einfach abgehauen ist. Seitdem ist er für mich tot. Aber ich glaube auf keinen Fall, dass die Knochen von ihm sind!“ Macon legte den Arm um sie. Die mausartigen McMans schienen ganz begeistert von diesem echten, real existierenden Drama direkt vor ihrer Haustür. Meine Mutter fixierte mich konsterniert. Ich tat, als bemerke ich es gar nicht.
    „Mike hatte sich etwa ein Jahr vor unserer Hochzeit das Bein gebrochen, das habe ich der Polizei noch sagen können. Vielleicht nützt das was. Die Beamten haben sich auf jeden Fall bei mir bedankt und gesagt, sie würden mich wissen lassen, was Sache ist.“ Carey holte tief Luft. „Aber nach dem ersten Tag damals, als ich nur fertig war … als die Polizei kam und sagte, sie hätten sein Auto am Bahnhof gefunden … seitdem habe ich mir um Mike keine Sorgen mehr gemacht. Ich war einfach nur wütend.“
    Carey war total aufgewühlt, bemühte sich aber, ihren Tränen keinen freien Lauf zu lassen. Marcia starrte sie besorgt an. Wahrscheinlich betete sie inständig, ihre Party möge nicht durch einen heulenden Gast ruiniert werden.
    „Das war bestimmt nicht Mike“, sagte Torrance tröstend. „Es war irgendein alter Landstreicher. Das ist traurig, aber nichts, worüber wir uns zu sorgen brauchen.“ Er stand da, mit seinem Glas in der Hand, und sein kräftiger Körper, gepaart mit der ruhigen Stimme, strahlte etwas ungeheuer Beruhigendes aus.
    Jeder schien sich ein wenig zu entspannen. Doch dann fragte Marcia: „Aber wo ist der Schädel? In den Abendnachrichten sagten sie vorhin, man habe keinen Schädel gefunden.“ Mit zitternden Händen legte sie den Deckel auf einen ihrer Töpfe. „Warum war da kein Schädel?“
    Alle schwiegen betroffen, wieder lag Spannung in der Luft. Ich konnte nicht verhindern, dass sich die Finger verkrampften, in denen ich mein Glas hielt. Verzagt starrte ich die Bodenbretter der Sonnenterrasse an. Die Augen meiner Mutter ruhten auf mir, ich konnte ihren durchdringenden Blick fast körperlich spüren.
    „Das mag makaber klingen“, sagte Aubrey sanft, „aber höchstwahrscheinlich hat sich ein Hund den Schädel geholt. Oder ein anderes Tier. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass der Kopf nicht noch eine Weile beim Rest der Leiche gelegen hat.“
    „Stimmt.“ Macon nickte nach kurzem Nachdenken.
    Wieder entspannten sich alle merklich. Nachdem wir noch eine Weile über dies und jenes geplaudert hatten, standen Mutter und John auf, um zu gehen. Dem Charme meiner Mutter war niemand gewachsen: Marcia und Torrance strahlten, als sie sich von ihnen verabschiedet hatte und durch die Vordertür entschwand, gefolgt von John, der sich in ihrem Glanz sonnte. Bald darauf verkündeten die McMans, sie müssten ihren Babysitter bezahlen und nach Hause bringen, am nächsten Tag sei ja noch Schule. Auch Carey fand, es sei an der Zeit, den Babysitter zu retten. „Meine Tochter findet ja, sie könnte inzwischen gut allein daheimbleiben“, teilte sie uns stolz mit. „Aber ich sehe das anders. Sie braucht auf jeden Fall noch jemanden, auch wenn ich nur zwei Häuser weiter bin.“
    „Sie ist ein erstaunlich selbstsicheres Mädchen.“ Macon lächelte: Careys Töchterchen schien ihm ans Herz gewachsen zu sein. „Ich hatte es bis jetzt ja nur mit Jungs zu tun, es ist schon etwas anderes, ein Mädchen zu erziehen. Natürlich hoffe ich, es besser zu machen als bei meinem Sohn, wenn ich Carey bei der Kleinen helfe.“
    Darauf wusste keiner von uns die passende Antwort, waren doch die Rideouts kinderlos und Aubrey und ich ebenfalls.
    Ich bedankte mich bei Marcia für die Feier, wobei ich Torrance und sie noch einmal für das schöne Ambiente und das leckere Essen lobte.
    „Ich habe nur die Rippchen gegrillt.“ Torrance fuhr sich mit der Hand über das Kinn, auf dem sich bereits erneut ein Bartschatten zeigte. „Alles andere war Marcias Werk.“
    Ich sagte Marcia, sie könne jederzeit einen Catering-Service eröffnen, woraufhin sie vor Freude ganz rot wurde. Sie sah aus wie eine Schaufensterpuppe, so
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