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Knappheit: Was es mit uns macht, wenn wir zu wenig haben (German Edition)

Knappheit: Was es mit uns macht, wenn wir zu wenig haben (German Edition)

Titel: Knappheit: Was es mit uns macht, wenn wir zu wenig haben (German Edition)
Autoren: Sendhil Mullainathan
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verschiedenen Untergruppen unserer Gesellschaft geht. Wenn die Arbeitslosenquote von 5 auf 10 Prozent steigt, heißt das, dass von 20 Personen im arbeitsfähigen Alter eine weitere mit finanziellen Problemen zu kämpfen hat. Ein Blick auf die Bandbreite legt nahe, dass die Auswirkungen dieses Anstiegs weit ausufern. In solchen Zeiten werden viel mehr Menschen mit dem Thema »Geld« befasst sein. Vielleicht haben sogar diejenigen, die nur relativ kleine Einbußen in ihrem Budget erleiden mussten, so viel von ihren Reserven verloren, dass sie nun auch Knappheit spüren? Und vielleicht gibt es auch Auswirkungen bei den Freunden, Verwandten und Nachbarn, die den neuen Arbeitslosen nahestehen? Es kann gut sein, dass die kognitiven Folgen weiter ausufern als die finanziellen.
    Das gilt nicht nur für eine Rezession. Nehmen wir die Produktivität, die das wirtschaftliche Wachstum antreibt. Die Produktivität beruht entscheidend auf der Bandbreite. Arbeiter müssen effektiv arbeiten. Manager müssen kluge Investitionsentscheidungen fällen. Studenten müssen lernen, um »Humankapital« auszubilden. All das erfordert Bandbreite, und es ist möglich, dass ein gegenwärtiger Abfall der Bandbreite die zukünftige Produktion verringert.
    Es geht auch nicht nur um die Ökonomie. Bandbreite ist eine Schlüsselressource. Wir brauchen sie bei der Erziehung, beim Studieren, um uns zum Fitnesstraining zu bewegen und um unsere zwischenmenschlichen Beziehungen zu gestalten. Sie beeinflusst, wie wir denken und unsere Entscheidungen treffen. Steuert die Wirtschaft auf eine finanzielle Rezession zu, können wir weniger Dinge kaufen. Beginnt eine kognitive Rezession, können im Grunde alle Aspekte unseres Lebens betroffen sein − von der Erziehung und dem Fitnesstraining bis zum Sparen und zu Scheidungen.
    Natürlich müssen Bestimmungen der Bandbreite nicht auf Länder beschränkt bleiben. Unternehmen könnten Bandbreiteninventare anlegen: Wie handeln ihre Angestellten? Auch jeder Einzelne kann das für sich selbst machen. Vielleicht wollen Sie vor großen Entscheidungen sicherstellen, dass Sie mit voller Bandbreite funktionieren? Wir haben schon einige Tests kennengelernt, die sich damit befasst haben. Weitere werden herangezogen werden und neue werden folgen. Einige werden auf Knappheit konzentriert sein. Wie bestimmt man Reserven und Puffer am besten? Wie kann man am effektivsten bestimmen, ob sich Menschen in Kompromissdenken üben? Aber wir können noch weiter gehen und vielleicht die Fluktuationen der kognitiven Kapazitäten ganz allgemein messen.
    Man kann solche Messungen auch verwenden, um Sozialprogramme und öffentliche Maßnahmen besser zu beurteilen. Bei einem Programm für Arbeitslose geht es darum, dass sie wieder einen Job finden. Das ist zweifellos wichtig. Aber warum soll man nicht auch den Einfluss der Arbeitslosigkeit auf die Bandbreite bestimmen? Schließlich werden die Fördermaßnahmen besser anschlagen, wenn die Arbeitslosen eine größere Bandbreite haben. Die Daten zeigen, dass Kinder von Arbeitslosen signifikant schlechterin der Schule sind. Ist die Bandbreite schuld daran und könnten wir etwas tun, um sie zu verbessern, hätten die Förderprogramme segensreiche Wirkungen weit außerhalb ihres anfänglichen Anwendungsbereichs.
    Die Konzentration auf die Bandbreite führt zu mehr als nur besseren Messungen. Nehmen wir das Problem des Fast-Food-Managers von Kapitel 2, der über die viele Zeit lamentierte, die er brauchte, um mit seinen vermeintlich unfähigen Untergebenen klarzukommen. Was könnte er tun? Soll er seine Zeit und Energie dafür verwenden, seine Angestellten zu motivieren? Soll er mit Kündigung drohen? Oder mehr Anreize bieten? Mehr Ausbildung? Weitere Gespräche? Der Manager steht mit seinem Problem nicht allein da. Viele Arbeitgeber mit Arbeitern im unteren Einkommensbereich stehen vor Problemen der mangelhaften Produktivität und der Fehlzeiten der Arbeiter. Sie versuchen unverändert, mit den verschiedenen genannten Interventionen eine Lösung zu finden.
    Legt man aber den Schwerpunkt auf die Psychologie der Knappheit, folgt daraus, dass der Manager ein anderes Problem angehen sollte. Statt zu motivieren oder zu trainieren, statt zu drohen oder zu verlocken, könnte er versuchen, die Bandbreite zu vergrößern. Arbeiter, die schlecht bezahlt werden, haben in der Regel ein wechselhaftes finanzielles Leben. Wir haben die Auswirkungen kennengelernt. Wir haben auch gesehen, dass Anreize in solchen
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