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Kleine Fische zählen nicht

Kleine Fische zählen nicht

Titel: Kleine Fische zählen nicht
Autoren: A. A. Fair
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daraufhin unternommen?« fragte ich.
    »Ich rief Norman Clinton an und erzählte ihm die ganze Geschichte. Er entschied, daß es das beste wäre, einige vorsichtige Nachforschungen anzustellen, und falls sich alles als wahr erweisen würde, Schritte zu unternehmen, um den guten Namen der Familie zu schützen. Folglich packten wir rasch ein paar Koffer, um den Eindruck zu erwecken, wir hätten gerade unseren Urlaub angetreten. Dann fuhr Norman mich zu dem Motel. Ich fand den Schlüssel unter der Fußmatte, und wir gingen in die Kabine. Mein Mann lag im Bett. Tot.«
    »Erzählen Sie weiter«, sagte ich, als sie eine Pause machte.
    »Mir war klar, daß ich eine zweifache Verantwortung hatte. Ich war Ehefrau, aber ich war auch Mutter. Um beidem gerecht zu werden, blieb ich die Nacht über in der Kabine, zog dann am Morgen einen Schlafanzug an und einen Morgenrock, rief völlig außer mir im Motelbüro an und verlangte dringend einen Arzt. Der Manager kam selbst, um zu sehen, was passiert war, und schöpfte glücklicherweise nicht den geringsten Verdacht. Offenbar hatte mein Mann sämtliche Formalitäten selbst erledigt, und der Manager hatte seiner Begleiterin tatsächlich keine Beachtung geschenkt. Er zweifelte nicht einen Moment daran, daß ich dieselbe Frau war, die kurz nach elf zusammen mit meinem Mann die Kabine bezogen hatte.
    Ich erklärte ihm, daß wir gerade erst unseren Urlaub angetreten hätten, daß wir am Abend aufgebrochen wären, da mein Mann tagsüber geschäftlich aufgehalten worden sei, daß die Vorbereitungen mich sehr angestrengt hätten, daß ich eine Schlaftablette genommen hätte und erst gegen sieben Uhr morgens aufgewacht wäre. Ein Arzt wurde geholt, der den Tod meines Mannes feststellte; der Coroner wurde benachrichtigt und entschied, nachdem er sich meine Geschichte angehört hatte, daß eine Leichenschau sich erübrigte, da der Tod zweifellos auf einen Herzanfall zurückzuführen wäre. Ich kehrte nach Hause zurück und spielte dort meine Rolle weiter.
    Gestern morgen bekam ich einen mysteriösen Anruf von einer Frau. Ich habe keine Ahnung, wer sie war, bin mir jedoch ganz sicher, daß es sich nicht um die gleiche Frau handelte, die mich über den Tod meines Mannes informiert hatte. Die erste Frau hatte eine kehlige, schmeichlerische Stimme; die zweite sprach abgehackt, sachlich und schlug einen ziemlich schroffen Ton an.
    Sie sagte: >Tut mir leid, daß ich Sie belästigen muß, aber ich habe keine andere Wahl. Ich brauche unbedingt fünfhundert Dollar in bar. Ich bin über die wahren Umstände beim Tode Ihres Mannes genau im Bilde; ich kenne das Mädchen, das in den Fall verwickelt ist, und wenn ich bis zwei Uhr heute nachmittag nicht fünfhundert Dollar von Ihnen bekomme, bin ich gezwungen, mir das Geld, das ich brauche, auf andere Weise zu verschaffen. Wenn ich das, was ich weiß, einem mir bekannten Reporter erzähle, schlage ich mindestens das Doppelte heraus. Die Story hat es in sich, und er würde sie groß herausbringen.< Ich sollte fünfhundert Dollar in einen gewöhnlichen Briefumschlag stecken, bis zu einer bestimmten Straßenkreuzung fahren und links abbiegen; dann würde ich nach fünfhundert Metern zu einem Orangenhain gelangen. Direkt am Straßenrand befände sich ein Briefkasten. Ich sollte den Umschlag auf den Briefkasten legen und weiterfahren, ohne mich umzusehen. Sie sagte noch, falls ich ihre Anweisungen befolge, würde sie mein Vertrauen nicht enttäuschen; sie brauche die fünfhundert Dollar, um sich über Wasser zu halten; sie wäre in einer verzweifelten Lage, sonst hätte sie niemals zu einem so anfechtbaren Mittel gegriffen, und wenn sie das Geld nicht bekäme, wäre sie verloren. Dann legte sie auf.«
    »Und Sie beschafften sich die fünfhundert Dollar und hinterlegten sie an der angegebenen Stelle?«
    »Ja.«
    »Sie versuchten nicht herauszufinden, wer die Frau war und wann sie das Geld an sich nahm?«
    »Nein. Sie hatte mich ja davor gewarnt. Meine Neugier würde genau das heraufbeschwören, sagte sie, was ich vermeiden wollte. Falls es mir gelänge, sie zu überlisten und sie wegen Erpressung verhaftet würde, hätte ich auch verspielt; dann wäre ein öffentlicher Skandal nämlich unausbleiblich.«
    Mrs. Gillett verstummte und sah Clinton fragend an, als erwartete sie ein anerkennendes Wort für ihre Offenheit. Aber Clinton starrte nachdenklich auf den Teppich.
    »Das war nur der Anfang«, sagte ich schließlich.
    »Sie meinen, es wäre so
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