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Klatschmohn

Klatschmohn

Titel: Klatschmohn
Autoren: Anke Greifeneder
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wollte ich nur eines: einen gefälschten Pass, Sonnenbrille, Bargeld und möglichst ohne viel Aufhebens das Land verlassen. Irgendwo in Brasilien lebte eine Großtante väterlicherseits. Bis zu ihr musste ich es schaffen.

    »Pia, mach endlich auf! Sonst gehen wir zu deiner Nachbarin und holen den Ersatzschlüssel.« Katharinas Stimme klang nicht besonders geduldig.

    Ich kroch zur Tür, streckte eine Hand nach der Türklinke aus und öffnete.

    Katharina, gestylt und leider auch parfümiert wie immer, trat mit Lilli im Schlepptau ein. »Wir möchten alles wissen, jedes Detail.« Ihre Augen blitzten neugierig. »Dr. Cornelius fragte übrigens, ob deine BeziehungsUnfähigkeit vielleicht mit deinem Alkoholproblem zusammenhängt.«

    Sie und Lilli lachten los.

    »O Mann, du warst der Brüller der Party. Aber was war denn mit Leander?«

    Ich winkte ab. »Erinnert mich nicht daran! Wie konntet ihr mich so viel trinken lassen! Ihr wisst doch, dass ich nichts vertrage.« Mein Kopf schmerzte nicht so schlimm wie befürchtet.

    »Pia, du warst auch schon peinlich, bevor du betrunken warst«, wandte Katharina ein. Wieder lachten die beiden.

    »Danke, herzallerliebst. Was soll schon gewesen sein? Ich konnte nicht mehr fahren, er hat mich nach Hause gebracht und ist dann wieder gegangen.« Mir war immer noch übel.

    »Ja, und zwar zurück auf die Party«, klärte Lilli mich auf.

    »Super, dann konnte sich Witta noch mal an ihn heranmachen, nachdem ich alles vermasselt hatte.« Jetzt schmerzte mein Kopf stärker.

    Katharina sah mich triumphierend an. »Wie ich aus zuverlässiger Quelle weiß, hast du überhaupt nichts vermasselt. Leander fand dich - ich zitiere - >zwar etwas durchgeknallt, aber sehr erfrischend und charmant<.«

    Schlagartig war ich wieder wach. »Woher weißt du …?«

    »Tja, auf Herbert ist einfach Verlass. Außerdem fühlte er sich für deinen Auftritt mitverantwortlich, wo doch einer seiner Freunde Leander mitgebracht hatte.«

    »Dann ist ja noch gar nicht alles verloren.« Ich fühlte mich deutlich besser.

    »Eben, und wenn er dich in deinem etwas zweifelhaften Zustand immer noch charmant fand, kann es nur besser werden.« Katharina dachte zweckoptimistisch.

    Meine Zukunft war gerettet! Wir ließen uns auf mein Himmelbett fallen, das nicht der einzige kitschige Gegenstand in meiner Wohnung war. Trotzdem war sie gemütlich.

    Und um meine freistehende Badewanne mit vergoldeten Füßen, in der ich an kalten Winterabenden lag, beneidete mich wirklich jeder. Jetzt musste ich nur noch bis abends wieder fit werden. Meine erste offizielle Schwangerschaftsvertretungsparty stand ins Haus, und ich konnte unmöglich so, wie ich aussah, dort aufkreuzen. Am Ende war Leander auch da! Es handelte sich um die Modenschau einer jungen Designerin, die als deutsche Antwort auf Donna Karan gefeiert wurde.

    Irgendwie hatte ich immer ein schlechtes Gefühl bei diesen Vergleichen.
    Und mein Gefühl trügt selten. Immer diese »deutsche Antwort auf…«, und das für irgendwelche gecasteten Boybands mit Postleitzahlennamen, die kurze Zeit später nur noch durch Festnahmen in bekifftem Zustand Schlagzeilen machen …

    Wie pflegte mein Vater stets zu sagen: »Wer sich gern ein Vorbild nimmt, beachte, ob die Größe stimmt, denn ist das Vorbild fern und weit, frustriert die Unerreichbarkeit.«

    »Was ziehe ich eigentlich heute Abend auf diese Fashionparty an?«
    Vielleicht konnten die Mädels mir helfen.

    »Was steht denn auf der Einladung?«, hakte Katharina - wie immer sicher auf dem Gesellschaftsparkett - nach.

    Ich kramte die Einladung hervor. »Nichts Bestimmtes. Nur mein Namen plus eins, was wohl bedeutet, dass ich noch eine Person mitbringen darf. Aber von wegen Abendgarderobe oder so finde ich nichts. Bestimmt ist das verpönt bei den Profis.«

    Katharina sah sich die Einladung genau an. »Hm, dann weiß ich auch nicht.
    Wahrscheinlich trägt man anstandshalber ein Stück der Designerin, die lädt, oder gar kein Label.«

    Lilli wusste Rat. »Ganz in Schwarz kannst du nie was falsch machen, schließlich kommt Lagerfeld damit seit Jahren gut durch. Oder du trägst 80er, als Hommage an deine Jugend.«

    »Lilli! Als der 70er-Jahre-Retro-Schlaghosen-HippieRüschenstyle hip war, habe ich gerne mitgemacht. Auch die frisurentechnische Anlehnung an die 60er fand ich okay. Und das Revival der 30er-Jahre fand ich sogar klasse, weil mir der Marlene-Dietrich-Hosenanzug einigermaßen steht. Aber ich habe mir weiß Gott
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