Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Klatschmohn

Klatschmohn

Titel: Klatschmohn
Autoren: Anke Greifeneder
Vom Netzwerk:
Nation hier und unterhalte mich blendend. Zwar stand noch eine bunt gekleidete Frau mit grauem kurzem Haar daneben, aber die schien sich nicht groß am Gespräch zu beteiligen. Witta trug mal wieder eines ihrer »Schaut-her-ich-kann-einfach-alles-tragen«-Kleidchen.

    Zeit für eine Caipirinha.

    Ich stakste in Katharinas geliehenen Riemchensandalen zur Bar, bestellte eine Caipirinha, eine zweite, eine dritte und fand mich langsam, aber sicher unwiderstehlich. Ich schlenderte durch den Garten, und förmlich alle Blicke schienen an mir zu hängen, jeder schaute mir nach.

    Gemächlich schlenderte ich zurück, und tatsächlich ruhten wieder alle Blicke auf mir. Ich meinte sogar Getuschel zu hören. Durch so viel Aufmerksamkeit wurde mein Selbstbewusstsein gestärkt. Übermütig gesellte ich mich zu Witta, Leander Berglandt und der unbekannten Dame, was Witta nicht sonderlich erfreute. Leander grinste.

    »Ach, die Frau Doktor ist zurück. Gruppentherapie für heute beendet?«
    Dieser Mann, dieser Blick!

    »Ach, für Sie würde ich auch Einzelsitzungen machen, Herr Berglandt. So eine Analyse sämtlicher Kindertraumata mache ich in null Komma nichts. Und dafür knöpfe ich keinen Cent ab. Bin ja nicht so ein Halsabschneidertherapeut!«

    In diesem Moment hob die bunt gekleidete Dame die Augenbrauen und sprach mich an. »Sind Sie nicht Katharinas Freundin Pia, die sich bei mir wegen Bindungsschwierigkeiten zur Beratung anmelden möchte? Cornelius mein Name, Dr. Gabriele Cornelius. Ich habe schon viel gehört von Ihnen.« Gab es eine entwürdigendere Situation?

    Ich murmelte etwas von: »Freut mich, Sie kennen zu lernen, möchte nur schnell an die Bar.« Dann machte ich mich aus dem Staub. Hinter mir hörte ich Schritte. O nein, die würde mich doch nicht voll quatschen wollen! Ich beschleunigte meinen Gang.

    »So warten Sie doch, Pia.« Hatte ich mich verhört? Das war Leander Berglandt, der mir folgte. Fühlte er unser beider Bestimmung?

    Erwartungsvoll drehte ich mich um. »Pia, Sie haben aus Versehen Ihren Rock in die Unterhose geklemmt. Jeder kann es sehen. Sie laufen damit bereits seit einiger Zeit durch den Garten. Ich dachte, jemand sollte es Ihnen sagen.« In diesem Moment war mir klar, dass ich den Rest meines Lebens bei den Barmherzigen Schwestern verbringen würde und nur ab und zu meine durchgeknallte Freundin Lilli mit ihren Katzen zu Besuch käme.

    »Oh, danke«, stammelte ich. »Ich glaube, ich habe alle Möglichkeiten der Blamage heute Abend ausgeschöpft. Es ist besser, ich gehe nach Hause.«

    Leander Berglandt lachte. »Schade, das mit der Bindungsunfähigkeit hätte mich interessiert, Dr. Freud.«

    Täuschte ich mich, oder war er tatsächlich amüsiert?

    »Übrigens, ohne Ihnen zu nahe zu treten, glaube ich, trennen uns nicht so viele Jahre, als dass wir beim Sie bleiben müssten. Ich bin Leander.«

    Ach was, wer hätte das gedacht! Ich zwang mich, beim Thema zu bleiben, was mir angesichts meines angetrunkenen Zustandes nicht allzu leicht fiel.

    »Ich denke, auf dieser Party weiß fast jeder über mein Privatleben Bescheid, sodass Sie - pardon - du dich aus zweiter Hand informieren kannst. Irgendwo da hinten habe ich einen Verehrer und Beinahe-Freund gesichtet. Und ansonsten wird Witta gerne behilflich sein. Mir ist nur so schlecht. Ich muss schnell nach Hause.«

    »Du willst doch nicht etwa in diesem Zustand noch Auto fahren?« Entsetzt schaute er mich an.

    »Nein, ich rufe mir ein Taxi«, erwiderte ich matt. Mir wurde immer übler.

    »Kommt gar nicht in Frage. Ich fahre dich nach Hause, wer weiß, wen du heute sonst noch beleidigst.«

    Warum konnte ich nicht nüchtern sein? Stolz wie Oskar hätte ich neben Leander Berglandt im Saab Cabrio gesessen.

    Stattdessen konzentrierte ich mich nur darauf, nicht zu sprechen und den Mund in den Kurven schön zuzulassen. Bei jeder seiner Nachfragen - »Geht’s noch?« - nickte ich nur und reckte den Daumen in die Höhe. Er begleitete mich bis zur Tür.

    »So, bis zur Kloschüssel findest du den Weg sicher auch alleine. Ich hoffe, wir sehen uns wieder, und dann erzählst du mir alles über deine Beziehungsunfähigkeit. Es war ein sehr amüsanter Abend. Gute Nacht.«

    Da ging er hin, der Mann aller Männer, Gentleman und Sexsymbol in einer Person.

    Das Rütteln ging mir langsam auf die Nerven. Seit einer geschlagenen halben Stunde bollerte irgendjemand an meine Tür.

    Mir schwante, dass ich das Geklopfe nicht mehr lange ignorieren konnte.
    Dabei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher