Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Klassenfahrt zur Hexenburg

Klassenfahrt zur Hexenburg

Titel: Klassenfahrt zur Hexenburg
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
außergewöhnlich hohe Aufklärungsquote.“
    „Jetzt liegt er im
Krankenhaus“, berichtete Gaby. „Mit einer Schussverletzung. Und das war dieser
Ossinsky. Es... hätte noch viel schlimmer ausgehen können. Der Kerl hat einfach
durch die Tür geschossen. Wie ich ihn hasse, diesen... diesen Verbrecher!“
    Tim beugte sich zu seiner
Freundin und legte ihr die Hand auf den Arm. „Cool bleiben, Pfote. Den Ossinsky
erwischen wir. Und dein Vater ist ja schon auf dem Wege der Besserung.“
    Gaby nickte, atmete tief und
konnte dann ihre Vorsuppe weiter essen.
    „Wissen Sie auch, Eva“,
erkundigte sich Olga, „dass ich der Kripo damals einen interessanten Hinweis
liefern konnte?“ Sie lächelte. „Geholfen hat’s freilich nicht.“
    „Aha!“
    Alle waren gespannt. Doch Gaby
wandte ihre Aufmerksamkeit für einen Moment ab, lächelte nämlich an einigen
Tischen vorbei zu den drei Männern hin, die ihre Gläser erhoben hatten und ihr
zuprosteten: Döring, Reinbold und Karl-Walter von Sill. Sie saßen außer Sprech-
und Hörweite. Doch man sah sich.
    „Das war so“, sagte Olga, „ich
übernahm damals in Hamburg den Tätorwiersalon Blaue Blume von meiner
Vorgängerin. Wie es üblich ist — Kundenfotos zieren die Wände. Denn wer sich
mit Tätowierungen verschönern lässt, ist eitel. Ein Foto von Paul Ossinsky war
dabei. Jetzt hat’s natürlich die Kripo.“
    „Also ist der Kerl tätowiert?“,
forschte Tim.
    „Am linken Oberarm. Das
Kunstwerk — in Anführungsstrichen! — zeigt zwei Hände, die sich nach oben
öffnen wie eine Schale. Darüber schwebt der Name ANNABELLE. Ob das seine
Freundin ist, weiß ich nicht.“
    „Vielleicht ist es der
Spitzname für eine besondere Rauschgiftsorte“, mutmaßte Gaby.
    Nach dem Essen blieb man noch
lange zusammen. Tim und Gaby saßen mal an diesem, mal an jenem Tisch und hörten
überall tolle Geschichten über bestandene Abenteuer.
    Auch von unheimlichen Orten war
die Rede. Pauschke, der mit Westphal den Ausbruch versucht hatte, erzählte, er
sei zu Ostern in Kryzcincla gewesen, der weltberühmten Hexenburg.
    „Da fahre ich auch hin“, rief
Gaby, „gleich nach den Ferien. Eine Klassenfahrt mit der 9 a vom Theresien-Gymnasium.
Das ist eine Mädchenschule. Meine Freundin Annette hat mich eingeladen, weil
ich mich an der Anti-Rauch-Kampagne beteiligt habe. Die 9 a hat den 1.
Umweltpreis gewonnen. Und die Fahrt ist die Belohnung.“
    „Stark!“, meinte Pauschke. Döring
und Reinbold klatschten Beifall.
    Grinsend beobachtete Tim, wie
einige Männer verstohlen ihre Zigaretten ausdrückten. Aber das half nicht mehr.
Die Luft war bereits mit Bronchiengift gesättigt.
    „Dann gib aber Acht, Gaby“,
sagte Pauschke, „dass es dir nicht wie mir ergeht. Mich haben sie nämlich in
der Hexenburg eingeschlossen. Aus Versehen. Es war schon später Nachmittag und
ich der letzte Besucher. Da hat mich der Museumswärter übersehen. Ich stand
wohl zu still in einer schaurigen Ecke. Dann musste ich die Nacht zwischen
Gebeinen und Totenschädeln verbringen. Bis zum nächsten Morgen. Grauenvoll! Ich
dachte, ich überleb’s nicht.“
    Dann erzählte Westphal von
seiner Abenteuerreise an den Amazonas, und der Abend verging.
    „Eigentlich wollten wir ja ins
Hallenbad tauchen“, sagte Tim zu seiner Freundin. „Aber dafür ist es heute zu
spät.“
    „Machen wir morgen“, erwiderte
Gaby. „Gleich nach dem Aufwachen und noch vor dem Frühstück.“

16. Mondnacht im Burghotel
     
    Ein buttergelber Vollmond hing
über dem Burghotel und geizte nicht ‘mit seinem Silberlicht. Eine Katze
stolzierte über die Zinnen. Die Zugbrücke war geschlossen. Den Burghof füllten
die Schatten der Nacht, denn die Mauern und Türme ringsum ragten hoch.
    Alles schlief. In einem Dorf,
weit entfernt, schlug eine Kirchturmuhr die zweite Morgenstunde.
    Gabys Fenster wiesen auf den
Hof. Sie hatte eins offen gelassen, lag im Bett und träumte einen Traum, der im
13. Jahrhundert spielte. Aber plötzlich verblassten die Traumbilder. Sie
erwachte. Mondlicht kam zum Fenster herein. Ein Strahl fiel auf ihr Gesicht.
Hatte sie das geweckt?
    Sie horchte in die Stille.
Irgendwo knackten Balken. In der Ferne bellte ein Hund. Dann hörte sie das
Klirren.
    Es war leise. Nur wer die Ohren
gespitzt hatte, konnte es vernehmen. Aus dem Burghof drang es herauf.
    Sie glitt aus dem Bett und auf
nackten Sohlen zum Fenster. Der Hof lag unter ihr wie ein schwarzes Meer. Im
ersten Moment konnte sie nichts unterscheiden. Aber dann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher