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Klassenfahrt zur Hexenburg

Klassenfahrt zur Hexenburg

Titel: Klassenfahrt zur Hexenburg
Autoren: Stefan Wolf
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groß und
schlank, hatte dichtes dunkles Haar und ein markantes Gesicht. Vor der
Operation war es etwas schwammig gewesen. Er kleidete sich elegant.
    „Dann erzähl mal, Haito!“
    „Ich müssen einen Gast töten.
Mit Fugu. Sonst Madeleine kaputt.“
    Der Dealer glotzte. „Wie bitte?
Was?“
    Haito berichtete. Ossinsky
hörte aufmerksam zu. Vor seiner Operation hätte ihn die Sache beunruhigt, denn
die Polizei würde antanzen. Aber jetzt fühlte er sich sicher. Dem
internationalen Haftbefehl und dem Steckbrief sah er überhaupt nicht mehr
ähnlich.
    „Was ich nun machen?“ Der
Japaner knetete die Finger.

    „Pst, Haito! Niemand darf davon
erfahren. Wie ich die Sache sehe, hast du gar keine Wahl. Aber es darf niemals
rauskommen, dass du wissentlich einen Gast umbringst. Es muss ein Unfall sein.
Klar?“
    Haito nickte. „Also wie ich
versprochen haben?“
    „Nur so. Du kennst den Kerl
nicht?“
    „Leluc? Doch. Den ich kennen.
Er...“
    „Ich meine den Jugendlichen!“
    „Nein. Nicht kennen. Nicht
wissen, ob schon hier gewesen.“
    „Bestimmt einer aus dem
sogenannten Club. Weil’s doch gegen den Aufseher geht. Diese Typen sind
gefährlich. Also nichts riskieren! Ich kann nur wiederholen, Haito: Du hast
keine Wahl.“
    „Wollte wissen, was du meinen.“
Haito stand auf. „Dann ich gehen in Küche, bereiten Fugu.“ Er grinste. „Mit
Gift.“
     
    *
     
    Tim hatte seine Cola bezahlt
und draußen gewartet, versteckt hinter dem Stamm einer Steineiche. Das war
unauffälliger, als wenn er dem Geiertyp gefolgt wäre, sobald der das
Fisch-Restaurant verließ.
    Tim brauchte seine Geduld nicht
zu strapazieren. Der Bursche kam, wandte sich in Richtung Lager, blieb aber
gleich wieder stehen, um sich misstrauisch umzublicken.
    Tim hatte eine halbe Rufweite
Vorsprung und richtete die Verfolgung so ein, dass er sich vor dem Kidnapper
befand.
    Den beschäftigte lediglich, was
sich hinter ihm abspielte. Aber da tanzten nur Mückenschwärme über dem Weg und
seewärts segelten Möwen im Tiefflug.
    Tim benutzte die üppige
Vegetation, um sich immer wieder Geiertyps Blick zu entziehen.
    Braunes Licht legte sich über
die Küste. Nicht mehr lange, und die Dämmerung würde anbrechen.
    Zwangsläufig war Tims
Aufmerksamkeit nach hinten gerichtet. Beinahe wäre er dabei gegen einen Typ
angerannt, der ihm im Laufschritt entgegenkam.
    Er war rothaarig, etwa 17 und
so angenehm wie krankheitsbedingte Bettruhe während der Ferien. Er hechelte und
der Schweiß färbte sein Hemd dunkel. Ohne Tim zu beachten, rannte er vorbei.
    „Gaston!“, brüllte er — und
meinte den Geiertyp. Ausgepumpt blieb er stehen.
    „Alain, was ist?“, rief der
andere und setzte sich in Trab.
    Alain. Gaston. Kidnapper und
Kumpel? Kriminelle, die einem verhassten Aufseher den Tod wünschten? Tim
schritt weiter, als interessiere ihn nur der Ausblick aufs Meer, wo aber nichts
war als Wasser und vereinzelte Yachten, die hafenwärts schipperten.
    Tim war noch in Hörweite. Der
Rotkopf Alain ließ einen Wortschwall rauschen und Tim verstand nicht mal
Bahnhof.
    Schade! Vorhin hatte er Glück
gehabt als Lauscher, weil Gaston betont langsam und deutlich sprach, damit der
Japaner geistig und sprachlich folgen konnte. Aber jetzt stieß der
TKKG-Häuptling an die Grenze seiner französischen Sprachkenntnisse, die bei
weitem nicht so gut sind wie sein Englisch.
    Hinter einem Busch blieb er
stehen.
    Die beiden schlurften heran.
    Tim kauerte sich. Dichtbelaubte
Zweige verbargen ihn.
    Alains Redefluss wurde
langsamer. Außerdem musste er Atem schöpfen.
    „...doch! Wenn ich’s dir sage!
Das Mädchen hat den Dubois nicht nur nach Leluc gefragt, sondern betont, dass
sie ihn vor 22 Uhr sprechen muss. Davon hänge alles ab. Kapierst du? Das kann
nur bedeuten, dass Haito den Leluc warnen lässt. Was sonst! Das heißt, wir
haben uns verrechnet. Schlitzauge schert sich einen Dreck um seine Tochter.“
    „Verdammt! Das soll er büßen.“
    Sie waren sehr nahe. Tim hörte,
wie Gaston mit den Zähnen knirschte. Ein Zündholz ratschte. Tim konnte nichts
sehen, vermutete aber, dass sich Gaston eine Zigarette genehmigte.
    „Damit ist seine Tochter
geliefert“, sagte er. „Es sei denn, du irrst dich, und das Mädchen hat mit der
Sache nichts am Hut. Wie sieht sie aus?“
    „Sehr hübsch. Langes, blondes
Haar. Blaue Augen und Pony.“
    „Hm. So eine saß bei Haito im
Restaurant. Aber die — das könnte ich beschwören — hat nicht mit ihm geredet.
Jedenfalls nicht, seitdem
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