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Kirschenküsse

Kirschenküsse

Titel: Kirschenküsse
Autoren: C Bomann
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ein Schminktisch sein sollte. Auch er war schneeweiß und hatte s-förmige, verzierte Beine. Er sah aus, als hätte er einmal in einem Schloss gestanden! »Mit diesen Möbeln und meinen Kleidern kann man prima Fotos machen. Es gibt sogar Wettbewerbe und Treffen auf Conventions!« Plötzlich sprühten ihre Augen vor Begeisterung, ihr Ärger war offensichtlich verflogen.
    Jetzt wurde mir endgültig klar, dass ich von Ivy nur die Hülle kannte. Ohne weiter auf Emos und unsere tollen Klassenkameraden einzugehen, marschierte sie zum Kleiderschrank.
    »Hast du was zum Zeichnen dabei?«, drang Ivys Stimme dumpf aus dem Möbelstück. »Oder wenigstens eine Kamera, damit du das Kleid fotografieren kannst?«
    »Mein Handy«, antwortete ich und kramte in meiner Tasche.
    Schließlich tauchte Ivy mit einem Berg aus schwarzem Tüll und rosafarbenen Schleifen über dem Arm wieder auf und ging zu ihrem Schreibtisch. Wenig später zauberte sie eine Kamera hervor, von der ich nur träumen konnte. Zumindest im Moment.
    »Du musst die Details sehen. Wenn schon, dann machen wir ein richtiges Bild«, sagte sie und warf das Traumgerät zu mir hinüber aufs Bett. Ich konnte beinahe die strafenden Worte meiner Mutter hören, wenn ich eine teure Kamera einfach so umhergeworfen hätte.
    Ich hatte keine Ahnung, wie man das Teil bediente, aber ich wollte mich auch nicht dumm anstellen und nachfragen. Als Ivy mit ihrem Kleid aus dem Zimmer verschwand, strich ich sehnsüchtig über die Kamera. Ich hatte nur mein Handy, um Bilder zu machen. Papas Kamera war eine uralte Nikon, doch die gab er nicht aus der Hand. Digital war daran aber überhaupt nichts. Die Urlaubsbilder mussten bisher immer zum Fotoladen gebracht werden, um sie entwickeln zu lassen.
    Und dieses Jahr würde es nicht mal Bilder geben …
    Während meiner trübsinnigen Grübelei musste ich an irgendeinen Knopf an dem fantastischen Apparat gekommen sein, denn plötzlich fuhr das Objektiv heraus. Im Display konnte ich meine Turnschuhe erkennen.
    Während ich die Kamera erschrocken auf die Bettdecke zurücklegte und beobachtete, wie das Objektiv wieder verschwand, rauschte Ivy herein.
    Das war es! Das Kleid, das ich gesehen hatte. Und es sah von Nahem noch viel toller aus! Der mit Rüschen besetzte Satinrock fiel über einen Petticoat. Die große Schleife, die zwischen Rock und Korsagenoberteil angebracht war, bestand aus blassrosa Satin, genauso wie die Schleifchen, die die Puffärmel zierten. Die dunklen Strumpfhosen glänzten und ihre Füße steckten in rosafarbenen Schuhen.
    »Und?«, fragte sie und breitete die Arme aus, als wäre sie ein Popstar, der seinen Beifallssturm erwartete.
    »Es ist wirklich toll!«
    »Na dann mach so viele Fotos, wie du willst. Aber nicht, dass du haargenau dasselbe Kleid abzeichnest. Ich habe mir das selbst genäht und hasse Copycats.«
    Mir fiel die Kinnlade herunter. »Du hast das genäht?«
    »Ja, nach einem Foto, das ich in einem japanischen Lolita-Magazin gefunden habe. War ziemlich viel Arbeit, zwischendurch ist meine Mutter eingesprungen, wenn ich nicht weitergekommen bin. Ihre Nähmaschine ist einfach klasse, die kann sogar sticken.«
    Nun schwirrte mir vollends der Kopf. Nicht nur dass Ivy anscheinend nähtechnisch mehr auf dem Kasten hatte als ich, sie hatte sogar eine gute Nähmaschine. Okay, sie gehörte Ivys Mutter. Aber trotzdem.
    »Könntest du mir vielleicht zeigen, wie man mit der Maschine näht?«
    Ivy machte große Augen. »Hast du etwa noch nie genäht? Und dann bewirbst du dich für ein Modecamp?«
    »Ich habe genäht!«, verteidigte ich mich. »Aber nur mit der Hand«, fügte ich dann kleinlaut hinzu.
    »Die werden bei deinem Camp sicher wollen, dass ihr mit Maschinen näht. Wenn die euch schon Mode entwerfen lassen.«
    »Aber wir haben keine Maschine und meine Eltern werden mir sicher auch keine kaufen.«
    Ivy seufzte. »Schon verstanden. Soll ich dir zeigen, wie es geht?«
    »Das würdest du tun?«
    Jetzt grinste sie. »Hab ja sonst grad nichts zu tun.«
    Zwei Stunden später verließ ich Ivys Haus mit einem glücklichen Grinsen auf dem Gesicht. Die Nähstunde mit ihr hatte wirklich Spaß gemacht! Und obendrein hatten wir uns für morgen verabredet, um mit dem Nähen weiterzumachen. Ivy war schon richtig gut darin, sie konnte sogar schon mit einer einfachen Nadel und ohne Stickprogramm sticken! Wie gern hätte ich auch so eine Nähmaschine!
    Während ich noch davon träumte, selbst tolle Kleider zu nähen, sah ich Mona vor der
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