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Kirmes des Todes

Kirmes des Todes

Titel: Kirmes des Todes
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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können sofort anfangen.“ Beim Blick durch den Raum sah Bahn nur bekannte Gesichter. An der Kopfseite des großen Tisches hatten es sich Walter und Grundmann bequem gemacht. Neben ihnen an der Seite waren die Plätze von Küpper und Meier. In einer von Waldhausen spöttisch als „Sicherheitsabstand“ bezeichneten Entfernung mit mehreren freigebliebenen Stühlen hatten sich die Journalisten der Tageszeitungen, der Wochenblätter und von Radio Rur niedergelassen und ihre Blocks oder Aufzeichnungsgeräte abgelegt. Kollegen von auswärts hatten auf den Weg nach Düren verzichtet. Die Bild-Zeitung und der Kölner Express hatten garantiert Verbindungen zu einigen Kollegen geknüpft und ließen sich die Ergebnisse der Pressekonferenz per Telefon mitteilen. Auch Waldhausen hatte eine Anruf aus Bonn erhalten, er sollte den ehemaligen Kollegen berichten, welche neuen Erkenntnisse es über den Unfall an der Wasserrutsche gibt.
     
     
    Doch dauerte es geraume Zeit, ehe das Thema auf diesen tragischen Punkt kam. Zunächst hielt Walter seine euphorische Rede über die Erfolgstage. „Über eine Million Besucher waren auf der Annakirmes, davon mindestens die Hälfte von auswärts. Das zeigt doch ganz deutlich, welche Attraktivität unsere Kirmes besitzt.“
    „Der übertreibt maßlos“, flüsterte Bahn seinem Lokalchef zu. „Das sind zum Großteil die Leute aus der näheren Umgebung, aus Langerwehe, Merzenich und Nörvenich oder der Eifel, die ohnehin zum Einkaufen nach Düren kommen. Oder glaubst du etwa, es verirrt sich einer aus Aachen hierher? Die rümpfen doch nur die Nase, wenn die den Namen Düren hören.“
    Waldhausen winkte streng ab. Er fühlte sich durch das spöttische Gerede von Bahn gestört.
     
     
    Walter sprach von der Wirtschaftskraft, die durch den Rummel nach Düren gezogen werde. Die Stadt jedenfalls sei zufrieden mit dem werbemäßigen und dem wirtschaftlichen Erfolg. „Ich glaube, unser Kirmesdirektor Grundmann hat endgültig den Schatten seines Vorgängers übersprungen und bewiesen, daß er der richtige Mann für unsere Annakirmes ist.“
    Grundmann lächelte stolz in die Runde, als Walter ihm anerkennend auf die Schulter klopfte. Bahn und andere Kollegen schrieben kräftig mit, Waldhausen hingegen runzelte nur die Stirn, der Vertreter eines Anzeigenblättchens machte sogar noch ein Foto von dieser Siegerpose.
     
     
    Es hatte den Anschein, als wollte Walter überhaupt nicht mehr mit seiner Lobeshymne auf die Annakirmes aufhören, die er zum ersten Mal in seiner Funktion als Bürgermeister eröffnet hatte. „Und ich glaube, ich habe es gut gemacht, nicht wahr, meine Herren?“ Walter erwartete selbstverständlich keine Antwort auf seine Frage. „Ich kann Ihnen versprechen, es wird noch besser werden. Dafür werde ich schon sorgen“, krächzte er heiser.
     
     
    „Zur Sache, bitte!“ Laut unterbrach Waldhausen den Bürgermeister. „Sie wiederholen sich. Was ist denn mit der Wasserrutsche?“, fragte er ungeduldig.
    Walter wollte entrüsten loslegen, doch kam ihm Küpper zuvor.
    „Wenn es Ihnen recht ist, Herr Bürgermeister, informiere ich die Presse über den Unfall?“
    Walter nickte verärgert. „Bitte sehr, wenn Sie meinen“, sagte er eingeschnappt.
     
     
    Der Kommissar schilderte noch einmal den Ablauf des Unfalls und kam dann auf die Ursachen zu sprechen. „Ursächlich ist eindeutig ein gebrochener Bolzen als Folge einer Materialermüdung. Das haben gutachterliche Untersuchungen einwandfrei festgestellt. Es gibt also insofern keine kriminelle Handlung.“
    Die Journalisten schienen mit dieser Auskunft zunächst zufrieden und nickten. Waldhausen freute sich schon auf die Exklusivgeschichte, die er mit Küpper und eventuell mit Meier machen würde. Aber er hatte sich zu früh gefreut. Küpper hatte anscheinend doch schon zuviel gesagt.
     
     
    „Herr Kommissar, Sie sprachen davon, daß es insofern keine kriminelle Handlung gibt. Wieso insofern?“, fragte der DZ-Mann Krupp. „Gab es denn eventuell in anderer Hinsicht eine kriminelle Handlung?“
    Der Bernhardiner blickte fast schon entschuldigend zu den Tageblatt-Redakteuren. „Vielleicht. Wie Sie wissen, handelt es sich bei den verunglückten Aufbauhelfern um Polen. Es ist noch nicht geklärt, ob sie rechtmäßig auf dem Kirmesplatz tätig waren.“
    „Es kann also sein, daß sie nicht versichert waren?“ Krupp ließ sich mit der dürftigen Antwort nicht abspeisen. „Das kann durchaus so sein“, bestätigte Küpper.
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