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Kirchwies

Kirchwies

Titel: Kirchwies
Autoren: Hannsdieter Loy
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konnte. Er stand da, mit hängenden Armen, den unvermeidlichen Strohhut in den Nacken geschoben, und war offensichtlich mit der Situation überfordert.
    Marie lehnte sich an eine Eiche, atmete tief ein und aus. Gott, wäre sie bloß eine Minute eher losgefahren, dann wäre ihr jetzt nicht so speiübel.
    »Äh«, Hinnerk schluckte und nahm sicherheitshalber die Pfeife aus dem Mund, »ich glaube, da müssen wir die Polizei anrufen. Und vielleicht einen Notarzt.« Er verzog den Mund. »Aber ich glaube, den Arzt können wir uns sparen.«
    Franziska, die immer noch hysterisch schluchzte, verlegte sich wieder aufs Jammern.
    »Oder braucht Franziska einen?«, vergewisserte sich Hinnerk.
    »Nein«, antwortete Adelheid leise, und jetzt bemerkte Marie, wie bleich die junge Frau aussah.
    Sie riss sich zusammen und half Adelheid, Franziska ins Haus zu führen, während Hinnerk seinem Nachbarn die Hand auf die Schulter legte und hoffte, dass der nun endlich die Polizei anrief. Aber August starrte nur auf die Leiche seines Vaters. Also folgte Hinnerk den Frauen ins Haus, wo er und Marie erst nach dem Telefon suchen mussten, denn Adelheid und ihre Mutter waren im Badezimmer und nicht ansprechbar.
    Marie konnte sich später nicht mehr genau daran erinnern, was sich an diesem sensationellen Tag, an dem der alte Friedrich Heckerhoff zu Tode gekommen war, alles zugetragen hatte. Wie es schien, war der alte Mann in aller Frühe auf den Hof gegangen, um die Arbeit seiner Familie – boshafte Stimmen sprachen von seinem Arbeiterstab – zu inspizieren und einen Grund zum Meckern zu finden. Am Misthaufen war er dann wohl fündig geworden und hatte sich ans Werk gemacht, dort Ordnung zu schaffen – was immer der alte Friedrich darunter verstanden haben mochte.
    Dabei war er auf einem diarrhöischen Kuhfladen ausgerutscht und in die Misthacke gefallen, die er selbst leichtsinnigerweise mit den Zacken nach oben dort hatte liegen lassen. So jedenfalls hieß es später im Polizeibericht nach ereignisreichen Tagen, in denen ein Stab von Polizeibeamten Befragungen durchgeführt hatte und am Heckerhoffschen Misthaufen das Oberste zuunterst gekehrt hatte.
    Die Birkendorfer gingen derweil ihrer Arbeit nach, steckten die Köpfe zusammen, und alle waren sich einig, dass Friedrich, dieser alte Bullerjan, so ein Ende hatte nehmen müssen. Da hatte der Herrgott aber mal den Richtigen am Schlafittchen gepackt. Auf seiner Beerdigung sollen keine Tränen geflossen sein. Und der anschließende Leichenschmaus im Gasthaus »Zum Heidehirsch« war aufgrund des übermäßigen Konsums von Bier und Weizenkorn zu einem ziemlichen Gelage ausgeartet, worüber Oma Minna sich angemessen entrüsten konnte. So waren alle zufrieden gewesen. Doch dieser Friede sollte nur von kurzer Dauer sein.
    Denn – wie sich im Laufe der nächsten Wochen herausstellte – war Friedrichs Tod nur die Fortsetzung einer alten, unvollendeten Geschichte.
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