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Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht
Autoren: Sue Grafton
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hervorhob.
    Beide Frauen wirkten elegant und saßen an einem runden Tisch in einer mit Leder ausgeschlagenen Nische. Lorna war wunderschön: dunkle Haare, haselnußbraune Augen und ein perfektes, ovales Gesicht. Ihr Gesichtsausdruck war würdevoll, und um ihre Lippen spielte lediglich die Andeutung eines Lächelns. Sie trug ein schwarzes Cocktailkleid aus Satin mit langen Ärmeln und einem tiefen, viereckigen Dekollete. An ihren Ohren funkelten die Ohrringe mit den Diamantreifen. Danielle trug ein enganliegendes, paillettenbesetztes Oberteil in kräftigem, hellem Grün, vermutlich mit einem Minirock, wenn ich ihren Geschmack richtig einschätzte. Ihr langes dunkles Haar war hinten zu einer Rolle zusammengesteckt. Ich stellte mir vor, wie Lorna sie für ein hochkarätiges Rendezvous aufputzte: zwei Callgirls im Einsatz. Im Hintergrund der Nische konnte ich hinter Lorna die Hand und den ausgestreckten Arm eines Mannes sehen. Mein Herz begann heftig zu klopfen.
    Ich zog das Foto aus dem Rahmen und drehte es um. Als ich das Passepartout entfernt hatte, konnte ich alle vier Personen sehen, die an diesem Abend zusammen am Tisch gesessen hatten: Roger, Danielle, Lorna und Stubby Stockton. O Mann, das ist es, dachte ich. Das ist es. Vielleicht nicht alles, aber der Kern des Rätsels.
    Ich nahm das Foto mit hinüber zum Telefon, wählte Cheneys Piepser an und gab meine Telefonnummer sowie beim Signalton das #-Zeichen ein. Dann legte ich auf. Während ich auf seinen Rückruf wartete, setzte ich mich an meinen Schreibtisch und ging meine Notizen durch, wobei ich alle Karteikarten aussortierte, auf denen Roger erwähnt war. Die meisten stammten von meiner ersten Befragung, dazu kamen zusätzliche Informationen aus dem Gespräch mit Serena. Ich musterte die Karteikarten an der Pinnwand, doch es fanden sich keine weiteren Bezüge. Dann legte ich die Karten auf meinem Tisch aus wie bei einer Tarotsitzung. Ich entdeckte die Notizen, die ich nach meiner Unterredung mit ihm flüchtig hingekritzelt hatte. Roger hatte mir gegenüber behauptet, daß Lorna ihn am Freitag morgen angerufen hätte. Ich umringelte das Datum, fügte ein Fragezeichen hinzu und heftete die Karte mit einer Büroklammer an das Foto.
    Das Telefon klingelte. »Kinsey Millhone«, sagte ich automatisch.
    »Hier ist Cheney. Was gibt’s?«
    »Ich bin mir nicht ganz sicher. Ich erzähle dir einfach, worauf ich gestoßen bin, und dann sagst du es mir.« Ich schilderte ihm kurz, wie ich an die Fotos gekommen war und beschrieb ihm dann das eine, das ich gerade vor Augen hatte. »Ich wußte, daß es ein Scherz sein sollte, als du von Roger und Stubby gesprochen hast, aber sie haben sich tatsächlich gekannt, und zwar gut genug, um irgendwo auswärts zusammen mit ein paar Callgirls einen draufzumachen. Außerdem bin ich meine Aufzeichnungen noch einmal durchgegangen und auf einen interessanten Widerspruch gestoßen. Roger hat mir erzählt, Lorna hätte ihn am Freitag morgen angerufen, aber das kann wohl kaum sein. Da war sie nämlich schon tot.«
    Kurzes Schweigen. »Ich weiß nicht, worauf du damit hinauswillst.«
    »Ich habe keine Ahnung. Deshalb habe ich ja dich angerufen«, sagte ich. »Ich meine, nimm nur mal an, Roger und Stubby hätten Geschäfte miteinander gemacht. Wenn Lorna nun Roger von ihrem Verhältnis mit Esselmann erzählt hat, hätten sie diese Information dazu verwenden können, um ihn unter Druck zu setzen. Esselmann stellte sich stur...«
    »Und dann hat Stubby ihn umgebracht? Das ist ja lächerlich. Stubby hat eine Menge Eisen im Feuer. Wenn ein Geschäft nicht läuft, hat er schon ein anderes an der Hand, und wenn das schiefgeht, hat er noch massenhaft weitere. Glaub mir, Stockton ist in dieser Branche, um Geschäfte zu machen. Ende. Wenn Esselmann stirbt, wirft ihn das sogar zurück, weil er dann abwarten muß, bis jemand anders an Clarks Stelle ernannt wird, tadam, tadam, ta-dam...«
    »Ich spreche auch nicht von Stockton. Ich glaube, daß es Roger war. Er ist derjenige, der Zugang zu den Geräten für den Swimmingpool hat. Er hatte Zugang zu Lorna. Er hatte Zugang zu allem. Außerdem kannte er Danielle. Nimm nur mal an, er und Stockton hätten an diesem Abend über Geschäfte gesprochen. Damit wäre Danielle die einzige Zeugin.«
    »Wie willst du denn das beweisen? Das sind doch reine Spekulationen. Nichts als heiße Luft. Du hast nichts Konkretes in Händen. Zumindest nichts, was du zum Staatsanwalt tragen könntest. Er würde nie einen Haftbefehl
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