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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass
Autoren: Sue Grafton
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zwölfhundert Dollar Lohnausfall geltend, was insgesamt fünftausendzweihundert Dollar ergab. Ein polizeiliches Unfallprotokoll existierte nicht, und die Sachbearbeiterin war schlau genug gewesen, zu bemerken, dass Miss Diaz ihr Auto erst kurz vor dem Unfall angemeldet und versichert hatte. Verdächtig war auch die Tatsache, dass die Schadensmelderin ein Postfach als Absendeadresse angab. Mary hatte eine Wohnadresse ausfindig gemacht und beigefügt. Ich registrierte, dass sie auch daran gedacht hatte, Kopien von den Umschlägen (mit Poststempel) beizuheften, in denen die Schadensformulare eingegangen waren. Wenn es zu einem Verfahren kam, würden sie als Beweis dafür dienen, dass die US-Post benutzt worden war, womit die Sache zur Bundesangelegenheit würde und auch das FBI auf den Plan treten könnte. Viele Versicherungsbetrüger heuern einen Anwalt an, dessen Job darin besteht, die Versicherung in die Zange zu nehmen und auf eine rasche Abwicklung zu drängen. Miss Diaz hatte (bis jetzt noch) keinen Anwalt eingeschaltet, drängte aber selbst, dass man ihr den Schaden schleunigst ersetzen sollte. Ich begriff nicht, wieso Parnell die Sache an Mary Bellflower weitergegeben hatte. Bei Forderungen dieser Größenordnung ist man normalerweise eher versucht, den Anspruch ohne viel Aufhebens anzuerkennen, um gar nicht erst zu riskieren, dass einem »böswillige Verschleppung« unterstellt wird. Aber da die California Fidelity in letzter Zeit so hohe Verluste zu verbuchen gehabt hatte, fand Maclin Voorhies, der Vizepräsident, solche Routine-Entscheidungen zur Zeit nicht so gut. Daher hatte man mir die Sache zur Nachprüfung übergeben, wobei diese Mühe jetzt, da Titus auf der Matte stand, vielleicht schon vergeblich war, aber das war nun einmal der Stand der Dinge.
    Es war zehn, als ich schließlich das Licht ausmachte und nach oben ging. Ich öffnete eins der Fenster, lehnte den Kopf gegen den Rahmen und ließ die kühle Luft über mein Gesicht streichen. Der Mond stand am Himmel. Der Nachthimmel war klar, und die Sterne funkelten wie lauter kleine Nadelspitzen. Von draußen vor der Küste Nordwest-Kaliforniens näherte sich eine schwache Sturmfront, und für die nächsten Tage waren Schauer angesagt. Aber bislang waren noch keine Anzeichen zu entdecken. Ich hörte das gedämpfte Rauschen der Brandung hinter dem nächsten Häuserblock. Ich kroch unter die Decke, stellte den Radio-Wecker an und starrte hinauf zum Dachfenster. Es kam ein Country-Song, Willie Nelson mit einer wehmütigen Ballade von Schmerz und Herzeleid. Ich fragte mich, wo Robert Dietz wohl in dieser Nacht stecken mochte. Im vorigen Mai hatte ich selbst einen Privatdetektiv angeheuert, nachdem sich herausgestellt hatte, dass mein Name als einer der vier letzten auf irgendjemandes Abschussliste stand. Ich hatte einen Leibwächter gebraucht und Robert Dietz gefunden. Als sich die Lage wieder entspannt hatte, war er noch drei Monate dageblieben. Jetzt war er seit zwei Monaten weg. Wir waren beide keine großen Briefeschreiber und zu geizig, um öfters zu telefonieren, jetzt, wo er wieder in Deutschland war. Es war mir zu Herzen gegangen, dieses Abreise-Gemisch aus annähernd gleichen Teilen Banalität und Bittersüße.
    »Ich bin nicht gut im Abschiednehmen«, hatte ich in der letzten Nacht gesagt.
    »Ich bin nicht gut in irgendwas anderem«, hatte er mit seinem schiefen Lächeln gesagt. Ich hatte gedacht, dass es ihm nicht halb so schwerfiel wie mir. Aber das konnte auch falsch gewesen sein. Dietz war nicht der Typ, der seinem Schmerz und seiner Trauer freien Lauf lässt, was noch lange nicht heißt, dass solche Gefühle in ihm nicht existierten.
    Das Schlimme an der Liebe ist das Loch, das sie hinterlässt, wenn sie vorbei ist... das Thema aller Country-und-Western-Songs...

    Dann weiß ich erst wieder, dass es auf einmal sechs Uhr morgens war und mein Wecker piepte wie ein Vögelchen. Ich wälzte mich aus dem Bett und angelte nach meinen Laufklamotten, zog mir meine Jogginghose, ein Sweatshirt und meine Adidas an. Ich putzte mir noch eben die Zähne und trabte die Wendeltreppe hinunter zur Haustür. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber die Nacht hatte sich bereits zu einem anthrazitgrauen Dunstschleier gelichtet. Die Morgenluft war feucht und roch nach Eukalyptus. Ich hielt mich am Tor fest, um — mehr pro forma — ein paar Dehnungsübungen zu machen, und nutzte dann das Stück bis zum Cabana Boulevard zum Aufwärmen. Ich frage mich manchmal,
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