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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass
Autoren: Sue Grafton
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ein paar Einkommenssteuerunterlagen zu holen, die gleich am Montagmorgen zu meinem Steuerberater mussten. Ich parkte meinen VW wie gewöhnlich auf dem rückwärtigen Parkplatz und nahm die Hintertreppe. Ich marschierte an den dunklen CF-Räumen vorbei, schloss mein Büro auf und ging hinein, um rasch den Anrufbeantworter abzuhören, die Samstagspost durchzuschauen und die Steuerunterlagen im Außenfach meiner Umhängetasche zu verstauen. Als ich auf dem Rückweg wieder an den CF-Büros vorbeikam, bemerkte ich, dass drinnen Licht brannte. Ich blieb stehen und linste durch die Glastüren, weil ich mich fragte, ob vielleicht gerade ein Dieb dabei war, unsere Bürogeräte wegzuschleppen. Vera kreuzte mein Gesichtsfeld. Sie hatte Papiere in der Hand und war offenbar auf dem Weg zum Kopierer. Sie erspähte mich, winkte mir zu und kam in meine Richtung. Sie ist achtunddreißig, alleinstehend und ist vermutlich in meinem Leben das, was einer »besten Freundin« am nächsten kommt. Der Bund mit den Büroschlüsseln steckte noch im Schloss und klimperte und klapperte, als sie aufschloss. »Hallo, meine Liebe. Ich habe dich am Freitagnachmittag gesucht, aber du warst schon weg. Muss nett sein, schon um zwei Feierabend zu machen«, sagte sie, als sie mich hineinließ.
    »Wo kommst du denn her? Als ich eben hier vorbeikam, war doch noch alles dunkel.«
    Sie schloss die Tür hinter mir ab und setzte ihren Gang zum Kopiergerät fort. Ich trottete hinter ihr her. Sie antwortete mir über die Schulter: »Ich bin nur schnell vorbeigekommen, um den Kopierer zu benutzen. Sag es nicht weiter. Es ist privat. Die Gästeliste für den Empfang.« Sie hob den Deckel des Geräts hoch, legte ein Blatt Papier auf das Sichtfenster und korrigierte die Einstellung. Dann drückte sie die Kopiertaste, und das Gerät setzte sich in Gang. Sie trug eine schwarze Strumpfhose und kniehohe Stiefel zu einem überdimensionalen Sweatshirt, das ihr bis knapp unter den Schritt reichte. Sie bemerkte meinen Blick. »Ich weiß. Sieht aus, als hätte ich die Hosen vergessen. Ich bin auf dem Weg zu Neil, aber ich wollte das hier eben noch schnell erledigen. Was hast du vor? Magst du noch auf einen Drink mitkommen?«
    »Danke, lieber nicht. Ich habe noch zu tun.«
    »Übrigens hast du den großen Moment verpasst. Der sagenhafte Mr. Titus ist am Freitagnachmittag aufgetaucht, mit drei eigenen handverlesenen Adjutanten. Zwei Vertreter und ein Schadensschätzer mussten gehen, um ihnen Platz zu machen.«
    »Das ist doch nicht dein Ernst! Wer denn?«
    »Tony Marsden, Jack Cantheas und Letty Bing.«
    »Letty? Die wird doch bestimmt prozessieren?«
    »Das hoffe ich aufrichtig.«
    »Ich dachte, er sollte frühestens in zwei Wochen kommen.«
    »Kleine Überraschung. Als nächste bin dann wohl ich fällig.«
    »Ach, das glaubst du doch selbst nicht. Du machst deinen Job doch ganz prima.«
    »Ja, klar. Deswegen waren wir auch sechshunderttausend Dollar in den Miesen.«
    »Das war doch Andy Motyckas Schuld, nicht deine.«
    »Ach, was soll’s! Ich heirate bald. Ich kann mir was anderes suchen. So toll habe ich diesen Job sowieso nie gefunden. Was machen die Einkäufe?«
    »Welche Einkäufe?«, fragte ich verdutzt. Ich war immer noch bei dem CF-Desaster.
    »Für die Hochzeit. Dein Kleid.«
    »Ah, jaaa. Für die Hochzeit. Ich habe ein Kleid.«
    »Quatsch. Du besitzt nur ein einziges Kleid, und das ist schwarz. Du bist Brautjungfer, nicht Sargträger.« Vera und ihr Liebster wollten in sechs Tagen heiraten, an Halloween. Alle hatten ihr wegen des Termins ins Gewissen geredet, aber sie beharrte darauf und berief sich auf den Widerstreit zwischen ihrem eingefleischten Zynismus und ihrer sentimentalen Ader. Sie hatte nie vorgehabt zu heiraten. Sie hatte (wie sie sagte) seit dem Alter von zwölf Jahren ein reges Liebesleben und unzählige Männer durchgemacht. Und obwohl sie ganz versessen auf ihren Zukünftigen war, wollte sie der Konvention ein Schnippchen schlagen. Ich fand ein schwarzes Kleid absolut perfekt für eine Halloween-Hochzeit. Nach dem Empfang konnten wir ja von Haus zu Haus ziehen und Leute erschrecken und Süßigkeiten kassieren und danach vielleicht die Beute teilen. Ich wollte allerdings die Option auf die Hershey Kisses und die Tootsie Rolls.
    »Außerdem hast du das verdammte Kleid schon fünf Jahre«, setzte sie nach.
    »Sechs.«
    »Und als du es das letzte Mal anhattest, hast du gesagt, es riecht total vermodert.«
    »Ich habe es gewaschen!«
    »Kinsey, du kannst
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