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Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Titel: Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke
Autoren: Sue Grafton
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Uhr, wir hatten also noch anderthalb Stunden Zeit für den Zwanzig-Minuten-Weg zum Flughafen, aber es hatte keinen Sinn zu streiten. Der Süße. Wenn er warten mußte, dann konnte er es ebensogut am Flughafen tun und sich glücklich mit den Mitreisenden unterhalten.
    Ich zog meine Jacke an, während Henry noch einmal durchs Haus ging. Er brauchte ein paar Minuten, um die Heizung herunterzuschalten und sich zu vergewissern, daß alle Fenster und Türen gesichert waren. Dann nahm er seinen Mantel und seinen Koffer, und wir brachen auf.
    Um 17 Uhr 15 war ich wieder daheim. Ich hatte noch immer einen Kloß im Hals. Ich hasse es, mich von Leuten zu verabschieden, und ich hasse es, zurückgelassen zu werden. Es wurde inzwischen dunkel, und die Luft war kalt geworden. Ich schloß auf und betrat meine Wohnung. Mein Apartment war früher Henrys Einzelgarage gewesen. Es mißt etwa fünf Meter im Quadrat, mit einem kleinen Anbau auf der rechten Seite, der mir als Küche dient. Ich habe die Möglichkeit, meine Wäsche zu waschen, und habe auch eine Naßzelle. Der Raum ist geschickt so aufgeteilt, daß der Eindruck entsteht, ich hätte Wohnzimmer, Eßzimmer und Schlafzimmer, wenn ich erst einmal mein Schlafsofa ausklappe. Und ich habe mehr als genug Platz für die paar Sachen, die ich besitze.
    Wenn ich mein winziges Königreich betrachte, erfüllt mich das für gewöhnlich mit Befriedigung, aber heute kämpfte ich noch mit einem Hauch vorweihnachtlicher Depression, und meine Wohnung erschien mir düster und eng. Ich schaltete ein paar Lampen an. Dann stellte ich den Farn auf meinen Schreibtisch. Hoffnungsvoll wie immer hörte ich meinen Anrufbeantworter ab, aber niemand hatte eine Nachricht hinterlassen. Die Stille machte mich unruhig. Ich drehte das Radio an — Bing Crosby sang von einer weißen Weihnacht, wie er sie von früher kannte. Ehrlich gesagt habe ich noch nie weiße Weihnachten erlebt, aber ich begriff das Wesentliche und stellte das Radio wieder ab.
    Ich hockte mich auf einen Küchenstuhl und konzentrierte mich auf die Signale aus meinem Innern. Hunger! Das ist einer der Pluspunkte, wenn man allein ist: Man kann essen, wann immer man will. Zum Abendessen bereitete ich mir an diesem Abend ein Sandwich aus Oliven-Pfeffer-Käse auf Weizenvollkornbrot. Es ist mir immer wieder ein Trost zu wissen, daß die Käsemarke, die ich kaufe, noch immer genauso schmeckt wie damals, als ich sie im Alter von dreieinhalb Jahren zum ersten Mal gegessen habe. Resolut drängte ich dieses Thema beiseite, denn es hing mit meinen Eltern zusammen, die ums Leben kamen, als ich fünf war. Ich schnitt das Sandwich in vier Teile, wie ich es immer tat, schenkte mir ein Glas Weißwein ein und trug meinen Teller zum Sofa hinüber, wo ich das Buch aufschlug, das Henry mir zu Weihnachten geschenkt hatte. Ich warf einen Blick auf die Uhr.
    Es war 18 Uhr. Das würden zwei sehr lange Wochen werden.

2

    Am nächsten Morgen, dem 24. Dezember, joggte ich drei Meilen, duschte, aß eine Schüssel Cornflakes, packte alles, was ich brauchte, in eine Stofftasche und machte mich um 8.45 Uhr auf den Weg nach Colgate, das eine schnelle Zehn-Meilen-Fahrt entfernt lag. Beim Frühstück hatte ich noch einmal die Akte durchgesehen und fragte mich bereits, warum es so eilig war. In dem Zeitungsartikel hieß es, daß das Lagerhaus ausgebrannt war, aber es gab keine vielsagende Schlußzeile über Brandstiftung und Untersuchungen, die noch im Gange wären, und auch keine Spekulationen dahingehend, daß der Brand verdächtig gewesen sei. Der Bericht der Feuerwehr war ebenfalls dabei, und den las ich zweimal. Es sah alles nach Routine aus. Offenbar lag der Ursprung des Feuers in einem Fehler der elektrischen Anlage, der gleichzeitig auch die Sprinkleranlage außer Betrieb gesetzt hatte. Da es sich bei den Materialien, die in dem zweistöckigen Gebäude untergebracht waren, hauptsächlich um Papierwaren handelte, hatte sich das Feuer um 2.00 Uhr nachts schnell ausgebreitet. Der Einsatzleiter der Feuerwehr erklärte, daß es keine Spuren von Benzin oder anderen Brennstoffen gab und auch keine Hindernisse, die die Arbeit der Feuerwehr erschwert hätten. Nichts wies darauf hin, daß Türen oder Fenster offengelassen worden wären, um günstigen Zug zu erzeugen, und auch sonst gab es keinen Hinweis auf einen Vorsatz. Ich hatte Dutzende von Berichten wie diesen gelesen. Was war also hier so wichtig? überlegte ich. Vielleicht war mir ein wesentliches Detail entgangen, aber
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