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Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Titel: Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke
Autoren: Sue Grafton
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und die Erkenntnis, daß ich unterbrechen mußte, was ich gerade tat, nur um deren Fehler auszubügeln, war fast mehr, als ich ertragen konnte. Ich schob den Brief beiseite und versuchte, mich wieder zu konzentrieren. Ich schickte mich an, den vorläufigen Bericht über einen Versicherungsfall zu schreiben, den ich hatte überprüfen sollen. Darcy, die Sekretärin der California Fidelity, hatte mir gerade am Telefon erklärt, Mac wolle die Akte umgehend vorgelegt haben. Im Geiste hatte ich schon einen bösen Vorschlag auf der Zunge, was sie meiner Meinung nach tun könnte, aber ich hielt den Mund und legte eine (wie ich fand) bewunderungswürdige Zurückhaltung an den Tag.
    Ich wandte mich also wieder meiner tragbaren Smith-Corona zu, spannte das richtige Formular ein. Meine flinken Finger schwebten über den Tasten, während ich meine Notizen überflog. Und genau da blieb ich hängen. Irgend etwas stimmte nicht, aber ich kam nicht dahinter, was es war. Ich warf noch einen Blick auf den Kontoauszug.
    Dann rief ich in der Bank an, hoffte, daß die Ablenkung mir helfen würde zu erkennen, was mich an der Situation bei Wood/Warren störte, einer Gesellschaft, die Hydrieröfen zur industriellen Verwendung herstellte. Da draußen hatte es am 19. Dezember gebrannt. Ein Lagerhaus war zerstört worden.
    »Mrs. Brunswick, Kundenbetreuung. Kann ich Ihnen helfen?«
    »Äh, ja, ich hoffe«, antwortete ich. »Ich habe gerade eine Nachricht Ihrer Bank erhalten. Danach habe ich letzten Freitag fünftausend Dollar auf mein Girokonto eingezahlt. Aber das habe ich nicht. Können Sie das klären?«
    »Darf ich bitte Ihren Namen und Ihre Kontonummer haben?«
    »Kinsey Millhone«, sagte ich und nannte ihr dann langsam und deutlich meine Kontonummer.
    Sie bat mich zu warten, während sie ihre Daten im Computer abfragte. In der Zwischenzeit lauschte ich der Musik von »Good King Wenceslaus«. Ich persönlich habe das nie verstanden. Um welches Fest geht es dabei?
    Mrs. Brunswick schaltete sich wieder ein. »Miss Millhone, ich begreife nicht ganz, wo das Problem ist, aber unsere Unterlagen weisen eine Bareinzahlung auf dieses Konto auf. Wie es scheint, wurde das Geld im Nachttresor eingeworfen.«
    »Sie haben immer noch so etwas?« staunte ich.
    »In unserer Filiale in der Innenstadt, ja.«
    »Aber da muß ein Fehler vorliegen. Ich habe diesen Nachttresor nie auch nur gesehen. Ich benutze immer meine Scheckkarte, wenn ich nach Bankenschluß noch etwas brauche. Was machen wir jetzt?«
    »Ich kann eine Kopie des Einzahlungsbeleges suchen«, schlug sie zögernd vor.
    »Würden Sie das bitte tun? Weil ich nämlich letzten Freitag überhaupt nichts eingezahlt habe, und schon gar nicht fünftausend Dollar. Vielleicht hat jemand ein paar Ziffern auf dem Einzahlungsschein vertauscht, aber das Geld gehört bestimmt nicht mir.«
    Sie notierte meine Telefonnummer und versprach, sich wieder mit mir in Verbindung zu setzen. Ich ahnte schon, daß mir noch unzählige Telefonate bevorstanden, ehe die Korrektur vorgenommen werden würde. Wenn nun jemand frisch-fröhlich Schecks auf diese fünftausend Dollar ausstellte?
    Ich wandte mich wieder meiner Aufgabe zu und wünschte, mir wäre die Erleuchtung gekommen. Meine Gedanken sprangen herum. Die Akte betreffend den Brand bei Wood/Warren war vier Tage zuvor, am Donnerstag, dem 23., in meine Hände gelangt. Ich war mit meinem Vermieter, Henry Pitts, um vier Uhr verabredet, zu einem Abschiedsdrink. Danach sollte ich ihn zum Flughafen bringen. Er flog nach Michigan, um die Feiertage mit seiner Familie zu verbringen. Einige von denen nähern sich schon den Neunzig, sind aber immer noch frisch und munter und gut gelaunt. Henry ist zweiundachtzig, noch ein Kind, und er war wahnsinnig aufgeregt bei der Aussicht auf diese Reise.
    Ich war an jenem Nachmittag also noch im Büro, hatte meinen Papierkram aufgearbeitet und mußte noch einige Zeit totschlagen. Ich ging auf meinen Balkon im ersten Stock hinaus und schaute nach rechts, auf das V des Pazifischen Ozeans, der am Fuß der State Street zu sehen war, zehn Blocks weiter abwärts. Wir sind hier in Santa Teresa, Kalifornien, fünfundneunzig Meilen nördlich von Los Angeles. Der Winter hier ist wunderschön, voller Sonnenschein und mit milden Temperaturen, leuchtenden Bougainvilleen, sanften Winden und Palmen, die mit ihren Wedeln den Möwen zuwinken, die über ihnen dahinsegeln.
    Das einzige, was auf Weihnachten hindeutete, das nur noch zwei Tage entfernt war, waren
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