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King of the World

King of the World

Titel: King of the World
Autoren: David Remnick
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Wayne Newton und Siegfried und Roy. Immer mehr Frauen sehen und betreiben Sportarten wie Basketball, Baseball und sogar Hockey; Boxen dagegen wollen sie nicht mehr sehen. Die Folge ist, daß die Sender bei ihren Olympiade-Übertragungen fast kein Boxen mehr zeigen. Und nicht zuletzt ist Boxen als ein Sport, der darauf angelegt ist, das Gehirn zu lähmen, kaum noch zu verteidigen. Boxen steht heute für einen völligen Mangel an Chancen, nicht für die Chance an sich. Boxen besitzt eine Schönheit – auch in einer Schlacht steckt eine furchtbare Schönheit, besonders für den Nichtkämpfenden –, doch wenn man einmal genügend ehemaligen Boxern begegnet ist, wenn man versucht, ihr wirres Gerede zu entziffern, kommt man doch ins Grübeln. Welche Schönheit ist das wert? Was ist Floyd Pattersons geistige Verwirrung wert? Was sind die gewaltigen Schäden wert, die Jerry Quarry von all den Schlägen davongetragen hat, was ist es wert, daß Wilfred Benitez gegen seine Gespenster wütet? Und das waren die
Top
-Boxer, die Männer, die mehr austeilten als einsteckten. Was ist mit den Möchtegernen, den Profis mit einer Statistik von 47:44, mit Blumenkohlohren und einem auf immer zerdepperten Gehirn? Was ist mit denen?
    Wie so viele andere vor ihm war Ali überzeugt davon, er werde einmal so vernünftig sein, mit dem Boxen rechtzeitig Schluß zu machen. »Ich habe nicht vor, mit häßlichen Andenken an meine Karriere aufzuhören«, sagte er, als er Mitte Zwanzig war. »Ich werde mich vom Boxen nicht mit Narben, Blumenkohlohren und einer gebrochenen Nase zurückziehen. Ich werde körperlich intakt, so wie ich jetzt bin, mit dem Boxen aufhören. Das wird so sein, weil mein Boxstilmich vor Wunden und Verletzungen schützt, und ich dennoch gewinne. Man könnte sagen, ich schlage meine Gegner sanft …«
    Ali glaubte, sein Stil werde ihn weitgehend vor den üblichen Verletzungen und Demütigungen bewahren. »An mich kommt keiner ran!« schrie er immer. Doch als er aus seinem langen Exil zurückkehrte, hatte seine Schnelligkeit gelitten; sie kam nur in kurzen Schüben. Er mußte andere Kampfformen lernen. Die vielleicht ärgerlichste Entdeckung seiner zweiten Karriere war, daß er auch einstecken konnte. Und er mußte Hunderte von Treffern einstecken: von Frazier, Foreman, Ken Norton, Ernie Shavers, Holmes, Leon Spinks; von einer Reihe zweitrangiger Schwergewichtler wie Jean-Pierre Coopman, Alfredo Evangelista und Trevor Berbick; von einem Aufgebot an Sparringspartnern, die den Auftrag hatten, im Gym auf Ali einzuprügeln, damit er desto besser auf die Kämpfe vorbereitet war. Einstecken zu lernen war für Ali eine Form des kurzfristigen Überlebens – es war das Geheimnis seiner großen Triumphe in Zaire und auf den Philippinen –, aber auf lange Sicht war es eine Katastrophe.
    An einem Frühlingsnachmittag besuchte ich Ferdie Pacheco, der in einem abgezäunten Viertel in Miami lebt. Die meiste Zeit verbringt er mit Malen und Schreiben, gelegentlich kommentiert er auch einmal einen Kampf fürs Fernsehen. 1977, nach dem Kampf gegen Shavers, den Ali nach Punkten gewann, in dem er aber auch schwere Treffer hatte einstecken müssen, verließ Pacheco Alis Camp. Nach dem Kampf hatte Pacheco erfahren, daß Alis Nieren geschädigt waren; eigentlich war er schon nach dem dritten Kampf gegen Frazier 1975 in Manila überzeugt davon gewesen, daß Ali in ernster Gefahr war, daß sein Gehirn geschädigt würde, wenn er nicht aufhörte. Pacheco schickte medizinische Gutachten an Ali, an seine Frau Veronica und an HerbertMuhammad. Alle wimmelten sie ihn nur ab. Also beschloß Pacheco, daß es Zeit war zu gehen. Die andern aus der Entourage, einschließlich Angelo Dundee, blieben. Alle Beteiligten – auch Ali – waren süchtig nach dem Geld und dem großen Thrill der Kämpfe selbst.
    »Angelo war der – irrigen – Ansicht, daß man, wenn man mit einem Boxer anfängt, auch mit ihm aufhört«, sagte Pacheco. »Schön und gut, aber der Boxer sollte auf einen hören, wenn es Zeit zu gehen ist. Und wenn er nicht hören will, sollte man selber gehen. Bei allen großen Sportlern kommt die Zeit, wenn Babe Ruth nicht mehr Babe Ruth ist, wenn Joe Louis von einem italienischen Wurstmacher niedergeschlagen wird und wenn John Barrymore den Monolog aus
Hamlet
nicht mehr bringt. Es kommt der Tag, an dem es vorbei ist, an dem das Alter einen ausknockt.«
    1981, als Ali seine letzten Kämpfe gegen Larry Holmes in Las Vegas und gegen Trevor Berbick auf den
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