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Kinderseelen Verstehen

Kinderseelen Verstehen

Titel: Kinderseelen Verstehen
Autoren: Armin Krenz
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der »Freude« besonders stark ausgefüllt, sind die übrigen drei Emotionsfelder in diesem Augenblick (so gut wie) leer. Ist demgegenüber das Emotionsfeld »Angst« besonders stark aktiviert, können in dem Augenblick weder Freude noch Trauer oder Wut bzw. Ärger gespürt werden, weil unser Gehirn nicht in der Lage ist, mehrere und damit unterschiedliche Gefühle gleichzeitig zu produzieren und zu erfassen. Allerdings können unterschiedliche Gefühle kurz nacheinander wirksam werden und sich ablösen: aus Angst kann blitzschnell Trauer, aus Trauer blitzschnell Ärger, aus Ärger blitzschnell Angst oder aus Angst Ärger werden.
    Kinder sind tagtäglich von einem wahren »Gefühlssturm« umgeben und in einem permanenten »Gefühlserleben« gefangen. Der kreative Leibtherapeut Dr. Udo Baer drückt es so aus: »In fast allen Kindern ›tobt‹ oder zumindest bewegt sich ein reiches und vielfältiges Gefühlserleben, zu dem wir Erwachsenen leider oft nur geringen Zugang haben.« (2008, S. 8)
    Gefühle zeigen anderen Menschen, wer und wie wir sind, was wir von ihnen halten und wie wir zu ihnen stehen. Und weil Gefühle uns »verraten«, uns als Person anderen transparent machen und uns aber auch vor allem dazu zwingen, dass wir uns mit eigenen Gefühlen selber auseinandersetzen müssen, verbergen wir Erwachsenen sie häufig, um uns selbst vor Angriffen oder (vermuteten) Verletzungen zu schützen. Ganz anders ist es bei Kindern. Sie protestieren, wenn »ihnen eine Laus über die Leber gelaufen ist«. Sie sagen das, was sie fühlen, und sprechen aus, wie sie ihr Erlebnis zurzeit ganz aktuell und emotional einschätzen, ohne dabei auf Konventionen oder ein stilvolles, vielleicht in der betreffenden Situation angemesseneres Verhalten zu achten.
    Was an dieser Stelle noch einmal deutlich gesagt werden muss: Kinder reagieren aus ihrem Gefühlserleben heraus – das gehört zum eigenständigen Entwicklungszeitraum KINDHEIT! Sie sind daher nicht in der Lage, Erlebnisse und Erfahrungen ruhig, vernünftig oder sachlich zu betrachten. (Das schaffen selbst viele Erwachsene nicht …) Daran sollten wir uns immer erinnern, wenn Kinder »aus der Haut fahren«!
    Wir alle – Kinder und Erwachsene – erwarten, dass einerseits unsere Mitmenschen die in uns vorhandenen (manches Mal auch verdeckten, überlagerten) Gefühle spüren und entschlüsseln und sie andererseits angemessen – verstehend – darauf reagieren. Erwachsene sind durchaus in der Lage, auch in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren – Kinder schaffen diese Herausforderung noch nicht! Bei ihnen geht es – wiederum bildlich betrachtet – um ein Überleben in einer Situation, in der sie sich beispielsweise über- oder unterfordert fühlen, gerecht oder ungerecht behandelt fühlen, angenommen oder abgelehnt fühlen, respektvoll oder respektlos, wertschätzend oder gering schätzend behandelt fühlen, liebevoll oder lieblos angenommen fühlen, beachtet oder unbeachtet fühlen.
    Lebenseindrücke suchen Ausdrucksmöglichkeiten
    Betrachtet man die unterschiedlichen Ausdrucksformen, die allen Kindern zur Verfügung stehen, so sind es stets sechs Ausdrucksformen, durch die die Kinder ihr aktuelles Leben – ihre Einstellung zum Leben – dokumentieren und damit ihr Seelenleben offenbaren. Entscheidend ist dabei die Art und Weise, wie die Kinder welche Ausdrucksformen nutzen und durch ihre besonderen Ausdrucksmöglichkeiten an den Tag legen.
    Dabei besitzen diese Ausdrucksformen jeweils zwei Funktionen. Die erste Funktion liegt im »Aus-druck« (ursprüngliche Bedeutung: aus dem Druck kommen). Das heißt, dass immer wieder unterschiedliche, alltägliche Lebens- und Umfeldeinflüsse Kinder Tag für Tag in situationsspezifische Aufregung, Irritation, Anspannung, Belastung oder in eine allgemeine Unruhe versetzen und in ihnen – wie überhaupt in allen Menschen – Druck erzeugen.

    Der biologische Hintergrund besteht darin, dass alle Wahrnehmungsreize, die unser Gehirn registriert, im sogenannten limbischen System aufgenommen und den sogenannten Ankerplätzen zugeordnet werden wollen. Als »Ankerplätze« werden dabei die Orte bezeichnet, in denen schon bekannte Informationen zu diesem Wahrnehmungsschwerpunkt abgespeichert wurden. Da die neuen Informationen aber nicht vollkommen identisch mit den schon vorhandenen Informationen sind bzw. sein können, registriert unser Gehirn auch gleichzeitig diese neuen Wahrnehmungsimpulse, weil der Ort, die Zeit, der Umstand
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