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Kinder des Mars

Kinder des Mars

Titel: Kinder des Mars
Autoren: Skylar Hamill
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drehte sich um, seine Leute folgten ihm. Vivian setzte sich ebenfalls in Bewegung. Jack war irritiert von diesem Empfang, doch nachdem Vivian ihm einen auffordernden Blick über die Schulter zuwarf, beeilte er sich, mit der kleinen Gruppe Schritt zu halten.
    Der scheinbar undurchdringliche Waldrand schluckte Taos, die Indios, Vivian und Jack. Ein gut versteckter Weg schlängelte sich durch den Dschungel.
    Während die anderen sich nahezu lautlos bewegten, hatte Jack das Gefühl, genug Krach für eine ganze Elefantenherde zu machen. Was für Taos und Vivian offenbar eine breite Straße war, kam Jack wie ein zugewachsener Trampelpfad vor, auf dem er sich seinen Weg durch das Dickicht erkämpfen musste. Ständig blieb er irgendwo hängen, Äste schlugen ihm ins Gesicht, riesige Blätter nahmen ihm die Sicht und Wurzeln und Steine brachten ihn ins Trudeln. Jack war froh, als er aus dem schummrigen Zwielicht hinaus auf eine Lichtung stolperte.
    Die Lichtung maß fünfzig Meter im Durchmesser, schätzte Jack. Viel Platz gab es dennoch nicht. Nur am Rande der Lichtung, in Dschungelnähe, konnte man sich aufhalten. Hier verlief ein wohl zehn Meter breiter Ring aus nackter, ockerfarbener Erde. In der Mitte klaffte ein großer Krater.
    Vivian nahm Jack seine Tasche ab, wickelte die Axt und das Schwert aus und reichte ihm eine Taschenlampe. Das Schwert steckte in einer leichten, ledernen Scheide, die er sich auf den Rücken band. Die Axt trug ebenfalls eine Schutzhülle mit Bändern, die Jack an seinem Gürtel befestigte. Die Taschenlampe hängte er ebenfalls am Gürtel ein. Dann bedeutete Vivian ihm mit einem Kopfnicken, zu Taos zu gehen, der mit weiteren Clan-Mitgliedern vor dem Schlund des kreisrunden Loches stand.
    Dort musste Jack hinunter. Fragte sich nur, wie. Skeptisch spähte er in den Abgrund. Die Wände waren glatt und senkrecht, es gab keinen Fahrstuhl und keine Treppen, noch nicht einmal eine Leiter oder ein Seil.
    Taos breitete die Arme aus. Von hinten kamen zwei Frauen, die ihm ein komplettes Bärenfell umlegten. Der Kopf des schwarzen Tieres thronte auf seinem eigenen, der Rest der haarigen Haut fiel Taos über Schultern und Rücken.
    » Ukuku kaniy! I am a Bear!« rief Taos.
    » Inca kaniy! I am Inca!« antworteten seine Anhänger im Chor.
    Von einer weiteren Frau bekam Taos eine Schale gereicht. Taos streckte die Hand zu Vivian aus. Sie bot ihm bereitwillig den Arm. Er schnitt ihr mit einem Steinmesser tief in die Ellenbeuge und hielt mit der anderen Hand die Schale darunter, in der sich rasch das Blut sammelte. Als sie halbvoll war, nahm Taos die Schale weg. Vivian zog ein Tuch aus ihrer Hosentasche und drückte es auf die Wunde. Sie gab keinen Laut von sich und sah angespannt zu Jack.
    Vivian hatte Jack erklärt, dass Taos Elemente von verschiedenen alten lateinamerikanischen Kulten vereinte. Die wenigen Überlebenden der Inka und Maya hatten sich zusammengetan, auch die verstreuten Nachkommen der Azteken hatten hier Anschluss gefunden.
    Taos, ihr oberster Priester, bot Jack die Schale mit Vivians Blut dar.
    Jack hätte Vivian gerne noch einmal versichert, dass er dies wirklich wollte und sie sich nicht schuldig fühlen sollte, egal, was geschah. Sie brauchte nicht so besorgt dreinsehen.
    Doch Taos machte einen ungeduldigen Laut. Er wartete, dass Jack ihm die Opferschale abnahm. Jack fasste sie mit beiden Händen und blickte in Vivians dunkles Blut.
    » Ukuku kaniy! I am a Bear!« wiederholte Taos.
    » Inca kaniy! I am Inca!« gab Jack instinktiv zurück, ohne wirklich zu wissen, warum. Er tat es einfach, so wie er die Schale in tiefen Zügen leerte, ohne zu zögern und ohne nachzudenken.
    Kaum hatte er sie abgesetzt, sprang ein Bär ihn an. Er sah ihn verschwommen auf sich zufliegen, ein massiger dunkler Fleck, der heftig gegen ihn stieß. Dann stürzte Jack in die Tiefe.
    Als er zu sich kam, sah er weit über sich die Sterne. Es war Nacht geworden. Er musste lange bewusstlos gewesen sein.
    Immerhin war er nicht tot, was ihn überraschte. Jack konnte die Ränder des großen Loches, auf dessen Boden er lag, im Dunkeln über sich ausmachen. Von unten schien es nicht so tief wie von oben, doch Jack schätzte, dass die steilen Wände mehrere hundert Meter in die Höhe ragten. Vivians Blut musste in der Tat magische Kräfte haben und unsterblich machen. Dennoch überprüfte er beim Aufstehen, ob wirklich alles heil war und bewegte und dehnte sich bewusst auf der Suche nach Schmerzen oder Einschränkungen.
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