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Kinder des Mars

Kinder des Mars

Titel: Kinder des Mars
Autoren: Skylar Hamill
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Opfer heranschlich, um sie hinterrücks zu überfallen.
    Er tastete ihren Hals ab. Kein Puls. Das Genick war gebrochen. Schnell und sauber. Sein Auftraggeber hatte großen Wert darauf gelegt. Eine natürliche Todesursache, keine Sauerei, keine Spuren. Niemand sollte Verdacht schöpfen, am wenigsten George Fuller. Das könnte die Geschäftsbeziehung beeinträchtigen, und es lag nicht im Interesse seines Bosses, einen guten Lieferanten liquidieren zu müssen. Die Ehefrau auszuschalten war eine bedauerliche Notwendigkeit gewesen.
    Es war schade um die Rothaarige. Ihre kleine Gestalt mit der hellen Haut sah in dem weißen Nachthemd sehr zerbrechlich aus. Ihr dichtes krauses Haar umgab ihren Kopf wie ein Flammenkranz, der selbst im fahlen Mondlicht leuchtete. Er schloss die Lider über den hellgrünen Augen, die unbeweglich ins Jenseits starrten, und schickte ein stummes Gebet für ihre Seele zum Himmel.
    Beim Militär hatte er gelernt zu töten, ohne etwas dabei zu empfinden. Während der Ausbildung dort hatte er auch den Glauben an Gott gefunden. Das Wissen um eine höhere Macht, nach deren Plan alles so geschah, wie sie es wollte, nahm eine ungeheure Last von seinen Schultern. Ohne seinen Glauben hätte die Schuld ihn erdrückt. Die Gewissheit, dass es Gott gab, und dass dieser ihm ein Schicksal zugedacht hatte, entband ihn von der Pflicht des Ungläubigen, alles zu hinterfragen. Er folgte einfach nur dem Weg, der ihm bestimmt war.
    So hinterfragte er auch nicht den Auftrag, Ginger Fuller zu töten. Ihm war klar, dass er sein Schicksal nicht einfach als Ausrede benutzen konnte, und dass er nicht unschuldig war an dem, was er tat, aber er konnte nicht anders. Sein Macher hatte es ihm ermöglicht, für immer mit der Frau zusammen zu sein, die er liebte. Dafür stand er auf ewig in seiner Schuld, auch wenn es ihm nicht gefiel. Noch weniger gefielen ihm Aufträge wie dieser, mit denen er sich revanchieren und seine Dankbarkeit und Loyalität beweisen musste. Doch er sah keinen Ausweg.
    Von Beginn an war sein Leben das eines Jägers und Kriegers gewesen, noch bevor er zum Militär ging und ehe er seinen Macher traf. Töten war daher kein Problem, der Tod gehörte zum Leben. Doch er vermisste die Freiheit, die er früher genossen hatte.
    In der Armee hatte er Gehorsam gelernt und sich damit abgefunden, Befehle auszuführen. Er war ein Soldat geworden, der seinem Vorgesetzten Folge leisten musste, ohne Recht auf eigene Entscheidungen. Nun war sein Vorgesetzter ein Mann ohne militärischen Rang, doch das Prinzip blieb das gleiche. Der Schatten hatte keinen Namen, er war nur ein Soldat. Er war dafür da, im Namen seines Machers zu töten. Also tat er es. Und er tat es gut.
    Der Schatten hatte gelernt, keine Fragen zu stellen. Es gab kein Richtig und kein Falsch. Er durfte niemandem vertrauen und kein Interesse an Leuten außerhalb der Arbeit haben. Er hinterließ keine Spuren. Er war ein Schatten. Es gab ihn gar nicht.
    Eine Träne rollte seine Wange hinab. Sie war schwarz in der Dunkelheit des Türrahmens, in dem er innehielt und lautlos die Klinke hinunter drückte. Ruhig verließ der Schatten das Haus durch die unverschlossene Vordertür, durch die er hereingekommen war. Er sah nicht zurück. Sein Auftrag war erledigt.
    Von der Veranda trat er ins Freie hinaus. Schnee fiel vom Himmel. Die weißen Flocken reflektierten und verstärkten das Licht des hellen Mondes. Von seiner Wange wischte er die Träne, die im Licht nicht mehr schwarz, sondern rot war. Blut klebte an seinen Händen. Wieder einmal.

    Shane konnte sich genau an jene Nacht vor mehr als vier Jahren erinnern. Der Mord an Ginger Fuller gehörte zu denen, die er nicht vor sich selbst rechtfertigen konnte. Ihr Tod stellte einen Meilenstein auf dem Weg dar, der Shane von Sila weggeführt hatte. Auf dieser Straße hatte Shane mehr und mehr Interesse an anderen gezeigt, zwischen Richtig und Falsch unterschieden und Silas Motive in Frage gestellt.
    Unschuldige Menschen, die Silas Urteil zum Opfer fielen, hatten möglich gemacht, was als unmöglich galt. Shane hatte sich von dem Schwur seinem Macher gegenüber losgesagt. Er riskierte alles dabei, aber es war der einzige Ausweg.
    Alle Vampire hatten eine besondere Verbindung zu ihren Schöpfern, doch der Zwang, unbedingten Gehorsam zu leisten, gehörte für gewöhnlich nicht zum Deal. Shane war als Bittsteller zu Sila gekommen, und dieser hatte das reichlich ausgenutzt. Der Preis, den er für die Unsterblichkeit verlangte,
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