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Kinder des Mars

Kinder des Mars

Titel: Kinder des Mars
Autoren: Skylar Hamill
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George hatte ihr auf Anhieb gefallen und tat es noch, auch die Stadt gefiel ihr, sie war ein tolles Ausflugsziel – aber kein Ort zum Leben. George arbeitete in New York und verbrachte die meiste Zeit dort. Für Ginger baute er ein schickes Landhaus in der Nähe ihrer Familie. Er machte Urlaub auf dem Land, sie in der Stadt. Meist sahen sie sich nur am Wochenende.
    Ihr gemeinsamer Sohn Jack wuchs bei Ginger auf. George kümmerte sich ums Geldverdienen. Als Finanzberater an der Börse machte er sich weder die manikürten Hände noch den schicken Anzug schmutzig. Seine Ehefrau hatte das ebenfalls nicht nötig. Ginger sorgte sich lediglich um das Haus, wobei ihr eine Haushälterin und ein Gärtner zur Hand gingen, und um Jack.
    Und Ella. Die mittlere Tochter ihrer großen Schwester, die im Gästezimmer schlief, gleich neben Jack. Alle Schlafzimmer lagen im oberen Stockwerk. Manche standen leer. Jack war ihr einziges Kind. Ginger hätte gern mehr gehabt, doch sie haderte deswegen nicht mit dem Schicksal. Sie war glücklich, dass sie Jack und Ella hatte.
    Ginger sah zu ihrer Nichte hinein. Sie schlummerte friedlich im Mondlicht. Die Decke hob und senkte sich sachte und unter ihren dunkelroten Haaren lugten weiße Kopfhörer hervor. Ein kaum vernehmbares Summen drang aus ihnen. Ginger lächelte. Ella war wieder beim Musikhören eingeschlafen. So leise wie möglich schloss sie die Tür, ohne Ella oder Jack zu wecken. Es war auch unwahrscheinlich, dass sie Ginger über den Flur gehen hörten, denn sie kannte jede Diele und wusste, welche knarzten.
    Ohne ein Geräusch schritt sie zur Treppe. Sie wollte hinunter in die Küche, um ein Glas warmen Wein mit Honig zu trinken. Milch mit Honig war für Kinder und kleine Probleme, Glühwein die Einschlafhilfe für Erwachsene. Das würde ihre Nerven beruhigen und ihr zu dem Schlaf verhelfen, den sie dringend benötigte.
    George war für ein langes Wochenende zu Hause gewesen. Am Donnerstag hatten sie Thanksgiving gefeiert und Freitag den traditionellen Einkaufsbummel erledigt. Samstag waren sie bei Rose zu Besuch gewesen und heute hatte Ginger dann mit George gestritten. Jack und Ella wussten nichts davon, sie hatten den Nachmittag mit Freunden verbracht und waren erst nach Hause gekommen, als George sich auf den Rückweg nach New York machte. Er und die Kinder gaben sich sozusagen die Klinke in die Hand, es war gerade noch Zeit zum Verabschieden, dann musste George los. Am nächsten Morgen hatte er einen wichtigen Termin im World Trade Center.
    Ginger war unwohl. Sie stritt nie mit George. Es gab keinen Grund, sie liebten sich. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen. An ihrer Zuneigung zueinander hatte sich all die Jahre nichts geändert, sie führten eine sehr harmonische Ehe. Das mochte daran liegen, dass sie Zeit hatten, sich zu vermissen. Ginger umsorgte die Familie, George verbrachte viel Zeit mit seiner Arbeit in New York. Sein ganzes Privatleben spielte sich bei seiner Familie ab, aber dieses trennte er streng vom Geschäftlichen.
    Ginger war damit einverstanden. Sie mischte sich nicht in seine Arbeit ein und sie verstand, dass er Probleme für sich behielt. Alle Turbulenzen sollten in New York bleiben.
    Aber sie war weder blind noch taub und schon gar nicht dumm. Als Hausfrau und Mutter mochte sie ein naives Moralempfinden haben. Dennoch war sie überzeugt davon, dass etwas, dass sie in ihrer kleinen heilen Welt als falsch empfand, auch in der großen weiten Welt nicht richtig war. Und das musste sie ihm sagen. Gingers Gedanken kreisten noch immer um die Diskussion, die sie früher am Tag mit George deswegen gehabt hatte.
    Das Geräusch, das sie glaubte gehört zu haben, hatte sie längst als unwichtig abgetan. Auf dem Land war es zwar wesentlich stiller als in der Stadt, doch auch hier regte sich das eine oder andere bei Nacht. Es mochte ein Ast gewesen sein, der im Wind gegen das Haus geschlagen hatte, oder ein Vogel, der auf dem Dach gelandet war. Haustiere hatten sie nicht, doch es wäre nicht das erste Mal, dass ein Fuchs ums Haus schlich oder ein Reh sich in den Garten verirrte.
    Die Möglichkeit, dass ein ungebetener Gast im Haus war, hatte Ginger verworfen. Derjenige hätte Krach und Licht gemacht, sicher sogar fragend gerufen, ob jemand zu Hause sei. Ein verirrter Wanderer in Not oder ein Unglücklicher, dessen Auto liegen geblieben war, und der telefonieren wollte. So etwas kam vor. Gingers Haus stand jedem Hilfsbedürftigen offen, sie schloss nicht einmal die
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