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Kinder des Mars

Kinder des Mars

Titel: Kinder des Mars
Autoren: Skylar Hamill
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Türen ab. Vor Einbrechern fürchtete sie sich nicht. Solches Gesindel gab es nur in der Stadt.
    Jack und Ella lagen in ihren Betten; George war in New York; Ginger war sicher, die Einzige zu sein, die im Haus auf den Beinen war.
    Am oberen Ende der Treppe gab es keine Fenster, nur Türen zu den beiden Zimmern, in denen manchmal Freunde von Jack und Ella übernachteten. Im Moment hatten sie keine Übernachtungsgäste und die Türen waren geschlossen. Dieses Ende der Treppe war recht dunkel, das Mondlicht schien vom entgegengesetzten Ende des Ganges auf die Stufen.
    Ginger setzte den linken Fuß auf die erste Stufe und hielt sich mit der rechten Hand am Geländer fest. Sie hob den rechten Fuß und zögerte. Ein seltsames Gefühl überkam sie, als starre sie jemand an. Sie konnte die Augen auf ihrem Rücken spüren. Aber da war niemand gewesen. Sie hatte nichts gesehen. Verbarg sich etwas im Schatten eines Türrahmens?
    Langsam drehte sie sich um. Dabei nahm sie die Hand vom Geländer.
    Der Stoß kam, bevor sie den Angreifer sehen konnte. Er war so heftig, dass ihr die Luft wegblieb. Mit Wucht wurde sie die Treppe hinunter geschleudert. Im Fallen nahm Ginger über sich einen Schatten wahr. Nur ein Schatten. Sie wollte schreien, hatte aber keine Gelegenheit mehr dazu. Es geschah zu schnell. So schnell, dass Ginger keine Zeit blieb, ihr Leben im Zeitraffer vor ihrem inneren Auge vorüberziehen zu sehen. Alles, woran sie denken konnte, waren Jack und Ella. Ella. Ich hätte es ihr sagen sollen. Viel früher, noch als sie klein war. Sie hätte in dem Wissen aufwachsen können. Aber ich habe zu lange gewartet, auf den richtigen Moment, auf die Notwendigkeit, Ella einzuweihen. Soweit kam es nie, also schob ich es auf, bis sie alt genug war, doch auch das richtige Alter schien nie zu kommen. Mit sechzehn hat sie den Führerschein gemacht, bald ist sie achtzehn. Wie lange wollte ich noch zögern? Bis sie einundzwanzig ist? Oder dreißig? Hätte das überhaupt etwas genutzt? War es falsch, nicht längst mit ihr zu reden? Und Jack? Wird er es je erfahren? Wird es sein Leben beeinflussen? Werde ich nun überhaupt noch die Chance haben, ihnen zu erklären...
    Ginger schlug am unteren Ende der Treppe auf, ohne einen Laut von sich zu geben. Ihre Gedanken verließen sie, ebenso wie die Worte, die sie nun nie an Ella und Jack würde richten können.

Vier Jahre später

1 Boston

    Jack atmete auf dem letzten Stück schwer. Heute waren sie hart und lange gelaufen. Er sog die Luft gleichmäßig und tief ein und kämpfte gegen das Seitenstechen an. Sie hatten die normale Route von zwölf Meilen um drei Meilen verlängert, die Strecke aber trotzdem beinahe in der gleichen Zeit geschafft. Nun war er erledigt.
    Ein Blick neben sich zeigte Jack, dass das einzige, was Luke zu schaffen machte, die Tatsache war, dass die Runde gleich beendet war. Sein Kumpel hätte ewig weiter joggen können. Leichtfüßig lief er neben Jack her, der ihn um einen halben Kopf überragte. Luke mochte nicht so lange Beine wie Jack haben, dafür war er schneller und ausdauernder. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht genoss er die kalte Novemberluft.
    Für die Jahreszeit war es ein wunderschöner Tag. Die Temperaturen waren gefallen und das Thermometer hatte am Morgen null Grad Celsius gezeigt, doch dafür war der Himmel klar und die Sonne schien. Ideale Bedingungen also, um im Freien Sport zu treiben.
    Geradeaus schlängelte sich in einiger Entfernung der Charles River blau glitzernd durch Boston. Zur Linken lagen der Harvard Campus, das MIT und dahinter das Krankenhaus, in dem Luke seit zwei Monaten Assistenzarzt war. Zur Rechten wartete Jacks Appartement.
    Je näher sie dem Haus kamen, in dem Jack im zweiten Stock seine Wohnung hatte, desto mehr drosselten sie das Tempo. Wenige Meter von der Tür entfernt gingen sie nur noch. Dort angekommen lehnte sich Jack gegen die Wand und dehnte seine Waden. Luke trippelte auf der Stelle, um sich warm zu halten.
    »Du willst wirklich weiter laufen?« schnaufte Jack.
    »Natürlich.« Luke grinste von einem Ohr bis zum anderen. »Das Wetter ist herrlich und ich habe noch jede Menge Energie.«
    »Deine Ausdauer ist der Hammer! Aber mit dem Wetter hast du Recht, das musst du nutzen. Heute Nachmittag soll es sich zuziehen. Vielleicht schneit es sogar. Dann kommt die Sonne erst mal nicht mehr durch.«
    »Ja, schade. Aber nicht tragisch.« Luke strich sich mit den Fingern die blonden Locken aus der Stirn. »Es gibt kein falsches
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