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Kinder des Feuers

Kinder des Feuers

Titel: Kinder des Feuers
Autoren: Julia Kröhn
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Rollo zum Grafen der Normandie gemacht, und Rollo hat ihm im Gegenzug die Lehnstreue geschworen.«
    Bernhard nickte zustimmend, und auch Osmond war von der Vorstellung angetan. »Und dann herrscht endlich Frieden«, stieß er aus, bekundend, dass auch ein hitzköpfiger Mann wie er den Krieg nicht mochte.
    »Zumindest mit dem fränkischen Reich … und zumindest fürs Erste«, sagte Bernhard. »Leider habe ich erfahren, dass von anderer Seite neue Gefahr droht. Dass uns die Dänen unter Harald in der Schlacht unterstützten, war unser Glück. Doch viele von ihnen, allesamt Heiden, wollen das Land nun nicht verlassen und haben sich überdies mit einer Gruppe Bretonen vereint, die im Cotentin die Macht an sich zu reißen versuchen, um von dort aus die Bretagne zu erobern. Wenn sie heute Alanus Schiefbart verjagen wollen, könnte es morgen Richard sein.«
    Betroffenheit breitete sich unter den Männern aus und auch Schweigen. Mathilda zögerte nicht, es zu nutzen.
    »Dazu habe ich etwas zu sagen.«
    Bernhard hob den Kopf. Erst jetzt nahm er sie wahr. »Ich weiß, du stehst auf Arvids Seite. Aber was er getan hat, ist unverzeihlich.«
    »Er ist kein Verräter, sondern Richard treu ergeben!«
    Bernhard runzelte die Stirn. »Und wie soll ich ihm glauben können, nach allem, was ich über ihn weiß?«
    Mathilda zögerte kurz. »Gar nicht«, erklärte sie schließlich entschlossen. »Wie könnte Arvid einen Beweis für seine Unschuld erbringen, wenn er doch im Kerker hockt! Aber ich … ich als seine künftige Frau, als Mutter seines Kindes, ich kann beweisen, dass wir nicht auf der Seite der Franken stehen und nicht auf der Seite der Heiden, sondern dass wir durch und durch treue Normannen sind.«
    Bernhard blickte skeptisch, aber ließ Mathilda immerhin fortfahren. Sie trat einen Schritt auf ihn zu.
    »Ich weiß, was im Cotentin vor sich geht. Einer der Heiden, Sedric, ist offenbar gefallen, ein anderer, Turmod, hingegen lebt noch. Er hat sich mit einer gewissen Hawisa verbündet, und von jener droht die größte Gefahr, ist sie doch eine Nachfahrin Alanus des Großen und zugleich Frau des großen Rögnvaldr. Sie will nichts Geringeres, als sein Reich wiederherzustellen.«
    »Woher weißt du davon?«
    »Ich bin mit jener Frau verwandt, habe mich jedoch von ihr losgesagt. Was jetzt noch zählt, ist einzig, dass ich weiß, wo Hawisa sich aufhält. Ich werde es verraten, wenn Arvid freigelassen wird.«
    Schweigen senkte sich über den Raum, Sprota blickte Mathilda verwundert, Bernhard noch skeptisch an. Doch sie wusste, dass sie ihr Ziel erreicht hatte.
    So leicht ist es also, zur Verräterin zu werden, dachte sie. Aber war es überhaupt ein echter Verrat, wenn sie dafür nicht dreißig Silberlinge, sondern Arvids Leben bekam?

 
    Sie hatte Mathilda nicht gefunden. Sie hatte sich bei der Suche vielmehr selbst verloren. Schon kurz nach dem Aufbruch hatte sie Bruder Daniel wieder zurückgeschickt, weil er ihr lästig war, doch die Einsamkeit, die folgte, fraß an ihrem Verstand wie ein Geier am Aas. Manchmal vergaß sie, was sie eigentlich trieb, als sie erst die Küste, dann das Landesinnere auf und ab ritt. Manchmal fiel es ihr wieder ein.
    Irgendwann hörte sie Stimmen. Wer war es, der da schrie: Flieh, Mathilda, flieh vor mir! War es sie selbst? War es ihr toter Vater? War es gar Rögnvaldr?
    Sie wurde müder und konnte sich kaum mehr auf dem Pferd halten. Und sie wurde wacher, denn manche Erinnerungen, über Jahre im Grau verborgen, wurden plötzlich stechend scharf. Erinnerungen an die Kindheit, Erinnerungen an ihre Schwester Oreguen, Erinnerungen, wie sie tuschelnd zusammensaßen und sich noch innig geliebt hatten.
    Wie wird der Mann sein, mit dem man uns eines Tages vermählen wird? Groß soll er sein, hatte Hawisa gesagt, stark und mächtig und stolz.
    Mathedoi war so gewesen, der Mann ihrer Träume, aber Mathedoi hatte nicht sie erwählt, sondern Oreguen.
    Rögnvaldr war auch so gewesen. Und noch viel mehr. Zum Beispiel ungeduldig. Als er ihre Burg überfiel, hatte er alle Männer sofort getötet oder töten lassen.
    Nun gut, bei den Frauen hatte er etwas gezögert. Er hatte sie nicht gleich geschändet. Erst als er erfahren hatte, dass sie Alanus’ Tochter war, hatte ihn die Besessenheit gepackt. Ein stolzer, starker, großer, mächtiger Mann kann so wehtun.
    Es tat jetzt wieder weh, als sie durch die einsamen Wälder ritt und an den Tag dachte, da sie von seinem plötzlichen Tod erfahren hatte, da sie beinahe an
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