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Kinder des Feuers

Kinder des Feuers

Titel: Kinder des Feuers
Autoren: Julia Kröhn
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ein gefangenes Tier.
    »Ludwigs Flucht ist missglückt«, erzählte sie schnell, um ihn von seinem Elend abzulenken, »er hat Laon nicht erreicht – und hatte darum keine Gelegenheit, neue Truppen aufzustellen.«
    Er hielt inne.
    »Wie … wie hat man ihn gefasst?«
    »Dieser Krieger, der ihm als Erster half und ihn Richtung Seine brachte, hat sich eines Besseren besonnen. Er sah ein, dass man ihn bei der Flucht erkannte und dass seine alte Mutter und die Kinder, die er in der Normandie zurückließ, für seine Fehler büßen würden. Um das größte Unheil von sich und den Seinen abzuwenden, brachte er selbst Ludwig nach Rouen.«
    Arvid lachte bitter. »So ist er denn auch hier gefangen!«, stieß er aus.
    Mathilda nickte. Ludwigs Gefängnis war gewiss komfortabler als dieses. Doch wahrscheinlich schritt der König dort genauso unruhig auf und ab, wie es nun auch Arvid wieder tat. Er konnte nicht fassen, was ihm, dem Karolinger, zugemutet wurde. Irgendwann blieb Arvid stehen und ließ sich kraftlos auf den Boden sinken.
    »Warum ist dieser Johan so hasserfüllt?«, fragte er. »Ich kann mich erinnern, mich damals auf Gerlocs Hochzeit mit ihm geprügelt zu haben. Aber das ist doch kein Grund für diese Verleumdung.«
    »Es hat mit mir zu tun«, gestand Mathilda. »Offenbar begehrt er mich und sieht in dir den Schuldigen, dass ich nicht seine Frau wurde. Manche Menschen werden hartherzig und grausam, wenn ihre Träume zerplatzen.«
    Sie hatte versucht, mit Johan zu reden, hatte ihn angefleht, er solle seine Verleumdung zurücknehmen. Ihre Verzweiflung hatte seinen Triumph zu einem schalen gemacht, das sah sie an seinem flackernden Blick. Doch es war zu spät, das Netz der Lügen, mit dem er Arvid zu Fall gebracht hatte, zu zerschlagen. Es hätte ansonsten auch ihn ins Verderben gezogen – zumal niemand Geringerer als Abt Martin von Jumièges mitgewoben hatte.
    »Ganz gleich jedoch, was Johan antrieb«, fuhr sie fort, »warum ist dein Hass so groß? Ich weiß, was Ludwig dir angetan hat. Aber dass du ihn töten wolltest … nie hast du dergleichen im Sinn gehabt – oder zumindest nie mit mir darüber gesprochen.«
    Arvid zuckte hilflos die Schultern: »Es war nicht nur der Hass. Es war …«
    »… Rachsucht?«
    »Das auch, aber nicht nur. Ich dachte, wenn er tot wäre, würde auch jene blinde Wut in mir verstummen, die ich nicht verstehe, jene Lust zu zerstören. Vielleicht wollte ich noch mehr als Ludwig meinen Vater töten für das, was er meiner Mutter angetan hat … und mir. Es mag zwar völlig widersinnig scheinen – schließlich war mein Vater ein Nordmann und Ludwig ein Franke. Und dennoch, Ludwig weiß, wer ich bin. Er hat mir niemals eine Wahl gelassen, mich für oder gegen ihn zu entscheiden, er sieht mich als Bedrohung, die es samt der Wurzel auszureißen gilt. Und so dachte ich, wenn er denn tot wäre, wäre ich nicht nur sicher, sondern frei.«
    Er senkte den Kopf auf seine Arme. Dunkler, verschmutzter und stinkender als jeder Kerker musste das schwarze Loch seiner Seele sein, aus dem diese Mordlust erwachsen war. Mathilda begriff zwar immer noch nicht bis ins Letzte, was ihn geritten hatte, aber wusste, dass es manchmal leichter war, die eigene Zerrissenheit zu ertragen, wenn man blind um sich schlug.
    »Warum auch immer ich so handelte – ich bin gescheitert«, murmelte er. »Und Bernhard der Däne glaubt nun, ich sei ein Verräter. Sogar in friedlicheren Zeiten werden Verräter streng bestraft.«
    Mathilda wurde eiskalt. Der Moder, der die Wände hochkroch, schien in jede Faser ihres Körpers zu dringen.
    Wenn ich den Kerker verlasse, dachte sie, werde ich alt und grau sein. Dann aber spürte sie das Kind in ihrem Leib. Unmöglich konnte sie von der Hoffnung lassen, es gäbe eine Zukunft für sie alle.
    »Sie können dich nicht hinrichten!«, rief sie. »Nicht nach allem, was du für Richard getan hast.«
    »Aber sie können mich verbannen.«
    Wohin?, wollte sie fragen, aber dachte dann, dass es gleich war. Jeder Ort außerhalb der Normandie verhieß Fremde und Einsamkeit.
    »Wo immer du hingehst, ich begleite dich«, erklärte sie entschlossen.
    Er blickte hoch.
    »Das darfst du nicht! Ich kann dir nichts bieten. Und ich werde dich nicht ins Unglück stürzen.«
    »Damals, nach Richards Flucht aus Laon, wurde ich gewaltsam in die Bretagne verschleppt. Es ist eine lange Geschichte, was dort geschah und warum. Im Moment zählt nur, dass ich alles darangesetzt habe, zu dir zurückzukehren.«
    »Und
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