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[kinder] Allein unter Superhelden

[kinder] Allein unter Superhelden

Titel: [kinder] Allein unter Superhelden
Autoren: Heiko Wolz
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kommt!«
    Keine Panik, Leon.
    Paul sieht zwar nicht so aus, aber er weiß, was er tut.
    Ich mache die Augen zu und stürze mich nach vorn.
    Gleich schlägt mir der Wind ins Gesicht, es rauscht und zischt, ich muss die Füße ausstrecken, um mich an der Garage abzufangen, ich ...
    ... baumle hin und her.
    »Huuiih!«, ruft Paul mit Blick zur Garage, wo ich längst hätte ankommen sollen.
    Das Bitzeln breitet sich in meine Arme aus.
    Kommt wohl daher, dass ich keinen halben Meter vom Haus entfernt mit meinem ganzen Gewicht an einer gebrauchten Tennissocke hänge.
    Die Socke rutscht einen Zentimeter weiter.
    Ich drehe den Kopf, um zu schauen, wo Mama bleibt. Ihren Supersinnen kann doch nicht entgehen, dass ich Hilfe brauchen könnte.
    Eine Katze hockt neben der Straßenlaterne, schleckt ihre Pfote und trottet davon.
    Ob ich Mama erzählen soll, dass Paul sie mit einer streunenden Katze verwechselt hat? Besser nicht, sonstfriert sie ihn noch ein, damit er in Ruhe über seinen Irrtum nachdenken kann. Und lieber habe ich einen blinden Maulwurf an meiner Seite als einen Eisklotz.
    Ich rucke Stück für Stück vorwärts.
    Meine Arme fühlen sich inzwischen ein bisschen taub an.

    Unter mir taucht der gefällte Apfelbaum auf. Ob ich auf einen Ast steigen kann, wenn ich mich lang mache? Der Baum ist größer als alle, die ich kenne, weil Papa ihn auch im Winter mit ein bisschen Laserwärme am Wachsen hält.Trotzdem sind da nur dürre Zweige in Reichweite, die mich bestimmt nicht tragen.
    Am besten rufe ich nach Paul. Er muss etwas unternehmen.
    Meine Hände lassen die Socke los.
    Einfach so.
    Die dürren Zweige krachen und knacken, als würde Mama in der Küche harte Spaghetti zerbrechen. Blätter klatschen mir ins Gesicht, ich plumpse von Ast zu Ast und lande auf den unter dem Baum begrabenen Gartenmöbeln.
    »Hallo!«
    Mann. Spricht Paul jetzt sogar mit der Katze?
    »Hallo, Paul«, höre ich eine Stimme. Mama.
    Ich gleite von der Sitzgruppe und gehe durch die überraschend große Höhle aus Zweigen und Ästen nach vorn. Mama setzt in der Einfahrt auf und läuft die letzten Meter. Oben winkt Paul aus meinem Zimmer. »Wahnsinn, oder?«
    Mama bleibt stehen. »Was?«
    »Wie Leon vorbeigezischt ist.«
    »Vorbeigezischt? Wie? Wo?«
    »Na, hier«, sagt Paul. »Durch die Luft. Geflogen, ach was, gedüst. Ich hab es mit eigenen Augen gesehen.«
    Mama schüttelt langsam den Kopf.
    »Du hast es mit DEINEN EIGENEN Augen gesehen?«
    »Genau!«
    Mama schließt seufzend die Tür auf und verschwindet ohne ein weiteres Wort nach drinnen.
    Spitze, Paul. Das war auch das beste Argument, das dir hat einfallen können.
    Ich stehe im Apfelbaum und bezweifle, dass uns noch etwas einfällt, um zu verhindern, dass Mama und Papa mich in diese blöde Schule bringen.

In der Klemme
    »Festhalten, Leon!« Papa wieder. Als würde ich auf seinem Rücken Purzelbäume schlagen, statt mich an sein Cape zu klammern.
    Er umkurvt die letzten Wolkenkratzer und ich bin froh, dass wir nur noch kleine Wohnhäuser unter uns haben. Je weiter wir das Zentrum und die schicken Viertel am Meer hinter uns lassen, desto schmutziger werden die Straßen. Die Gärten sehen aus wie Urwälder, und wenn man dazwischen ein Haus entdeckt, ist es eine Ruine mit großen Löchern im Dach.
    Tolle Gegend für eine Schule. Da hat man gleich die richtige Ausrede, wenn man die Hausaufgaben vergisst: Sorry, aber eine Horde Monster-Ratten hat mich auf der Straße überfallen und mir alle Hefte geklaut. Echt jetzt.
    Papa steuert ein großes Gebäude mit vielen Türmchen an. Aus dem Hauptteil ragt ein Metallträger so weit in den Himmel, dass bei dem Flugverkehr bestimmt noch jemand dagegenkracht. Unten hängt knapp über der Schule einegläserne Kugel am Gerüst, die fast so groß ist wie die Schule selbst.
    Hoffentlich ist Pauls zweiter Plan so todsicher sicher , wie er behauptet. Seit dem Vorfall mit dem unsichtbaren Draht bezeichnet er mich als aussichtslosen Fall in Sachen Superkräfte. Wer nicht merkt, dass bei mir talentfreie Zone herrscht, kann sein Cape an den Nagel hängen, meint Paul. Deshalb soll ich zeigen, dass ich NICHTS kann. Weil die Schule blöd wäre, eine Null wie mich aufzunehmen.
    Ich kann der Logik nicht hundertprozentig folgen. Heute Morgen sollte ich tun, als könnte ich fliegen, und jetzt soll ich mich zum Affen machen?
    Aber weil meine Bettenhöhle oder der Apfelbaum auf Dauer keine guten Verstecke sind – obwohl es im Apfelbaum voll gemütlich ist, wie ich
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