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[kinder] Allein unter Superhelden

[kinder] Allein unter Superhelden

Titel: [kinder] Allein unter Superhelden
Autoren: Heiko Wolz
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hält man besser die Füße still.
    Ich werfe Laura einen Blick zu. Kann sie mich nicht wegploppen? Nach Hause, wo ich Paul die schlimmste aller Nachrichten überbringen muss und nur hoffen kann, dass ihm etwas Neues einfällt?
    Aber Laura grinst und genießt in vollen Zügen, wie Dr. Schröder mich jetzt an den Schultern schüttelt, als wäre ich ein Würfelbecher.
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Ihr Jüngster wird sich zurechtfinden. Und wenn es Sie beruhigt, habe ich ein Auge auf ihn. He, wissen Sie was?! Ich gebe unserem Goldstück eine Führung, damit er am ersten Tag nicht gleich orientierungslos herumirrt.«
    Ich und orientierungslos herumirren? Jetzt reicht es aber. »Ich war doch nur da drüben und habe ...«
    »Abgemacht?« Dr. Schröder lächelt Mama und Papa an. Die stehen immer noch da wie ihre eigenen Statuen vor der Superhelden-Zentrale. »Fein. Sie holen Ihren Sohn in einer Viertelstunde ab, Ray? Im Park? Eine hervorragende Idee. Grandios, haha.«
    Dr. Schröder bringt mich in einen langen Flur und stößt die erste Tür auf. »Ein Klassenzimmer.« Er zieht mich zur nächsten. »Noch ein Klassenzimmer. Und hier haben wir, ah, Überraschung, ein Klassenzimmer. Was wohl hinter dieser ...?« Endlich eine Möglichkeit, Pauls Plan in die Tat umzusetzen!
    »So schnell bin ich nicht«, sage ich. »Eher langsam. Ziemlich sogar. Ich habe was von einer Schnecke.« Ich muss an Erwin Schlugg denken, die menschliche Schnecke, der in meiner Kindergartengruppe war. Den hat es echt übel getroffen mit seinen Superkräften: Ständig haben ihn die Größeren an die Wand gepappt und gewettet, wie lange er kleben bleibt. Deshalb füge ich schnell an: »Aber ohne den Schleim!«
    Dr. Schröder schaut verwirrt.
    »Ich finde ja«, sagt er schließlich, »dass Klassenzimmer das Langweiligste sind, was es gibt. Sehen alle gleich aus. Sollen wir lieber in den Park gehen?«
    Draußen im Hof gibt es einen Brunnen, dahinter erstreckt sich eine große Wiese. Ein Wald begrenzt den Park, überall sind Bänke.
    Über uns zischen die anderen Superheldenfamilien um die Glaskugel herum und flitzen ab nach Hause. Zwei grelle Lichtblitze schießen in den Himmel. Solar und ihre Mutter. Ich schaue ihnen nach.
    Dr. Schröder lässt sich auf einer Bank nieder und winkt mich zu sich. »Gefällt es dir bei mir?«
    Wenn ein Erwachsener so eine Frage stellt, ist das wie bei den getarnten Befehlen von Müttern. Da muss man höllisch aufpassen. Rein theoretisch könnte man mit Nein antworten. Man könnte auch ohne Superkräfte und Fallschirm aus einem Flugzeug hüpfen. Oder giftige Pilze essen. Oder sich einem Zug in den Weg stellen.
    Jetzt nur nicht antworten. Und hoffen, dass Dr. Schröder das als Zustimmung deutet. Erwachsene werden nie kapieren, dass man aus purem Überlebensinstinkt die Klappe hält.
    »Hervorragend«, sagt Dr. Schröder. »Es ist wichtig, dass du dich wohlfühlst. Aber keine Sorge. Du wirst noch genügendZeit für deine Familie haben, Leon. So berühmte Eltern sind bestimmt toll.«

    »Hm«, mache ich. »Manchmal ist es schwierig.«
    »Das verstehe ich. Immerhin ist dein Vater The Ray, die unerschöpfliche Energiequelle. Gegen ihn ist die Sonne eine ausgelutschte Autobatterie.« Dr. Schröder schnaubt. »Ray, der dich in jedem zweiten Fernsehspot angrinst. Haargel, Zahncreme, Klopapier! Die Leute kaufen sogar Abführmittel, nur weil Ray es in die Kamera hält!« Dr. Schröderist ziemlich laut geworden. Er bemerkt, wie überrascht ich bin, und räuspert sich. »Ja, The Ray. Was wären wir nur ohne ihn? Aber weißt du was, Leon? Ich bin überzeugt, dass du der Welt bald einen großen Dienst erweisen wirst. Bleib, wie du bist. Dann wird alles funktionieren, wie ich ... wie du es dir vorstellst, haha.«
    Über der Schule taucht ein neuer Punkt am Himmel auf.
    Papa Ray, logisch. Kann ja nicht den Hinterausgang nehmen, wie jeder andere auch, sondern muss erst eine Runde durch die Stratosphäre drehen, damit sein Auftritt spektakulärer wirkt.
    Sogar wenn er nur eine Dose Bohnen kaufen soll, schraubt er sich zwanzig Kilometer in die Höhe, obwohl der Supermarkt gerade mal dreihundert Meter weg ist.
    Dr. Schröder klopft mir auf die Schulter und schlendert zurück zur Schule. »Ja, The Ray. Ich kann es kaum abwarten, mich mit ihm zu beschäftigen. Und immer daran denken, Leon: Bleib, wie du bist. Wir sehen uns, ja?«

Superhelden-Test
    »Schön, dass du dich freust.«
    Hallo, Papa? Das ist kein Grinsen.
    Wenn ich nicht gerade
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