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Kind des Grals

Kind des Grals

Titel: Kind des Grals
Autoren: Vampira VA
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die sie glauben wollte. »Und so wie dir geht es mir mit allem hier. Jede Kleinigkeit, selbst die Luft, die ich atme, erinnert mich mit ihrem Geruch an das, was wir getan haben! Wie lange sollen wir noch hier ausharren? Ich will nicht mehr - hörst du? Ich will hier weg! Es gibt Millionen Orte auf diesem Planeten, die ich leichter ertragen könnte .«
    Ruhig sah er sie an.
    »Du kannst gehen«, sagte er. »Aber dann mußt du ohne mich gehen. Vielleicht ist es sogar das Beste. Vereinbaren wir einen Treffpunkt. Ich werde zum ausgemachten Zeitpunkt dort sein .«
    Lilith stellte das Bild auf seinen angestammten Platz zurück. Sie hätte es überall hinstellen können. Wahrscheinlich gab es niemanden mehr, der den Unterschied bemerkt hätte.
    »Du glaubst nicht im Ernst, daß sie sich noch einmal erheben könnte - nach so vielen Tagen?«
    »Doch.«
    »Das ist absurd!«
    »Genau wie der Umstand, daß ihr Körper keinerlei Zerfall zeigt?«
    Lilith schluckte. Es stimmte: Rahels Körper verweste nicht, jeden-falls noch nicht. Das war zweifellos untypisch und entsprach nicht der Norm. Aber was ihrem Bruder widerfahren war, entsprach dieser »Norm« noch viel weniger! Darauf konnte sich Anums Wundergläubigkeit wahrhaftig nicht berufen!
    »Du verrennst dich in ein Hirngespinst, das nicht eintreten wird -weder heute noch in ferner Zukunft! Vielleicht willst du auch nur von deiner Schuld ablenken.«
    »Ich leide nicht unter Schuldgefühlen. Du hast gesehen und gefühlt, was ich gesehen und gefühlt habe: im Kelch. Hat es dich nicht ebenso überzeugt wie mich? Gib es zu!«
    Lilith nickte. »Aber ich bereue es.«
    »Reue!« Arnim schüttelte den Kopf und wandte sich ab.
    »Wo willst du hin?«
    »Zu unserem Kind! Oder soll es allein sein, wenn es die Augen aufschlägt?«
    Lilith griff sich an die Kehle. Sie hatte das Gefühl, ersticken zu müssen.
    * 
    »Vater!«
    Als der Nebel sich um die Archonten lichtete, war der Bus verschwunden. Sie standen inmitten der Jerusalemer Altstadt, umgeben von strömenden Menschenmassen, die Gabriel um sie »herumleitete« - ohne daß die Passanten davon etwas merkten.
    »Meine Kinder .« Jovial lächelnd drehte sich der Mann, der höchstens halb so alt wie seine »Kinder« aussah, langsam in dem Kreis, den er mit ihnen um sich her gebildet hatte.
    Eigentlich hätten sie sich um ihn drehen müssen. Denn Archonten bedeutete »Planeten«.
    Ihr ganzes Dasein dreht sich um mich, dachte Gabriel. Sie haben keinen anderen Lebenszweck, als die bevorstehende Schlacht zu entscheiden.
    Einem jeden der Geschöpfe, die nie begriffen hatten, warum sie dem sicheren Grab noch einmal entrissen worden waren, blickte Gabriel eindringlich in die Augen.
    »Wir waren lange getrennt«, sagte er, und auch seine Stimme blieb in dem intimen Kreis, den sie markierten. »Ein Abgrund aus Zeit war zwischen uns. Nun sind wir wieder vereint. Nun können wir für das gemeinsame Ziel eintreten!«
    »Wie lautet das Ziel, Vater?« Aus zwölf Mündern gleichzeitig kam die Frage.
    Der Chor ließ auch Gabriel nicht unbeeindruckt. »Ihr werdet es rechtzeitig erfahren. Vorher aber müßt ihr lernen, mit der wichtigsten Gabe umzugehen, die in euch schlummert. Und die noch nie zum Tragen kam.«
    Die Gegenwart Satans, der sie einst tot in ein Haus in Perpignan gebracht und ihnen dort neues Leben eingehaucht hatte, lähmte die Archonten keineswegs. In ihrem Innern schäumten die Gefühle über. Andere Gefühle, als ein Mensch, der nie gestorben war, sie je hätte entwickeln können, aber dennoch mächtig in ihrem Einfluß auf die Hülle, in der sie tobten.
    Zitternd umstanden sie ihren Erwecker, der dies nicht als Zeichen von Schwäche wertete. Denn er kannte sie besser als sie sich selbst.
    »Was ist das für eine Gabe, Vater?«
    »Das werdet ihr erkennen, wenn ich sie in euch erwecke. Jetzt geht .«
    Aus Gabriels Augen fuhren Blitze. Und als würde der Blick der Archonten diese Blitze anziehen, schlugen sie in deren rote Pupillen ein, schürten die Glut für die Dauer eines ihrer Herzschläge .
    ... und verblaßten dann wieder, als wäre nichts geschehen.
    Mit einem Unterschied: Die Archonten kannten nun die Plätze, zu denen sie sich begeben mußten, um den Willen ihres »Vaters« zu erfüllen.
    Um das ihre zu tun, damit die uralte Heiligkeit dieser Stadt hin-weggefegt und Jerusalem in den verlorensten Ort des ganzen Planeten verwandelt werden konnte.
    Rund zweitausend Jahre, nachdem dies schon einmal geschehen war .
    *
    Lilith versuchte
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