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Kind der Nacht

Kind der Nacht

Titel: Kind der Nacht
Autoren: Nancy Kilpatrick
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schließlich weinend und stöhnend auf Händen und Knien wieder, und versuchte, sich in den Boden zu wühlen, wie ein Hund, der sich in die Erde buddelt. Auf dem Höhepunkt ihrer Erregung hörte sie die Uhr sechs Mal schlagen, und Morianna sagte: »Empfange!«
    Rasch ließ Carol ihren Blick durch den Raum schweifen. Alle sahen sie so vital aus, so lebendig, so sinnlich. Vor allem die Männer wirkten so anziehend und kraftvoll. Sie ertappte sich sogar dabei, dass sie sich auch zu den Frauen hingezogen fühlte. Rene streckte eine Hand aus und murmelte etwas, das klang wie »Mein Baby«. Carol legte den Kopf in den Nacken und starrte André an, der ihr Starren erwiderte. Eine starke unsichtbare Schwingung, ultravioletten Lichtwellen nicht unähnlich, verband sie miteinander und lockte Carol vorwärts.
    Sie konnte nicht mehr stehen und musste wie eine Schlange auf dem Bauch über den Teppich zu ihm kriechen. Vor ihren Augen verschwamm alles, und sie hörte nur noch verzerrt. Waren das ihre Atemzüge oder die seinen oder etwa Renes Atem oder das kollektive Atmen dieser Gruppe sinnlicher Wesen? Erst als sie direkt vor ihm kniete, wobei sie sich immer noch hin und her wand, wusste sie mit Sicherheit, in welche Richtung sie sich gewandt hatte.
    Sie verströmte einen Geruch, den sie sogar selbst wahrnahm. Animalisch, sinnlich, weiblich, verlockend. Sie war erregt, feucht und weit offen, ihr Geschlecht ein pulsierendes Feuer, das er zu löschen vermochte. Sie spielte mit dem Gedanken, ihm ihre Begierde direkt unter die Nase zu halten, damit er endlich verstand, was sie wollte.
    Doch Andrés Körper sprach durchaus auf diesen Geruch an. Er strahlte reine Männlichkeit für sie aus, eine Energie, die ihr unsagbares Bedürfnis stillen, die Flammen ihres schmerzlichen Sehnens löschen konnte. Die Luft zwischen ihnen war derart elektrisch aufgeladen, dass es ausgereicht hätte, die ganze Stadt zu beleuchten. Zumindest funktioniert es, dachte sie in einem lichten Moment. Und dann: Ich werde ihn niemals davon abhalten können, mich zu berühren. Und mich auch nicht davon, ihn anzufassen.
    Er öffnete sich die Vene. Sie war kaum in der Lage, ihre Hände bei sich zu behalten, während sie trank, und es schmeckte wie Wein. Als es vorüber war und sich das erste Licht am Himmel zeigte, gingen alle auf ihre Zimmer.
    Gerlinde blieb noch im zweiten Stock, um Rene für den Tag zu versorgen. Als Carol an dem Zimmer vorüberging, rief Rene ihr zu: »Sie sind echt, Carol, tatsächlich echt!« Sie klang beinahe hysterisch.
    »Bald geht es ihr wieder gut«, versicherte Gerlinde. »Alles läuft bestens. Nur lass dir von ihm bloß keine Angst einjagen.«
    André war schon vorausgegangen. Also machte Carol sich allein auf den Weg ins Untergeschoss, halb gehend, halb kriechend. Sie fragte sich, ob ihre Muskelkontraktionen wohl den ganzen Tag anhalten würden und ob sie die Spannung nicht vielleicht selbst ein bisschen lösen könnte.
    Schließlich legte sie sich in dem Bewusstsein, dass dies für ihn die reinste Qual bedeutete, neben ihn. Ihr war instinktiv klar, dass er sie ebenso sehr begehrte wie sie ihn. Aber sie konnte ihr Stöhnen nicht unterdrücken und wand sich hin und her, allerdings sorgsam darauf bedacht, Andrés Körper nicht zu berühren.
    Carol wusste, dass der Geruch noch immer die gewünschte Wirkung auf ihn hatte, aber ihr Verlangen war so groß, dass dies keine Rolle mehr spielte. Ja, sie hatte einen Zustand erreicht, in dem ihr seine Begierden völlig egal waren, und konzentrierte sich voll und ganz darauf, ihre eigene Lust zu stillen.

33
    Als Carol erwachte, war es rings um sie rabenschwarz. Ein   Knurren durchdrang das Dunkel. Es kam von links.
    Nach einem Tag voller wunderbarer Qualen war sie schließlich in einen erschöpften Schlaf gesunken. Nun war sie mit einem Mal wach. Etwas stimmte nicht. Ganz und gar nicht. Instinktiv blieb sie reglos liegen und wagte kaum zu atmen.
    Das Knurren wurde lauter. Sie hörte jemanden schwer atmen und nahm einen beißenden Geruch wahr, der ihr irgendwie bekannt vorkam - vom Raubtierkäfig im Zoo!
    In der Dunkelheit pochte ihr Herz wie wild, und der kalte Schweiß brach ihr aus. Sie saß in der Falle. Gleich würde er über sie herfallen! Sie rührte sich nicht, lauschte den kehligen Lauten, die immer tiefer wurden, bis ihr klar war, dass es zu gefährlich war, hier zu bleiben. Sie musste hier raus!
    Langsam, ganz vorsichtig schwang sie die
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