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Kind der Nacht

Kind der Nacht

Titel: Kind der Nacht
Autoren: Nancy Kilpatrick
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Beine aus dem Bett und stand auf. Behutsam tastete sie sich an der Wand entlang zur Tür und schob den Riegel zurück. Sie hatte gerade den Knauf gedreht, als er sprang und neben ihr gegen das Holz prallte. Sein heißer Atem streifte ihre Wange. Das grollende Knurren erklang dicht neben ihrem Ohr. Carol hatte eine plötzliche Vision, vor ihrem geistigen Auge sah sie ihre Zukunft und erkannte, dass sie, sollte sie jetzt nicht hier herauskommen, diesen Raum niemals lebend verlassen würde, geschweige denn in einem Zustand, der es ihr gestatten würde, von den Toten zurückzukehren.
    »André? Carol?« Es war Susan. Sie stand vor der Tür. »Morianna schickt mich. Ihr sollt nach oben kommen!«
    Carol brachte keinen Ton heraus. Sie umklammerte den bereits gedrehten Knauf und zog die Tür zu sich. Aber sein Gewicht verhinderte, dass sie aufging. Plötzlich wich er ein Stück zurück, und sie schaffte es, die Tür weit genug zu öffnen, dass sie hindurchschlüpfen konnte.
    Susan hatte bereits den oberen Treppenabsatz erreicht, und Carol wollte ihr nachrufen, sie solle warten, fand es jedoch zu riskant, ein unnötiges Geräusch zu verursachen.
    So ruhig sie nur konnte, ging sie durch den Keller, darauf bedacht, nicht vor lauter Angst loszurennen, denn ihr war klar, dass er ihr in dem Moment, da sie dies tat, an die Kehle gehen würde.
    Geduldig erklomm sie Stufe um Stufe bis zur Küche, bog um die Ecke, ging in die Diele und stieg dann die Treppe zum zweiten Stock empor. Die ganze Zeit über hielt André sich dicht hinter ihr, ließ sie nicht aus den Augen, und eiskalte Schauer liefen ihr über den Rücken.
    Sie betrat das Gästezimmer, wo die Frauen bereits auf sie warteten. Rene saß auf dem Bett, gefesselt und geknebelt. Ohne Make-up war ihre Haut blass und faltig. Ihre Augen traten vor, aus ihnen leuchtete der Wahnsinn.
    Mit einem Mal riss Carol der Geduldsfaden. Nun, da die Spannung von ihr genommen war, explodierte sie förmlich. »Warum, zum Teufel, habt ihr drei Tage dafür angesetzt?«, fuhr sie Morianna und Chloe an. »Ein einziger Tag wäre ihm schon schwer genug gefallen. Ich glaube, ihr versucht das alles zu hintertreiben!«
    »Setz dich, Carol«, sagte Chloe. »Reg dich nicht auf! Was ist denn los?«
    »Was los ist? Ich werde euch sagen, was los ist!« Carol blieb, am ganzen Körper zitternd, stehen. »André hat sich in was weiß ich was verwandelt. Unten hätte er mich beinahe angegriffen. Noch ehe diese Nacht vorüber ist, wird er mir die Kehle rausreißen, und ihr beide seid schuld daran!«
    »Wahrscheinlich ist eine Erklärung vonnöten«, sagte Morianna sanft, aber bestimmt. Carol funkelte sie wütend an. »André ist in dieser Hinsicht anders als wir anderen. Er hat nur wenig Zutrauen in seine eigenen Kräfte. Hätten wir die Verwandlung schon in der ersten Nacht zugelassen und wäre er in der Lage gewesen, es durchzuziehen, hätte er dies als bloßen Zufall abgetan. Es hätte ihn nicht geändert. Mag sein, dass zwei Nächte die gewünschte Wirkung ergeben hätten, vielleicht aber auch nicht. Aber die Drei ist eine magische Zahl. In alten Zeiten begriffen die Seher sie als die Zahl der Wandlungen. Es kann sich mehr als nur eine Verwandlung ereignen.«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du überhaupt redest!«, brüllte Carol. »Ich verstehe den ganzen Quatsch nicht. Das alles könnte mittlerweile vorüber sein. Ich könnte sein wie ihr alle und wäre mit meinem Sohn vereint!«
    »Und mit André, der sich über seine Gefühle dir gegenüber nicht im Klaren ist«, sagte Jeanette. »Morianna versucht dir zu sagen, dass sie, Chloe und Julien dieses Ritual ebenso gut um seinetwillen wie für dich ausgesucht haben.«
    »Na, dann vielen Dank!«, sagte Carol verbittert. »Tut mir bloß keinen weiteren Gefallen mehr, ich glaube nämlich nicht, dass ich das überleben würde!«
    »Hör zu, Kleine!« Gerlindes Stimme klang ernst und verärgert. Es war das erste Mal, dass sie in diesem Ton mit Carol sprach, darum hörte diese ihr ganz genau zu. »Du willst doch, dass André dich besser behandelt, oder? Nun, damit er das tut, muss er dich respektieren. Und diesen Respekt musst du ihm erst einmal beibringen. Deshalb gibt sich jeder hier so viel Mühe, damit ihr beide die Chance habt, euer Problem zu lösen. Man kann zwar auch nur den Körper verwandeln, aber ich glaube nicht, dass es dir mit einem Typ, der dir bis in alle Ewigkeit jede zweite Nacht auf die Nerven
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