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Kerstin Gier 2

Kerstin Gier 2

Titel: Kerstin Gier 2
Autoren: Mutter-Mafia und Friends
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Überleg doch mal, was man da spart.
    Sabine (im Schreibrausch!)

Matthias Sachau
    Das Günther-Prinzip
     
    Der Tag ist heiß, aber der Schweiß auf meiner Stirn kalt. Normalerweise bin ich es, der Laura an einer Hand hinter sich herzieht. Heute ist es umgekehrt. Und je näher wir der Kutschinskistraße kommen, umso langsamer werde ich. Laura hat es selten eilig. Auch ein großer Kindergeburtstag, wie der, zu dem wir gerade unterwegs sind, bringt sie nicht dazu, sich schnell vorwärtszubewegen. Genau genommen gibt es nur zwei Dinge, die Laura zum Rennen bringen können: Pferde und Sachen, auf denen Pferde drauf sind. Aber das Schneckentempo, das ich gerade vorlege, ist selbst für eine so ungewöhnlich gemütliche Siebenjährige wie sie zu viel.
    »Papa, kannst du mal schneller?«
    »Ja, Laura.«
    Gar nicht so einfach, wenn die Füße genau in die andere Richtung wollen, zurück, weg von der Kutschinskistraße und weg von dem Haus, in dem Melanie wohnt und in dem sich jetzt gerade eine riesige Schar ausgelassener Kinder samt ihrer sektlaunigen Eltern vergnügt.
    Es wäre besser gewesen, zu früh zu kommen, geht es mir durch den Kopf. Wenn wir die ersten gewesen wären, hätte ich alles in kleiner konspirativer Runde mit Melanies Eltern klären können. Aber daran hatte ich nicht gedacht. Das Entsetzen hatte meinen Verstand gelähmt. Ich wollte das Ereignis, das unausweichlich vor mir lag, einfach nur so lange wie möglich herauszögern.
    »Papa, jetzt komm doch mal.«
    »Ja, ja … oh, schau, da. Ein Plakat mit Pferden.«
    »Das sind keine Pferde, das sind Hamster.«
    »Mensch, Laura, stimmt.«
    »Komm jetzt.«
    Ich benehme mich wie ein Kleinkind. Dabei ist es ohnehin nicht zu ändern. Ob es eine Minute früher oder später passiert, ist völlig egal.
    »Ich bin froh, dass ich nicht in deiner Haut stecke«, hatte meine Frau gesagt. Kein Mitleid. Hatte ich auch nicht verdient. Es war meine Aufgabe gewesen, und ich hatte es versaut. Es ist schon schlimm genug, dass mein Versagen auch auf sie zurückfallen wird.
    Wir biegen schon in die Kutschinskistraße ein. Warum ging das so schnell? Wir müssen ein Wurmloch benutzt haben. Jetzt sind es nur noch fünf Hausnummern. Das prächtige Eckhaus, der hässliche Neubau, der schöne Neubau, die Baulücke, der gelb-weiße Altbau und zack, wir stehen vor der Tür. So habe ich mich das letzte Mal gefühlt, als ich als Kind zum Zahnarzt musste. Aber es sind ja immerhin noch zwei Stockwerke. Ich werde, während wir hochsteigen, einfach noch ein letztes Mal an etwas Wunderschönes denken.
    »Papa, warum bist du so langsam?«
    »Bin halt nicht mehr der Jüngste, Laura.«
    »Komm!«
    Wir stehen vor der Tür. Die Geräusche, die von drinnen zu uns dringen, könnten darauf schließen lassen, dass hier gerade eine Saloonschlägerei für einen Italo-Western gedreht wird, aber ich weiß es besser. Muss ich wirklich klingeln? Obwohl ich genau weiß, was mich erwartet? Laura sieht mich an. Ja, ich muss. Ich drücke den Knopf. Kurz. Drinnen schellt es. Vor lauter Lärm hören sie die Klingel gar nicht.
    »So was, Laura, gar keiner da. Ts. Dann müssen wir wohl wieder gehen.«
    »Das ist nicht witzig, Papa.«
    Laura schubst mich beiseite und drückt nun selbst auf den Knopf. Lange. So lange, dass man damit selbst einen Komapatienten dazu bringen würde, kurz aufzustehen und die Tür aufzumachen, nur damit das Geschelle endlich aufhört. Ich höre über den Partylärm hinweg Schritte, die sich der Tür nähern. Immer lauter, immer dichter. Mein Herz schlägt nur noch so viel, dass es mich gerade so am Leben erhält. Mit dem Atmen habe ich sowieso schon längst aufgehört. Nur noch wenige Sekunden und … da! Die Tür geht auf.
    »Hallo, Laura! Hallo, Günther! Schön, dass ihr da seid.«
    Melanies Mutter strahlt. Ich bewundere sie. Welche Ruhe sie ausstrahlt, obwohl gerade eine marodierende Bande kleiner Monster ihr Heim zerlegt. Melanies Vater kommt auch dazu.
    »Mensch, Laura! Melanie hat schon gefragt, wo du bist. Saus mal gleich ins Wohnzimmer.«
    Laura lässt sich nicht lange bitten. Gut so. Jetzt schnell die Angelegenheit mit Melanies Eltern regeln. Vielleicht lässt es sich wenigstens ein bisschen unter der Decke halten.
    »Ich …«
    Ich muss mich erst einmal räuspern, so trocken ist meine Kehle.
    »Günther, altes Haus! Komm rein.«
    »Ich … krächz.«
    »Oh, oh, du brauchst dringend was zu trinken. Komm, immer mir nach. Wir haben uns in der Küche verbarrikadiert.«
    »Aber
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