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Kerstin Gier 2

Kerstin Gier 2

Titel: Kerstin Gier 2
Autoren: Mutter-Mafia und Friends
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stiefmütterlich behandelten jungen Eltern verließen fluchtartig die Bar, bevor sich auch noch der letzte Gast nach ihnen umdrehen konnte.
    Ergeben hockte ich am nächsten Morgen beim Frühstück, die Alptraum-Familie an meiner Seite, und löffelte mein Dreiminuten-Ei, als die Schwiegermutter – wie hätte es auch anders sein können – das Gespräch eröffnete. Meine schlimmsten Befürchtungen übertreffend, wandte sie sich ohne Umwege an mich.
    »Wissen Sie, junge Frau, wir würden heute gern etwas unternehmen, haben aber keine Idee, was man hier so tun kann. An den Strand oder den Pool wollen wir nicht gehen, nachdem dem Kleinen das Baden gestern so schlecht bekommen ist.«
    Ich schielte auf den quietschfidelen Junior, der offenbar niemals eine Spur von Fieber gehabt hatte, und richtete mein Augenmerk dann wieder auf das Ei.
    »Ich dachte, Sie können uns vielleicht etwas empfehlen, Sie haben doch so einen umfangreichen Reiseführer dabei …«
    Ich warf einen Blick aus dem Panoramafenster auf das Meer, während in meinem Kopf eine Idee Gestalt annahm. Wenn ich es geschickt anstellte, würde ich heute einen ruhigen Tag am Pool erleben, ohne dass mir ein fleischiger Rücken in einer schreiend bunten Tunika die Sicht auf den attraktiven Animateur versperrte.
    »Die Bergwelt der Insel soll sehr interessant sein«, begann ich. »Man kann sich hier ganz billig einen Mietwagen nehmen und ins Hinterland fahren. Von dort oben ist die Sicht atemberaubend, man ist ganz im Einklang mit der Natur – und es wohnen kaum Menschen da.«
    Bildete ich es mir nur ein, oder hatte sich Udos Gesicht plötzlich aufgehellt?
    »Das hört sich wirklich vielversprechend an«, freute sich Gelischatz. »Mama, was sagst du dazu?«
    Die Mama war zum ersten Mal mit ihrer Tochter einer Meinung. Und ich erlebte einen dieser Glücksmomente, die in diesem Urlaub bisher so selten gewesen waren.
    Der Tag war ein Traum wie aus der Werbung.
    Den Vormittag verbrachte ich am Strand, wobei ich peinlich genau darauf achtete, die Nähe von Familien zu meiden, die eine Großmutter im Schlepptau hatten. Mittags speiste ich vorzüglich an einem Einzeltisch im Restaurant »Samsara«, und am Nachmittag schlenderte ich durch die Einkaufspassage Las Meloneras und schwelgte im Anblick von bunten Pareos, fantasievollem Modeschmuck und farbenprächtigen Strandlaken. Ein afrikanischer Straßenhändler bot sogar Voodoo-Puppen feil. Ich fand eine, die meiner Schwiegermutter ziemlich ähnlich sah, und kaufte sie spontan. Vielleicht würde ich sie noch einmal gebrauchen können.
    Leider ging der Tag viel zu schnell vorbei. Mit einem flauen Gefühl im Magen und Füßen schwer wie Blei schlich ich zum Abendessen.
    Dort saßen schon erwartungsgemäß Udo, Gelischatz und Junior, – aber wo war die Schwiegermutter? Das ist zu schön, um wahr zu sein, es ist bestimmt nur ein Traum , dachte ich, während ich Platz nahm und unnötigerweise einen guten Abend wünschte. Den hatten sie bereits, ich konnte es deutlich sehen.
    Ich schaffte es genau dreieinhalb Minuten, mich zurückzuhalten. »Wo ist denn Ihre Mutter?«, platzte ich schließlich heraus.
    »Oh, es ist etwas Schreckliches passiert!«, jammerte Geli, aber ihr Blick strafte ihre Worte Lügen.
    »Omama pipi macht!«, ließ sich jetzt der Junior zum ersten Mal vernehmen. Wahrscheinlich wagte er erst in Abwesenheit seiner Großmutter, sich auch zu Wort zu melden.
    Ich sah verständnislos von einem zum anderen.
    »Wir waren mitten im Gebirge, auf dem Weg von Arguineguín zum Cruz de San Antonio, in einer völlig unbesiedelten Gegend, als wir anhalten mussten, weil meine Mutter dringend austreten musste.«
    Ich nickte verständnisvoll. So etwas war mir auch schon öfter passiert.
    »Wir hielten also an einer steilen Bergstraße«, fuhr Udo fort. »Meine Schwiegermutter saß gerade im Gebüsch und wir standen am Auto, als plötzlich die Handbremse nachgab. Die Mietautos hier sind zwar billig, aber scheinbar nicht sehr zuverlässig. Der Wagen rollte also ganz langsam den Berg hinunter – und unser Jonas saß drin!«
    »Wir schafften es gerade noch, hinterherzulaufen und hineinzuspringen«, erzählte Geli weiter. »Als wir wieder oben ankamen, war meine Mutter verschwunden. Wir dachten erst, sie hätte vielleicht das Gleichgewicht verloren und wäre den Hang hinuntergefallen. Wir haben die ganze Gegend abgesucht, aber sie war wie vom Erdboden verschluckt. Womöglich hat man sie verschleppt!« Geli tat jetzt so, als wische sie
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