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Kerker und Ketten

Kerker und Ketten

Titel: Kerker und Ketten
Autoren: Berndt Guben
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werden.« Der tote Punkt des Gesprächs war erreicht. Jeder sah dem anderen an, daß er nun nicht mehr nachgeben würde. Der Waffenstillstand schien im nächsten Augenblick beendet zu sein. Michel und Ojo jedenfalls rechneten damit. Michel hielt sein wieder geladenes Gewehr schußbereit. »Nimm doch Vernunft an, Aladin, ich sage dir, daß Aisad deine Sorge nicht verdient und deine Freundschaft schon gar nicht!«
    »Denke, was du willst. Ich bin kein Hund. Ich werde...«
    Sein Satz wurde von einem unerwarteten Ereignis unterbrochen. Aus einem der Seitengänge, die oberhalb der Treppe vor dem Gemach des Bej in die Plattform mündeten, auf der Michel, Ojo, Aladin und Hammuda standen, stürzte eine Gestalt im schwarzen Burnus der Polizisten. Der Mann faßte nach Hammudas Kehle und holte mit der rechten Hand, in der ein Dolch blitzte, aus, um zuzustechen.
    Da traf ihn der Kolbenschlag Ojos auf die Schulter. Die ungeheure Kraft, die in dem Schlag des starken Spaniers lag, ließ den Attentäter mit einem Wehlaut zu Boden stürzen. Die drei Männer fuhren herum und blickten in das Gesicht des Wachkommandeurs. »Auch du, Nadscheb?« fragte Hammuda bestürzt.
    Nadscheb erhob sich langsam. Er antwortete nicht. Seine Augen glänzten wie im Fieber. Trotz des stechenden Schmerzes in der Schulter machte er einen Satz, um aus dem Bereich der vier zu kommen und sich in Sicherheit zu bringen.
    Aber die Rechnung war ohne Ojo gemacht. Dieser ergriff ihn beim Nacken, hob ihn mit einer Hand hoch und stellte ihn wie eine Puppe vor Hammuda, ohne ihn wieder loszulassen. Hammuda schoß die Zornesröte ins Gesicht.
    »Hat dich vielleicht Aisad zum Meuchelmörder gedungen, du Schuft?« Nadscheb schwieg hartnäckig.
    Ojo drückte etwas mehr zu, daß die Nackenwirbel des anderen krachten. »Der Kerl erwürgt mich«, stieß Nadscheb heiser hervor.
    »Das ist für einen Verräter wie dich gerade das richtige. Wenn du tot bist, werden wir dich mit dem Blut von Schweinen bestreichen und dich in die Haut einer räudigen Sau einnähen.« Der Schmerz in Nadschebs Genick verstärkte sich. »Gnade«, winselte er.
    »Du schreist nach Gnade und wolltest mich doch eben ermorden?« Jetzt mischte sich Michel ein. Er wandte sich an Nadscheb.
    »Mein Freund gehorcht nur mir. Nur ich kann ihm befehlen, den Griff zu lockern. Aber ich denke nicht daran. Er wird dir langsam die Luft abdrücken. Es sei denn, du sagst, was du Näheres über die Verschwörung weißt.«
    Hammuda war anfangs ungehalten, als Michel zu sprechen begann. Als er aber die Fragen hörte, leuchteten seine Augen auf, und er nickte dem Pfeifer aufmunternd zu.
    »Gnade, Gnade«, wimmerte Nadscheb, der vor Schmerz fast ohnmächtig wurde. »Ich will sagen, was ich weiß.«
    »Lockere den Griff etwas«, wandte sich Michel mit kaum hörbarer Stimme an Ojo. »Ich habe Aisad geholfen, den Aufstand vorzubereiten«, gestand der Wachkommandeur stockend. »Ich war auch der Verbindungsmann zu Aladin. Aisad nutzte die revolutionäre Bewegung Aladins für seine Zwecke aus. Wenn der Bej und seine Familie getötet worden und der Palast, die Stadt und das ganze Land in unserer Hand gewesen wären, dann wollte er mit der gesamten
    Polizeimacht die Rebellen unterjochen und sich selbst zum Bej von Ifrikija ausrufen lassen. Das ist alles, was ich weiß.«
    Aladin wechselte die Farbe. Mit geballten Fäusten trat er auf Nadscheb zu und schrie ihn an: »Sprichst du die Wahrheit, du Hund? Ihr wolltet mich verraten, ihr, die ihr ohne meine Hilfe niemals diesen Aufstand hättet entfesseln können?« Nadscheb senkte den Blick und nickte.
    Unter den Rebellen, die am Fuß der Treppe standen, erhob sich wütendes Murmeln. Flüche brandeten auf. Plötzlich war der Kampf wieder im Gange. Diesmal richtete er sich jedoch gegen die Polizeisoldaten Aisads.
    Ehe Hammuda oder Aladin es verhindern konnten, hatten die Betrogenen ein furchtbares Blutbad unter denen angerichtet, die soeben noch ihre Freunde waren. Nur einer fehlte: Aisad.
    Aladin und Hammuda reichten sich endlich die Hände. Der »Kronprinz« sagte laut, daß es alle hören konnten:
    »Ich werde im Rat der Ältesten mein ganzes Gewicht in die Waagschale werfen, damit Aladin als Polizeichef und Oberbefehlshaber der mamelukischen Heere eingesetzt wird. Der Bej wird seine Zustimmung sicherlich nicht versagen.«
    Stürmischer Jubel erhob sich bei den Rebellen. Ihr Aufstand hatte zwar anders geendet, als sie sich vorgestellt hatten; aber ihr Vertrauen zu Aladin war größer als
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