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Kerker und Ketten

Kerker und Ketten

Titel: Kerker und Ketten
Autoren: Berndt Guben
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Die Wirkung der fünf Schüsse hatte den Kampf zum Stehen gebracht. Die Aufständischen waren vor Schreck zu keiner Bewegung fähig. Michel nutzte diese Kampfpause, um die fünf abgeschossenen Läufe mit fieberhafter Eile zu laden.
    »Jetzt kann er nicht mehr schießen!« schrie Aisad. »Wenn ihr Freiheitshelden zu feige seid, dann werden meine Leute den Rest erledigen! Gebt Raum, damit sie hindurch können, um sich an die Spitze zu setzen!«Tatsächlich bildete sich jetzt eine schmale Gasse. Aber auch die Polizisten drängten nur zögernd nach vorn.
    Da legte Michel erneut an und gab abermals fünf Schüsse ab. Die fünf Kugeln bohrten sich in fünf Schultern und rissen die Männer zu Boden. Da gaben die anderen auf.
    Auch Aisads Stimme konnte sich keinen Gehorsam mehr verschaffen.
    In dem Augenblick, da für die Rebellen alles verloren schien, zog Aladin seinen Säbel und drängte sich nach vorn.
    »Laßt mich durch, ihr, denen das Leben mehr wert ist als die Freiheit! Ich werde allein stürmen und sterben!«
    Er hatte die Vordersten erreicht und schickte sich an, die Stufen emporzusteigen. Da sagte Hammuda in die Stille hinein:
    »Bleib, wo du bist, Aladin. Mein Freund wird nicht auf dich schießen. Wir müßten dich also gefangennehmen. Und das wäre mir ein unerträglicher Gedanke. Laß uns wie zwei Gleiche miteinander verhandeln!«
    »Ich verhandle nicht mit Tyrannen. Ich töte sie oder sterbe selbst.«
    »Nun denn, ich rufe Allah zum Zeugen, daß es nicht meine Absicht ist, dich zu töten. Aber wenn du willst, so kämpfen wir auf Leben und Tod. Mein Freund mit seinem Zaubergewehr ist mächtiger als deine ganze Meute. Ich hätte es nicht nötig, eine Entscheidung mit dem Säbel zu erzwingen. Aber du bist tapfer, und ich ehre die Tapferen.«
    Die schweren Säbel klangen aneinander. Aladin war ein Fechter von Rang. Hammuda aber kannte mehr Finten und war ihm überlegen.
    Lange dauerte der Kampf. Aladins Kräfte verbrauchten sich in stetigem Angriff. Hammuda wehrte nur elegant ab. Er war frisch wie zu Beginn.
    »Lassen wir die Waffen ruhen«, sagte er, »ich bin im Vorteil; denn du warst schon abgekämpft.« »Ich siege oder falle«, stieß Aladin verbissen hervor und schwang die Waffe keuchend gegen den Gegner.
    »Schlag ihm die Waffe aus der Hand«, sagte Michel, »wie ich es dich gelehrt habe.«
    Hammuda machte einen Ausfall nach vorn, ließ seine Klinge über die des anderen rutschen und gab ihr, als die Spitze den Handschutz erreichte, einen Schwung nach oben. Ein Kunststück, wie es mit einem Krummsäbel sehr schwierig auszuführen war.
    Aladins Waffe fiel zu Boden und polterte über die Treppe nach unten.
    »Ergib dich!« sagte Hammuda und setzte ihm die Schneide an den Hals.
    Aladin stand vor Verblüffung starr. Mit weit aufgerissenen Augen stierte er in das Gesicht seines Gegners. So hatte ihn noch niemand besiegt.
    Als er sich gefaßt hatte, sagte er mit schwerer, schleppender Stimme: »Schneide mir den Kopf ab! Du hast gesiegt.«
    »Ich will deinen Kopf nicht. Ich will, daß du mein Freund wirst. Wir brauchen Leute wie dich in Ifrikija.«
    »Ich werde nie der Freund eines Gewaltherrschers sein. Töte mich!«
    »Du redest irre, Aladin. Merkst du nicht, daß du einem großen Schurken deinen Beistand geleistet hast? Hast du nie davon gehört, daß Aisad ein grausamer Mensch ist? Er hatte doch die eigentliche Macht in Händen. Seine Polizei ist es, die die Steuern eingetriebenhat. Das, was unserer Familie an Schätzen und Gold gehört, haben die Korsarenschiffe des Bej auf den Meeren erobert. Unser Anteil an den Steuern ist so gering, daß er gerade ausreicht, die Regierungsgeschäfte zu erledigen.«
    »Glaube ihm nicht!« erklang die Stimme Aisads, der selbst nicht zu sehen war. »Er ist ein Lügner und will alle Schuld auf mich abwälzen.«
    Aladin war ein guter Kämpfer, aber kein Politiker. Er kannte sich nicht aus. Hammuda gefiel ihm. Aber Aisad war sein Verbündeter. Da hatte er einen guten Gedanken. »Ich werde Frieden geben, wenn du mich Einblick nehmen läßt in die Geschäfte der Regierung. Ich werde mit meinen Unterführern eine Zeitlang alles überprüfen.«
    »Gut, Aladin, Wunsch gegen Wunsch. Du lieferst mir den Verräter Aisad aus, und ich setze mich dafür ein, daß der Regierungsbeirat aus dir und deinen Männern gebildet wird.« Hammuda nahm die Klinge vom Hals des Besiegten. Aladins Stirn umwölkte sich.
    »Diesen Vorschlag kann ich nicht annehmen; denn ich möchte nicht zum Lumpen
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